Ein Schelm, der Böses dabei denkt

Seit Sonntag hat Emmingen-Liptingen, das liebenswerte Städtchen zwischen Singen und Tuttlingen, einen neuen Mittelpunkt: Peter Lenks „Schelmenbaum“, ein Skulpturen-Sammelsurium von immerhin 9×12 Metern, überragt neuerdings die Engener Straße. Unter dem Motto: „klettern, klauen, imponieren – prügeln, grapschen, spionieren“ nimmt sich der bekannte Bildhauer das Thema: Plagiat vor. Kein Wunder, dass Zuschauer meinen, Ähnlichkeiten mit namhaften Politikern zu erkennen

Weit über 600 Zuschauer aus nah und fern waren zur Eröffnung nach Emmingen gekommen und lauschten der launigen Rede von Ingo Lenßen. Der TV-Anwalt aus Bodman-Ludwigshafen ist nicht nur Lenks Nachbar, sondern auch sein „Bruder im Geiste“. Zu jeder der neun überlebensgroßen Figuren wusste der beredte Anwalt Kritisches und Treffendes beizutragen. Wobei immer offen bleibt, ob die Ähnlichkeiten mit einem abgetretenen CSU-Politiker oder einer Europa-Abgeordneten aus Reihen der FDP wirklich beabsichtigt sind.

Gemeinderat und Bürgermeister jedenfalls gefiel das Spektakel. Das Gemeindeparlament immerhin hatte bei nur einer Gegenstimme dem Lenk-Projekt zugestimmt, der Bürgermeister die Idee nach Kräften gefördert. Mag sein, dass die positiven Erfahrungen aus anderen Gemeinden, in denen die Lenk-Skulpturen längst Publikums-Magneten sind, den Stadträten die Entscheidung erleichterten.

Wo andere „Lenks“ zu sehen sind…Zu Lenks überregional bekannten Werken gehören die Imperia (1993) in der Konstanzer Hafeneinfahrt, das Triptychon Ludwigs Erbe (2008) am ehemaligen badischen Zollhaus in Ludwigshafen am Bodensee sowie der sogenannte Pimmel über Berlin (2009). In Konstanz befindet sich darüber hinaus der Konstanzer Triumphbogen (Laubebrunnen) von 1992.Einen Eklat provozierte Lenk in Überlingen, wo er nahe der Schiffsanlegestelle den ortsansässigen „Dichterfürsten“ Martin Walser als Figur auf dem Bodenseereiter-Brunnenverewigte, wie er unvorteilhaft als Reiter über den Bodensee auf einem alten Gaul sitzt, mit Schlittschuhen statt Sporen an den Füßen auf dem „dünnen Eis der deutschen Geschichte“ (Lenk), umgeben von eher älteren nackten Wasserjungfrauen.In Pfullendorf stellte Lenk Graf Lennart Bernadotte, den ehemaligen Besitzer der Mainau, als nackten Schmetterlingsmann auf eine Säule, mit einem riesigen „Bestäuber“ zwischen den Beinen. Der Graf war als fortpflanzungsfreudig bekannt. In Ravensburg wurde in der Bachstraße vor dem ehemaligen Gasthaus zur Krone ein Denkmal an das Schicksal der „Schwabenkinder“ aus Tirol, Graubünden und Vorarlberg aufgestellt. Auf den Schultern eines kleinen Schwabenkindes sitzen Knecht und Geistlicher in erdrückender Fülle. Die armen „Schwabenkinder“ wurden während des Winters aus ihrer kargen, notleidenden, bergbäuerlichen Umgebung in das reiche Schwabenland auf die Verdingmärkte geführt. In Stockach sieht man den Ex-Verteidigungsminister Rudolf Scharping vierfach auf einem U-Boot salutierend stehen, zu dem Ensemble gehört auch eine dralle Nackte. Und auf dem Giebel der Unteren Apotheke (in der Oberstadt) sitzt sein Ehrenwortbube. Ein weiteres Kunstwerk ist die Magische Säule auf der Hafenmole in Meersburg (aus: Wikipedia)

Die häufigste Frage, so berichtet Peter Lenk von der Feier in Emmingen, war die von besorgten Hausfrauen: „Warum sind die Figuren denn immer nackt?“ Lenks schelmische Antwort: „Die Gorillas der Wilhelmina, die für die Figuren Modell standen, mochten sich nichts überziehen.“

Wie bei jedem seiner Kunstwerke gilt auch für den „Schelmenbaum“ eine zweijährige Probeaufstellung. Dazu Peter Lenk: „Wenn es denn dann nicht mehr gefällt, wandert die Arbeit in den Garten des Sponsors“. Aber das ist, wie zu hören war, noch nie passiert.

Autor: hpk

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Peter Lenks Schelmenbaum von Emmingen-Liptingen