Kuno Schelmles wohlmeinender Rat an Claus Boldt

Bevor sich unser beliebter Berichterstatter Kuno Schelmle für eine Sozial-Reportage in das Oktoberfest-Getümmel stürzen möchte (Arbeitstitel: Wie ich mir Konstanz schön saufe), hat er sich so seine Gedanken über einen Mann gemacht, der momentan in aller Munde ist. Claus Boldt bekommt es zur Zeit knüppeldick und da will auch Kuno nicht nachstehen. Hier sein deutlicher Abgesang auf einen Bürgermeister, der viel zu lange und zur falschen Zeit am falschen Ort war

Werter Herr Endzeit-Bürgermeister Claus Boldt,

Sie sind in den Fokus der Berichterstattung geraten und das aus guten Gründen. Seit knapp acht Jahren führen Sie als Bürgermeister das Dezernat II. Ihr CDU-Parteibuch hat Ihnen den Job beschert. Mir war nicht ganz klar, was so alles in Ihren Zuständigkeitsbereich fällt und ich musste nachlesen. Da kommt ja einiges zusammen: Soziales, Kultur, Bildung, Sport und Gesundheit. Jede Menge Holz und man fragt sich da schon, ob das nicht ein bisschen viel ist und man fragt sich auch in der Stadt, ob es nicht besser wäre, die Zuständigkeiten neu zu verteilen. Oberförster Uli, wird gemunkelt, bastelt bereits daran. Aber bleiben wir bei Ihnen, Herr Boldt. Sie werden verstehen, dass meine folgenden Zeilen die freundlichsten nicht sind. Aber da müssen Sie nun durch.

Sie haben die ersten Amtsjahre eher unauffällig gewerkelt. Meist versprühten Sie halbwegs gute Laune und konnten sich, wenn es um die konkrete Arbeit ging, auf Ihre MitarbeiterInnen verlassen. Das ging lange gut, dann aber, als Sie selbst Hand anlegten, häuften sich Fehlentscheidungen am laufenden Meter. Mit dem Fall Lukoschek fing es an: Die Kündigung des Arztes musste zurück genommen werden und Sie bekamen ordentlich auf die bürgermeisterlichen Löffel. Anschließend die Maultaschen-Kasperei, dann, sozusagen Ihr Gesellenstück, der Total-GAU in Sachen Müller-Esch. Richtig, Sie hatten jeweils Rückendeckung von einer Mehrheit von CDU, FDP, FGL, FWG und SPD. Das macht die Angelegenheit aber keineswegs besser. Sie hätten als Dezernatsleiter rechtzeitig reagieren müssen. Haben Sie aber nicht und dachten fälschlicherweise, das wird schon irgendwie gut gehen. Auch bei den Turbulenzen um die vhs glänzten Sie als Fehlbesetzung zum Schaden anderer. Erst waren Sie von dem neuen Mann begeistert, als dann aber die Damen Fehrling und Jacobs-Krahnen intrigierten, tauchten Sie ab und gaben Herrn Zahn zum Abschuss frei. Jämmerlich. Und nun die Diskussionen um die Philharmonie. Auch hier kamen Sie nicht Ihrer eigentlichen Aufgabe nach, legten monatelang Ihre Stirn in Falten und verschwanden darin.

Als die Linke Liste schon vor knapp einem Jahr Ihren Rücktritt gefordert hatte, dachten Sie, die roten Socken nimmt sowieso niemand ernst. Nun aber wird es richtig eng, denn auch die Freien Wähler schlossen sich an und SPD und UFG haben deutlich signalisiert, dass Ihre Zeit in Konstanz spätestens im März 2013 ihr unrühmliches Ende finden wird. Der Tageszeitung entnahm ich, dass Sie die Rücktrittsforderungen als einen „politisch fragwürdigen Stil“ bezeichnet haben. Kann es sein, Herr Boldt, dass Ihnen während Ihrer Amtszeit der Realitätssinn völlig verloren gegangen ist? Unter uns Kegelbrüdern: In der freien Wirtschaft hätten Sie nach Ihrer Maultaschen-Farce eine Abmahnung bekommen und nach dem Müller-Esch-Desaster, das rund eine Million Euro gekostet hat, die fristlose Kündigung. Ich fasse mal zusammen: Wegen des „Diebstahls“ von vier Maultaschen im Wert von etwa drei Euro ließen Sie eine Pflegerin in zynischer Manier über die Klinge springen, den von Ihnen insgesamt und persönlich angerichteten finanziellen Schaden buchen Sie ziemlich dreist und unverschämt in die Nirwana-Abteilung. Selbstkritik, Herr Boldt, ist Ihnen nachweislich völlig fremd.

Und nun? Kaum anzunehmen, dass Sie sich vor Ablauf Ihrer Amtszeit vom Acker machen. Das setzt Charakter voraus und bei der Vergabe dieser löblichen Eigenschaft waren Sie wohl gerade im Keller. Sie werden es wahrscheinlich aussitzen und hoffen, dass der Sekundenkleber auf Ihrem Schreibtischstuhl noch bis März einigermaßen hält. Darf ich Sie aber zum Wohle der Allgemeinheit um Folgendes bitten: Flattern die kommenden Wochen und Monate wichtige Angelegenheiten auf Ihren Tisch, unterschreiben Sie NICHTS. Täuschen Sie Schüttellähmung vor oder partielle Netzhautablösung. Möglich und durchaus überzeugend wären auch epileptische Anfälle oder sonstiges sonderliches Gebaren. Hilfreiche Kurse bietet ab Oktober die vhs an: „Tourette-Syndrom für Anfänger“ oder: „Mit Eurythmie das Leben meistern“. Oder machen Sie es doch einfach wie Florian Riem: Kurz vor jeder Sitzung steigt die Fieberkurve in schwindelnde Höhen. Ein Tipp meinerseits, mit dem Sie auf der sicheren Seite sind: Vor unliebsamen Klassenarbeiten haben wir als Schüler gerne ein Stück Seife gefressen. Schmeckt scheiße, ist aber billig und klappte immer. Bereits 30 Minuten nach der Einnahme klettert das Thermometer auf 39 Grad.

Ach ja, Meister Boldt, das war es dann wohl. Wäre ich Ihr persönlicher Berater, würde ich Ihnen allerwärmstens empfehlen, während Ihrer Restzeit keine weiteren Negativschlagzeilen zu produzieren. Sie wollen sich doch bald anderswo bewerben. Aber wenn Sie sich weiter so aufführen, und das ist leider zu befürchten, werden Sie nicht mal beim Landratsamt in Mittelpfaffenhofen in die engere Auswahl kommen: Dort sucht man ab April 2013 einen neuen Parkplatzwächter mit Hochschulabschluss.

Viel Erfolg und bleiben Sie fröhlich

Ihr Kuno Schelmle