Wie sich die Stadt mit dem Konziljubiläum unter Druck setzt

Die Zeit wird langsam knapp: Ab Mitte 2014 will Konstanz an das Konzil (1414-1418) erinnern und erwartet Besucherströme aus aller Welt. Nur wenige Veranstaltungen für dieses Ereignis sind finanziell halbwegs abgesichert, der Rest hängt wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Bis zum Start der Konzilsfeierlichkeiten will die Stadt mehrere Projekte voranbringen und dafür Millionen in die Hand nehmen. Konstanz könnte somit in den kommenden Jahren zu einer riesigen Großbaustelle werden.

Baustelle Konzilumfeld: Geht es nach den Vorstellungen der Verwaltung, sollen die Plätze rund um das Konzilgebäude völlig neu gestaltet werden. Veranschlagte Kosten rund 1,2 Millionen Euro. Man hofft auf Tourismus-Fördermittel in Höhe von maximal 200 000 Euro. Kommt es dort tatsächlich zum Spatenstich, wird man den Platz, der dann zum „Eingangstor“ für das Jubiläum werden soll, nicht wiedererkennen. Die Brunnen würden verschwinden, ebenso die Liegewiese, der Rest würde mit einem neuen Belag überzogen. Dazu gäbe es mobile (!) Sitzmöbel, die wahrscheinlich nicht lange an ihrem Platz stehen würden. Ein Baumdach soll Schatten spenden und heimelige Bodenstrahler dürfen auch nicht fehlen. Stichwort Jubiläum: Ein Freiplatz für Veranstaltungen für die Jubeljahre steht ebenfalls auf der Wunschliste.

Bei der vergangenen Sitzung des Technischen- und Umweltausschusses wurden nun Fragen laut, ob sich das Vorhaben überhaupt finanzieren lässt. Vertreter von FWG, FGL und LLK bezweifeln das mittlerweile und auch Stadtkämmerer Hartmut Rohloff trieb es ob dieser Planung deutlich den Angstschweiß auf die Stirn, denn die für den Umbau nötigen Gelder werden den Haushalt belasten. Bis April 2014, also bis zur Eröffnung des Konziljubiläums, soll das Gelände dann in neuem Glanz erstrahlen. Das bedeutet: Über Monate hinweg verkommt dieser zentrale Platz direkt am See zu einer Baugrube. Dabei würde es völlig reichen, für einen Bruchteil der veranschlagten Summe den Bodenbelag auszubessern und alle anderen Pläne erstmal einzumotten. Für ein Luxusprojekt dieser Art, so die Kritiker, fehlt der Stadt das Geld.

Baustelle Obere Laube: Bald schon werden auch hier die Presslufthämmer den Ton angeben. Die Obere Laube soll für rund 1,5 Millionen Euro saniert werden, man hofft auf Zuschüsse in Höhe von maximal 800 000 Euro. Geplante Bauzeit: Ende 2012 bis Herbst 2013. Man kann sich in etwa vorstellen, dass es während dieser Zeit zu massiven Verkehrsbehinderungen kommt und lange Blechschlangen sich stauen werden auch Richtung Bahnhofplatz. Genau davor hat FDP-Stadtrat Johann Hartwich schon im Mai gewarnt und vorgeschlagen, zuerst den Umbau der Laube abzuschließen und dann die Neugestaltung des Bahnhofplatzes in Angriff zu nehmen. Doch seine Bedenken fanden wenig Anklang und somit wird fast zeitgleich an mehreren neuralgischen Punkten der Stadt die kommenden Jahre über gebaut.

Denn auch am Bahnhofplatz geht es dann richtig rund. Geplant ist – ebenfalls ab 2013 – der endgültige Umbau zu einer Begegnungszone, die diese Bezeichnung auch verdient. Kosten dafür: Mindestens 2,5 Millionen Euro. Ein Jahr später dann will man die allseits gewünschte Bahnhofsunterführung realisieren. Über die Aufteilung der anstehenden Kosten wird noch debattiert, denn die Bahn will sich allenfalls mit einem Nasenwasser an der Finanzierung beteiligen. Was zudem Land und Bund beitragen werden, ist ebenfalls noch völlig unklar. Klar aber ist, dass die sinnvollsten Vorschläge bis zu 18 Millionen Euro verschlingen werden. Die Stadt hofft darauf, so eine Vorlage am 12.7.2012, „maximal 50 Prozent der Brutto-Gesamtkosten“ tragen zu müssen. Vorsorglich aber hat sie das Vorhaben in einer zusammenfassenden Beurteilung so eingeschätzt: „Das Projekt ist zeitlich und finanziell mit unkalkulierbaren Risiken behaftet“.

Kaum jemals zuvor in der jüngeren Konstanzer Geschichte wurden Planungen dieser Größenordnung fast zeitgleich in Gang gesetzt. Getrieben von dem immer wieder in fast allen Unterlagen formulierten Hinweis „Bis zur Eröffnung des Konziljubiläums….“, verordnet sich die Stadt einen Zeitplan, der kaum einzuhalten ist. Dazu kommt die Gefahr eines finanziellen Kraftakts, der aufgrund der unsicheren Haushaltslage ein äußerst riskantes Unternehmen ist. Baubürgermeister Kurt Werner, dessen Amtszeit 2014 endet, wäre gut beraten, die Planung zeitlich zu entzerren, und der Gemeinderat sollte es nicht verpassen, rechtzeitig die Notbremse zu ziehen. Und zwar jetzt.

Vorrangig gibt es andere Probleme: Der Philharmonie fehlen mindestens 600 000 Euro, die zum Teil den Haushalt belasten werden. Die seit fast schon Jahrzehnten geplante Renovierung des Bodenseestadions ist unter 500 000 Euro nicht zu habenk, der Münsterplatz wartet seit Jahren auf eine Querungsmöglichkeit. Weiterhin wird die Stadt investieren müssen in Bildung, Schulen, Kindertagesstätten und die allgemeine Daseinsfürsorge für die BürgerInnen dieser Stadt. Da verbieten sich großmannssüchtige Prestigeprojekte mit ungewissem Ausgang.

Autor: Holger Reile