Fürstenberg: Durchlöchert wie ein Schweizer Käse

Die Stadtverwaltung Konstanz wird ab morgen den Fürstenberg sperren. Unter dem 450 Meter langen, 150 Meter breiten und 30 Meter hohen Hügel in Wollmatingen, von Kindern als Spielplatz und nicht nur von Chérisy-Bewohnern als Erholungsgebiet genutzt, befindet sich ein Stollensystem, das täglich weiter einzustürzen droht. Ob notdürftig die Einbruchstellen mit Netzen gesichert werden, steht noch nicht fest

Das zumindest hat Thomas Stegmann, Leiter des Hochbauamts Konstanz, ins Gespräch gebracht. Martin Wichmann, stellvertretender Leiter im Amt für Stadtplaung und Umwelt, weist zudem darauf hin, dass vor Ort entsprechende Schilder und Absperrungen angebracht wurden, die auf das „Betretungsverbot“ hinweisen. Und das ist offensichtlich dringend nötig.

Denn es passierte vor wenigen Monaten, dass ein Traktor der Entsorgungsbetriebe bei Pflegearbeiten abrutschte und einen Erdeinbruch verursachte: Seitdem klafft im östlichen Gipfelbereich des Fürstenbergs ein 3×3 Meter tiefer Krater. Nachforschungen des Hochbauamtes und einer beauftragten Ingenieurgruppe brachten dann die ganze Wahrheit an den Tag: Der Fürstenberg ist untertunnelt von einem Stollensystem und „durchlöchert wie ein Schweizer Käse“. Planungsunterlagen über den Stollenbau sind nicht mehr aufzutreiben, lediglich die Lage der Stolleneingänge kann aus Luftbildern (s. Foto) rekonstruiert werden.

Gibt es neben den Stollen noch Bunker?

Doch soviel steht fest: Kurz vor oder während des 2. Weltkriege wurden Luftschutzstollen in den Fürstenberg getrieben. Nach Auskunft von Zeitzeugen verliefen zwei Stollen in Nord-Süd-Richtung und ein Stollen quer dazu in Ost-West-Richtung. Die Stollen sollen 1,5m breit und höchstens 1,80m hoch gewesen sein. Doch Martin Wichmanns Sorge ist überdies: Wenn das Stollensystem als Luftschutzbunker genutzt wurde, müssen sich irgendwo größere, unterirdische Aufenthaltsräume befinden. „Und die sind besonders einsturzgefährdet“, so der Verantwortliche vom Umweltamt.

Die Stollen waren ursprünglich mit einem Holzverbau befestigt. Doch in der Nachkriegszeit haben notleidende Wollmatinger die Verschalung abgebaut und als Brennholz verwendet – heute ein zusätzliches Gefahrenpotential. Überdies wurden die Stollen damals wohl als Bierlager und „privater Eisschrank“ genutzt, berichten Zeitzeugen; noch heute ist dort ein Getränkelager ansässig. Ende der 40iger Jahre des vorigen Jahrhunderts aber wurden die Stolleneingänge mit Beton verschlossen – seitdem fehlen Pläne und Aufzeichnungen, die Aufschluss über die Gefahrenpunkte geben könnten.

Bohrungen im Fürstenberg?

Schon häufiger gab es in den letzten 20, 30 Jahren kleinere Erdeinbrüche am Fürstenberg, die aber flugs wieder aufgefüllt wurden. „Und es ist reichlich unwahrscheinlich“, so Martin Wichmann, „dass es allein durch das Gewicht eines Menschen zu Einbrüchen kommt“. Schließlich überdeckt eine 25m tiefe Erdschicht das Stollensystem. Dennoch will die Stadtverwaltung jedes Risiko vermeiden und sperrt jetzt den ganzen Fürstenberg.

Um den unterirdischen Gängen auf die Spur zu kommen, plant man nun wohl Probebohrungen unter der Anleitung sachkundiger Geologen – „ein ungeheuer kostspieliges Verfahren“, gibt Wichmann zu bedenken. Aber nur so lassen sich Gefahrenherde orten, nur so schließlich auch Sicherungsmaßnahmen – Betonverschalung, Stahlabstützungen – planen. Deshalb auch wird der Fürstenberg zum Thema auf der nächsten Sitzung des Technischen und Umweltausschusses am 15.11. So oder so: Der Fürstenberg bleibt auf nicht absehbare Zeit ein Sperrgebiet für jedermann.

Autor: hpk