Nicht nur der „Südkurier“ ist auf dem absteigenden Ast
Die neuesten Zahlen der „media perspektiven“ sprechen eine deutliche Sprache: Den Zeitungen in Deutschland geht es immer schlechter und die Konzentration auf dem Zeitungsmarkt erreicht immer neue Höchstwerte. Der jüngst verscherbelte „Südkurier“ aus Konstanz macht da keine Ausnahme: Mit nur noch 129 383 täglich verkauften Zeitungen sinkt die Auflage seit Jahren schon stetig. Auch die Arbeitsplätze in den Redaktionen werden immer unsicherer, wie Horst Röper vom Formatt-Institut Dortmund nachweist
Seit ziemlich genau einem Jahr gehört der „Südkurier“ mehrheitlich der „Augsburger Allgemeinen“; die Augsburger Verlagsgruppe ist damit erstmals unter die zehn auflagenstärksten Unternehmen im deutschen Pressemarkt aufgestiegen, und zwar gleich auf Rang acht. Der Verkäufer, die Holtzbrinck-Gruppe in Stuttgart, zählte jahrzehntelang zu den auflagenstärksten Verlagsgruppen in Deutschland, hat diesen Rang nun aber eingebüßt. Der frühere Verleger Dieter von Holtzbrinck hatte diese Verlagsbeteiligungen über Jahre zum Teil erst nach harten Auseinandersetzungen zusammengetragen. Sein Bruder und Nachfolger als Chef der Gruppe, Stefan von Holtzbrinck, beendet nun diese Ära und verkauft nach und nach die Beteiligungen an Zeitungsunternehmen – die Holtzbrinck-Gruppe will sich zunehmend auf das online-Geschäft konzentrieren.
seemoz hatte bereits im Frühjahr 2011 diesen Verkauf vorausgesagt und auch den neuen Mehrheitsbesitzer beim Namen genannt. Eine Flut von Dementis von Sankt Gallen bis Konstanz ergoss sich daraufhin über das kleine Konstanzer Internet-Portal – Rainer Wiesner, damals wie noch heute Geschäftsführer des „Südkuriers“, schreckte sogar vor Verunglimpfungen nicht zurück. Die Realität hat auch ihn eingeholt.
Arbeitsplätze in den Redaktionen werden abgebaut
Der Konzentrationsprozess im deutschen Zeitungsmarkt kostet zunehmend Arbeitsplätze. Waren im Jahre 2000 noch 15 306 Redakteure bei (west)deutschen Tages- und Wochenzeitungen beschäftigt, waren es im vergangenen Jahr nur noch 12 966. Das entspricht einem Schwund von fast 15 Prozent. Bei Voluntären (Redakteure in Ausbildung) das selbe Bild: Ihre Zahl sank von 1 378 (2000) auf 1 128 (2011). Diese „freigesetzten“ Kolleginnen und Kollegen verdingen sich am Journalisten-Markt als „Freie“ und drücken damit das Gehaltsniveau. Oder sie machen Internet-Zeitungen auf.
Auch der „Südkurier“ spart an Arbeitsplätzen, nicht nur, aber auch in den Redaktionen. Es wird beispielsweise spannend zu beobachten sein, ob der Arbeitsplatz von Josef Siebler, der von der Konstanzer Lokalredaktion alsbald auf den Pressesprecher-Posten bei den Konstanzer Stadtwerken wechselt, wieder besetzt werden wird. Es wäre nicht die erste Arbeitsplatz-Einsparung am Fischmarkt.
Werbeeinnahmen brechen weg
Auch die einst üppig sprudelnden Werbeeinnahmen fehlen den Abonnementzeitungen bundesweit. Der Werbeumsatz lag 2011 bei knapp 3,6 Mrd Euro netto. Das entspricht dem Niveau von 1988. Während z.B. die Werbeeinnahmen der Tageszeitungen von 2010 auf 2011 um 2,2 Prozent abnahmen, stieg das Anzeigenaufkommen der Anzeigenblätter im selben Zeitraum um 2,4 Prozent. Diese – die kostenlosen Anzeigenblätter – sollen die Verluste der Tageszeitungen auffangen helfen. Der „Südkurier“ gibt zusätzlich den „Konstanzer Anzeiger“ heraus, der sich nur mühsam gegen die Konkurrenz aus dem Haus der „Schwäbischen Zeitung“ behaupten kann. Da werden zwar – meist zu Dumpingpreisen – Anzeigenkunden abgefischt, da wird aber auch den Lokalredaktionen im Stammhaus redaktionell Konkurrenz gemacht. Ein Wettbewerb, der sich letztlich kaum auszahlen wird.
Eine Besserung im Werbemarkt zugunsten des Mediums Zeitung scheint ausgeschlossen. Verbunden mit der stetig sinkenden Auflage ist ein Reichweitenverlust, der die Attraktivität als Werbeträger mindert. Derzeit verzichten die in der Summe wohl wichtigsten Kunden der Tagespresse zunehmend auf Zeitungsanzeigen: die Discounter. Verzichten Aldi und Co. künftig noch stärker auf die Zeitungswerbung, klafft nicht nur ein neues Loch in der Kasse der Verlage. Mancher Leser wird diese Insertionen vermissen und manche Zeitung bekommt ein Problem mit einem nur noch geringen Umfang. Wenn die bezahlte Zeitung beim Griff in den Briefkasten viel dünner ist als das kostenlos gelieferte Anzeigenblatt, werden Akzeptanzprobleme wachsen.
Onlineportale verdrängen die Zeitung
Eine Chance, diesem Negativtrend entgegen zu wirken, sehen Zeitungsverlage im Internet. Solche Onlineportale von Zeitungsunternehmen weisen inzwischen oft stattliche Nutzungsdaten auf, wenn sie denn nicht ganz so holperig wie beim „Südkurier“ daher kommen. So lange die Werbeumsätze für journalistische Angebote im Internet aber so begrenzt bleiben wie derzeit, ist der ökonomische Zugewinn auch für die Verlage mäßig.
Denn die geringen Gründungskosten im Internet ermöglichen Markteinstiege auch von Branchenfremden. Solche lokaljournalistischen Angebote, zum Beispiel von ehemaligen Zeitungsjournalisten, nehmen zu, die multimedial agierende und etablierte Konkurrenz hat aber gegenüber den Neulingen deutliche Wettbewerbsvorteile, wie auch seemoz tagtäglich feststellen muss.
Dennoch: Schon heute übersteigt die Zahl der Internet-Leser die Zahl der Zeitungsleser. Das zeigt sich vor allem in der Zielgruppe der 20- bis 30jährigen. Und sobald es den Verlagen – aber auch den lokalen Blogs – gelingt, ihre Informationsangebote im Internet zu barer Münze zu machen, ist das Ende der gedruckten Tageszeitung besiegelt. US-Zeitungen stellen schon heute ihre Printausgaben ein und konzentrieren sich ausschließlich auf die Internet-Information; deutsche und Schweizer Verlage führen „Bezahlschranken“ ein. Und das Werbeaufkommen der Internet-Zeitungen steigt, weil auch Anzeigenkunden den Vorteil der stetigen Werbung im Internet gegenüber der nur täglichen Anzeige in der Tageszeitung wahrnehmen.
Autor: hpk
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Hallo Herr Reile,
„ich werde dazu bei der betreffenden stelle nachfragen und die konkreten infos veröffentlichen. einverstanden?“
vielen Dank für die schnelle Antwort,
und bin natpürlich schon sehr gespannt auf die weiteren Infos..
Die gute Nachricht ist: Auch die Stelle des Online-Zensors wurde eingespart. Am Abend und am Wochenende kann man nun kommentieren wo man will (AUCH KRITISCH!) und es wird nicht gelöscht. Nun, ich danke dafür!
hallo coocon,
nur soviel zu ihrer frage: 2008 gingen an den südkurier rund 40 000 euro für die veröffentlichung amtlicher bekanntmachungen. dazu kamen nochmal etwa 60 000 für ausschreibungen und anzeigen.die neuesten zahlen sind mir nicht bekannt, dürften aber in ähnlicher höhe angesiedelt sein.
seit einiger zeit scheint eine städteumfrage zu laufen, die ermitteln soll, ob auch neue elektronische medien in den genuss dieser anzeigen kommen könnten. dass der südkurier nur sehr ungern von seinem kuchen abgibt, liegt auf der hand. ich werde dazu bei der betreffenden stelle nachfragen und die konkreten infos veröffentlichen. einverstanden?
grüße
holger reile
folgende Frage hätte ich, falls dies jemand weiss..:
Zahlt die Stadt eigentlich noch immer einen Zuschuß an dieses Käseblatt? Und wenn JA warum und wie lange noch von unseren Steuergeldern?!
Geplatzte Träume von Allmacht
Zunächst Lob für die emotionslose und gut recherchierte Story. Sie hat nur einen Haken, das ist der zu hohe Wert, der dem Anzeigenblatt aus Leutkirch beigemessen wird. Die Anzeigenblätter des Südkurier waren Antworten auf Angriffe auf die Medienhoheit, vom einen oder anderen wohl auch als Majestätsbeleidigung verstanden. Die Ursprünge liegen dabei noch in den Zeiten Weyls und somit vor Holtzbrinck und der Augsburger Allgemeinen mit ihren Monopoly-Gastspielen. Keck, einen solchen Angriff aufs „Südkurier-Land“ zu veranstalten, sei der Sonnenkönig des Monopolisten nun am Fischmarkt oder im Oberlohn beheimatet.
Nein, die Leutkircher mögen zwar Achtungserfolge erzielt haben bspw. mit der Kreuzlinger Anzeigenkundschaft. Auch die OB-Kandidatenvorstellung noch vor der SK-Veranstaltung mag eine schmerzhafte Wunde gerissen haben. Viel wichtiger aber war wohl die Absage des Kartellamts, was die Übernahme des Singener Wochenblattes angeht. Das hat wirklich weh getan. Und hält die klammheimliche Freude über geplatzte Träume von Omnipotenz noch nach Jahren auf einem wohltuenden Level.
hallo jemand und veiliger hater,
unser vorschlag zum thema: wenn ihr schon rund 250 euronen spart, indem ihr den südkurier abbestellt, dann könnt ihr doch locker das tun, was unser seemoz-förderkreis ins leben gerufen hat: 5 euro monatlich (es darf auf gerne mehr sein) auf das seemoz-konto und gut ists….über den spendenbutton rechts oben auf unserer startseite erfahrt ihr mehr.
danke vorab
redaktion seemoz
Auch ich bin mit mir am hadern. Ich werde wohl diese Woche das Schmierblatt kündigen. Die Süddeutsche war ein Traum dagegen…
Ich würde diese Entwicklung uneingeschränkt bedauern, wäre der SK (besonders im Lokalbereich) kein so ekelhaft angepasster Hofberichterstatter. Immer hübsch mit den Wölfen (Fasnachtverein, OB, lokale Wirtschaftsverbände) heulen, bloß keinen kontroversen Standpunkte einnehmen – wer braucht so ein „Presseorgan“, bzw. wer ist bereit für derart entbehrlichen und gleichgeschalteten Journalismus Geld abzudrücken?
Dabei verfügt der SK über Personal, das weiß wie man´s richtig macht (allerdings eher in den überregionalen Redaktionen): Z.B. die vorzugsweise aus Stuttgart berichtende Frau Renz (mein wichtigstes Motiv fürs bislang ungekündigte SK-Abo).