Über die Dienste und den braunen Sumpf
Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, referiert am 30. Oktober auf Einladung des Konstanzer Kreisverbands der Linken über Neonaziterror, die Rolle von Behörden und Geheimdiensten dabei und die Vorschläge der Linken für den Kampf gegen Rechts. Und dabei geht es auch um das V-Leute-Unwesen, mit dem die Geheimdienste die Umtriebe der Rechten personell und finanziell fördern. Und es geht um ein Verbot der rechtsextremen NPD
Nun endlich, fast ein Jahr nach dem Auffliegen der Zwickauer Mörderbande NSU, scheinen die staatlichen Verantwortlichen das traditionell blinde rechte Auge zumindest zögerlich zu öffnen. Das BKA etwa warnt vor der Gefahr fremdenfeindlicher Gewaltdelikte „in Form von Körperverletzungen und auch mit Todesfolge“. Ziel der Nazis könnten danach nicht nur Migrantinnen und Migranten, sondern auch „Repräsentanten der Bundesrepublik Deutschland wie Politiker, Personen des öffentlichen Lebens und Polizeibeamte sowie jüdische Institutionen“ sein.
Dass es so weit kommen konnte, haben die Sicherheitsbehörden selbst mitzuverantworten. Jahrelang redeten sie die rechte Gefahr klein; Justiz und Polizei schützen bis heute regelmäßig Aufmärsche der Rechten und kriminalisieren nicht selten Antifaschisten, die gegen den menschenverachtenden Ungeist der Neonazis protestieren. Über das V-Leute-Unwesen fördern die Geheimdienste die Umtriebe der Rechten personell und finanziell.
Jelpke (s. Foto) wird die Hintergründe der Zusammenarbeit von Diensten und Naziterroristen beleuchten und die Vorschläge der Linken vorstellen, um den braunen Sumpf konsequent auszutrocknen. Ein Verbot der rechtsextremen NPD wäre ein erster Schritt.
Autor: PM
Dienstag, 30. Oktober 2012, 19 Uhr, Konstanz, Treffpunkt Petershausen (Georg-Elser-Platz 1)
Nachtrag zu VS, aufgeweckte SchülerInnen und Ewiggestrige
Ende Mai prämierte das BMJ einen Schulwettbewerb unter dem Motto „Gegen Rechtsextremismus“ in Berlin. Auch Konstanzer Schulen und Eltern waren durch das Kultusministerium informiert. https://www.gerechte-sache.de/schuelerwettbewerb
Ganz im Gegensatz zu den offen für mehr Toleranz werbenden Schulprojekten scheinen die Verfassungsschützer eher hilflos dem europaweiten Treiben neonazistischer Organisationen zuzuschauen. Am vergangenen Samstag feierte im ostfranzösischen Toul die rechtsextreme Hammerskin Nation ihr Europafest und das 20-jährige Bestehen der deutschen Sektion.
( siehe FR vom 5.11.2012 und https://linksunten.indymedia.org/de/node/70471 )
Aus dem Kreisvorstand der Grünen kommt nun auch etwas Bewegung. Am 15.11.2012 wird Ingrid Hönlinger MdB im Gasthaus Kreuz, Singen um 20.00 Uhr zu „Quo vadis Verfassungsschutz?“ referieren. Allerdings sind nur Mitglieder eingeladen.
Die Verfassungsschutzbehörde abschaffen – Aufklärung tut not !
Ulla Jelpke plädierte in Konstanz für eine umgehende Neugestaltung des Verfassungsschutzes, ihr wäre ein Amt für politische Aufklärung über das menschenverachtende braune Spektrum wesentlich lieber. Erst wenn die Bundesregierung auf die letzten V-Leute in der rechten Szene verzichtet, kann mit Erfolg die NPD verboten werden. Jelpke entlarvte auch das militaristische Umfeld bürgerlicher Leitfiguren wie Franz Joseph Strauß, der die Wehrsportgruppe Hoffmann bagatellisierte und gleichzeitig bis heute posthum seine schützende Hand über einen florierenden Militärexport hält.
Heute an Allerheiligen 2012 spricht auch der Vorsitzende der türkischen Gemeinde in Deutschland Kenan Kolan von einem „riesigen Rassismusproblem“, das nur durch personelle und strukturelle Änderungen im Verfassungsschutz gelöst werden kann. (siehe Tagesschau.de aktuelle Berichte und Dossiers zum Rechtsextremismus)
Eine multikulturelle Gesellschaft funktioniert um so besser, wenn die in den bisherigen Revolutionen und Restistancen erkämpften Rechte praktischer und ideeller Freiheit behauptet und mit Leben erfüllt werden. So kann es eigentlich für politisch engagierte und aufgeweckte Menschen nicht akzeptabel sein, wenn Leute, die Widerstand gegen rechte Aufmärsche leisten, diffamiert und kriminalisiert werden. Hier brauchen wir vor allem gegenseitigen Respekt, Toleranz, Anerkennung und keine Armut, keine Arbeitslosigkeit, keine Niedriglöhne und keine eklatant soziale Gleichgültigkeit.
Besonders miserabel finde ich in diesen Zeiten eine Kultur des Wegschauens, einer so leicht zu praktizierenden Neutralität, die jegliche Verantwortung zurückweist, insbesondere wenn falsch aufgeklärte Morde publik werden.
Immerhin bekommt der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der NSU Morde von Kolan ein Lob dafür, dass durch seine Arbeit bekannt wurde, dass Ermittlungsakten verschwanden und geschwärzt wurden.