Neues Theater am Theater
Christoph Nix war nicht begeistert. Anders als den Kritikern – auch auf seemoz – gefiel ihm die Arbeit seines Regisseurs nicht; beim Intendanten des Konstanzer Stadttheaters fiel die „Lametta“-Premiere durch. Nix zog die Reißleine und entband Christian Lugerth überraschend von seinen Regie-Aufgaben. Die weiteren „Lametta“-Aufführungen soll ein auswärtiger Spielleiter übernehmen. Lugerth aber will diesen Rausschmiss nicht auf sich sitzen lassen – er schaltet seinen Anwalt ein
Hektik am Konstanzer Stadttheater: Intendant Nix ist zunächst gar nicht zu erreichen und später nur auf der Eisenbahn; auch Regisseur Lugerth sitzt im Zug nach Gießen, wo er mit „Entenvariationen“ und „Nordost“ seine letzten Regie-Erfolge am dortigen Stadttheater feierte. Beiden Gesprächspartnern ist der Stress anzuhören. Denn das passiert nun wahrlich nicht alle Tage: Der verantwortliche Intendant feuert seinen Regisseur – nach der Premiere.
Streitigkeiten aber gab es wohl schon vorher. Auf der Hauptprobe soll es, so berichten Teilnehmer, zu heftigen Wortwechseln gekommen sein. Auch das Ensemble, das sich am Samstag noch im Premieren-Applaus sonnte, soll gespalten sein, was die künstlerische Bewertung des Stückes und seiner Aufführung angeht. Zumindest auf der Premierenfeier sei die Stimmung recht „verdruckst“ gewesen, hört man. Den beiden Kontrahenten Nix und Lugerth allerdings war am Premierenabend nichts anzumerken, was auf das spätere Donnerwetter hätte schließen lassen.
Die Kündigung erfolgte dann per nächtlicher SMS. Christoph Nix bedauerte im Gespräch mit seemoz, dass ein persönliches Gespräch mit Lugerth am Wochenende nicht zustande gekommen war: „Ich hätte mir eine Aussprache gewünscht“. Christian Lugerth hingegen gibt zu Protokoll, dass er „die Entscheidung der Theaterleitung akzeptiert. Das ist das Recht des Intendanten“. Nur hätte er sich eine sachliche Kritik und „frühere Signale“ gewünscht. Was jetzt sein Anwalt bewirken soll, bleibt zunächst unklar – eine juristische Stellungnahme ist spätestens für den morgigen Mittwoch angekündigt.
Chefdramaturg Dr. Thomas Spieckermann versucht derweil, die Wogen zu glätten: „Das Theater wünscht sich keinen Konflikt und keinen Bruch mit Christian Lugerth. Er hat das Stück zur Premiere gebracht und hatte dabei besondere Theaterbedingungen zu berücksichtigen (zum Beispiel die unterschiedlichen Räume als Spielort). Nach einer Endprobenwoche, die alle Beteiligten mit vollem Einsatz bestritten haben, hat die Premiere aus Sicht der Theaterleitung in mehreren Punkten ihr Ziel leider nicht erreicht. Eine künstlerische Korrektur des Ergebnisses erschien dem Haus daher sinnvoll und notwendig“.
Als neuer Regisseur wurde Carl-Hermann Risse gewonnen. Der Professor ist am Berliner „Theater und Komödie am Kurfürstendamm“ engagiert und soll jetzt „das Stück im Rahmen der Inszenierung gemeinsam mit dem Ensemble überprüfen“. Beschwichtigend fügt Spieckermann an: „Das Theater ist in Kontakt mit Christian Lugerth und hofft, zu einer für alle Beteiligten guten Lösung zu kommen“.
„Lametta“, das wurde auch in der gestrigen seemoz-Kritik deutlich, ist sicher kein Stück der Weltliteratur. Nur, so Lugerth, ausgesucht habe das Stück die Theaterleitung, und ein „Schenkelklopfer-Stück“ sei „Lametta“ ja nun auch nicht gerade. Ob allerdings die Premiere, so war gestern von anderen Mitarbeitern im Stadttheater zu hören, tatsächlich „nur Ohnsorg-Theater-Niveau“ erreicht habe, darf ebenfalls bezweifelt werden. Und gegen treffliche Volkstheater-Kunst sollte man auch am ehrwürdigen Stadttheater nichts einzuwenden haben. Nur eben auch: Über Kunst und deren Interpretation lässt sich trefflich streiten – was am Theater Konstanz gerade vorgeführt wird.
Autor: hpk
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Lieber Herr Gerking.
Im Originaltext wird achtmal gekotzt. In der Inszenierung nur noch zweimal. Dass nennt man Arbeit.
Danke für ihren Beitrag.
Dieser „Vorfall“ ist nicht bedauerlich – wie Frau/Herr Gerking schreibt – sondern hanebüchen. Die KunstGeschmäcker sind ja glücklicherweise unterschiedlich ( siehe auch Kritiken ), denn schrecklich war m.E. nicht die Aufführung wohl aber der völlig unpassende Spielplatz mit den senfgelben Aushängungen, Beleuchtung, Akustik… Wer hat schon mal gehört, daß man nach der 2.(sprich: zweiten! ) Vorstellung die Schauspieler vor die Tatsache stellt, daß ein anderer, hausfremder Regisseur das Stück uminszenieren wird, ein Deus ex machina in 4 Tagen, denn die nächste Vorstellung findet ja schon am Freitag an wieder einem anderen Spielort statt. Wie verlogen ist denn so ein Satz, daß man für alle Beteiligten zu einer befriedigenden Lösung kommen wolle! Das hätte man mit Eingreifen in der PremierenWoche vielleicht noch erreichen können, aber nicht nach der 2. Vorstellung. Und die Kosten werden auch nicht unerheblich sein oder zahlt das die selbstherrliche Theaterleitung aus ihrem PrivatSäckel? Weitere Kritik zu üben ist an der Idee, ein Stück an fünf verschiedenen Spielorten aufführen zu lassen ( bevor es auf die Hauptbüne kommt ), anstatt 1 ErsatzRaum möglichst perfekt zu preparieren. Das hätte der Inszenierung, den Schauspielern, dem Bünenbild und der Technik gut getan. Ich werde sicherlich noch ein zweites Mal „Lametta“ anschauen und kann nur hoffen, daß es mir dann immer noch gefällt und es nicht nur gefällig geworden ist.
notwendig – dass ich nicht lache! Typisch Intendant Nix, per SMS… Es wird wieder mal Zeit für einen externen Berater, den hatte das Theater unter Nix doch schon mal nötig.
Der Vorfall ist bedauerlich, aber notwendig, da die Inzenierung leider schrecklich war. Keine Peinlichkeit wurde ausgelassen:Saufen,Jammern,Anmachen,Fallen,Lallen….
Peinliche Kostüme,alles grotesk überzeichnet.