Claus-aus-die-Maus
Bürgermeister Claus Boldt ist eigentlich schon Geschichte, ihm bleibt nur der Rücktritt. Den hatte die Linke Liste Konstanz (LLK) schon 2011 gefordert, nun schließen sich die Freien Wähler an. In der gestrigen Sitzung des Orchesterausschusses machten zudem SPD und UFG deutlich, dass sie eine Wiederwahl von Boldt im März 2013 nicht unterstützen würden. Das Orchester-Finanz-Desaster sei nach dem Maultaschenfall und dem Müller-Esch-Flop ein weiteres Versagen, das nicht hin genommen werden könne
Es sollte um das 600 000-Euro-Defizit der Südwestdeutschen Philharmonie gehen, das nach überwiegender Meinung der Ausschuss-Mitglieder Noch-Intendant Florian Riem zu verantworten habe. Doch Florian Riem fehlte krankheitsbedingt – vorgestern noch war er durch die Fraktionssitzungen gezogen, um sich zu rechtfertigen. So war es ein Leichtes für die Stadtverwaltung, ihm alle Schuld am Defizit aufzubürden: Von einer Bringschuld sprach Bürgermeister Boldt, als es um die fehlenden Quartalsberichte der letzten Jahre ging; von falschen Angaben des Intendanten war die Rede, als es um Gewinnprognosen ging. Dass die Kämmerei und vor allem der verantwortliche Bürgermeister Boldt viel früher hätten nachfragen, hätten einschreiten müssen, blieb fast unerwähnt.
Die Grünen-Fraktion FGL und die CDU verkündeten vorauseilend, dass sie keinen Rücktritt Boldts fordern würden; SPD und UFG gaben sich zurückhaltender und bekundeten, dass sie eine Wiederwahl von Bürgermeister Boldt wohl nicht unterstützen würden. Die Position der LLK ist ohnehin klar. Denn längst macht man sich in Gemeinderatskreisen darüber Gedanken, wer Boldt, dessen offizielle Amtszeit im März 2013 zu Ende ist, nachfolgt. Um Parteienschacher und Hinterzimmermauscheleien frühzeitig zu verhindern, schlägt die LLK ein transparentes Verfahren vor. Hier die LLK-Pressemitteilung im Wortlaut:
Claus Boldt ist nicht mehr tragbar
Bereits im November 2011 hatte die Linke Liste Konstanz (LLK) den Rücktritt des Dezernenten Claus Boldt gefordert. Zu häufig hatte er sich seinen Amtspflichten als nicht gewachsen erwiesen – Maultaschenfall, Chefarztdesaster, Volkshochschulchaos, um nur einige Stichworte zu nennen. Eine breite Mehrheit im Gemeinderat lehnte das ab, man wollte an Boldt festhalten. Jetzt, nach dem erneuten Versagen im Fall der Philharmonie, für die der Bürgermeister zuständig ist, haben sich immerhin auch die Freien Wähler dazu durchgerungen, den Rücktritt des Dezernenten zu fordern. Das begrüßen wir und bekräftigen nochmals: Boldt sollte sofort zurücktreten, um die Stadt vor weiterem Schaden zu bewahren, er ist seinen Aufgaben nicht gewachsen.
Das allein reicht aber nicht aus. Seit Jahren, ja Jahrzehnten verläuft die Kandidatenauswahl für die Bürgermeisterposten in Konstanz so, dass in Kungelrunden von einflussreichen Fraktionen eine Vorauswahl nach politischem Proporz getroffen wird. Die jüngst im „Südkurier“ bekannt gewordenen Gespräche zwischen Grünen und CDU über die Boldt-Nachfolge zeigen, dass hier im Vorfeld schon wieder gemauschelt wird, um möglichst einen ihnen genehmen Kandidaten durchzudrücken. Das widerspricht nach unserem Verständnis allen Grundregeln der Demokratie, über zunehmende Politikverdrossenheit darf man sich angesichts solcher Praktiken dann nicht wundern.
Der neue Oberbürgermeister Uli Burchardt hat in seinem Wahlkampf immer wieder Transparenz in seiner Amtsführung versprochen. Die Wahl eines neuen Bürgermeisters für die Bereiche Soziales, Kultur, Bildung, Sport und Gesundheit wird eine erste Nagelprobe für diese Versprechungen werden. Die LLK fordert, dass der gesamte Kandidatenfindungs-Prozess nicht in Hinterzimmern vor entschieden wird, sondern offen und öffentlich stattfindet, unter Einbeziehung aller Gemeinderatsmitglieder. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Bürgerinnen und Bürger sich umfassend darüber informieren können, für welche Positionen die Kandidaten eintreten und wie die Räte sie durch ihr Wahlverhalten bewerten. Geht es doch darum, für die kommenden acht Jahre den Verantwortlichen für zentrale Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge zu bestimmen.
Vera Hemm, Holger Reile
Ich stimme Bürgermeister Boldt in einem einzigen Punkt zu:
Reflexartige Forderungen nach einem Rücktritt sind nicht nur in der Kommunalpolitik ein schwacher Stil der argumentativen Auseinandersetzung.
Allerdings waren es diesmal keine obligatorischen Ansagen, die aus den Reihen unterschiedlicher politischer Lager kamen. Für mich sind solche Ausführungen kein typischer Populismus, sondern ein begründeter Schritt, aus Erfahrungen Konsequenzen zu ziehen. Und dass die Aufforderungen dieses Mal mehr als berechtigt sind, zeigt das Gespräch des SÜKURIER mit dem Sozialbürgermeister: Generell sollte jedem die
Chance auf Einsicht und eine zweite Chance gegeben werden.
Doch wer sich überheblich gibt und auf den Umstand zurückzieht, auf Biegen und Brechen für eine Legislaturperiode gewählt zu sein, der hat den Sinn von Demokratie nicht verstanden. Ein Amt zu bekommen, das ist Vertrauen auf Bewährung und ermächtigt nicht zum unbeeindruckten Durchagieren über acht Jahre. Maßlos ärgern kann und muss, dass sich Herr Boldt mittlerweile wie ein immuner Platzhalter verhält. Nein, einen Rücktritt
habe ich ihm nicht gewünscht – und ihn auch bislang nicht gefordert.
Wer mit seiner Macht aber verantwortungslos umgeht, aus zahlreichen Versäumnissen nicht zu lernen scheint und staatdessen stur auf Regularien pocht, der hat auch seinen letzten Anspruch auf Verständnis verspielt. Die Darlegung seines Amtsverständnisses – das hat für mich
den bekanntlichen Tropfen gebracht. Nun ist das Fass übergelaufen…
…nicht zu vergessen Boldt als zuständiger Mitgliedsvertreter der Stadt Konstanz bei der VHS.
…nicht zu vergessen Boldts Agieren in der causa „Lukoschek“!
Es wäre wirklichschön, wenn das so laufen würde, wie von der LLK gefordert. Mal sehen , ob das möglich wird.