Da kann der Gemeinderat nur noch um Gnade bitten

Die Konstanzer Kommunalpolitiker sind es gewohnt, dass sie oft bis in die Puppen beraten, diskutieren und beschließen. Was aber die nächsten Wochen auf sie zukommt, passt rein zeitlich nicht mehr auf die sprichwörtliche Kuhhaut. So geht das nicht, hört man es aus allen Fraktionen vernehmlich grummeln

Morgen berät der Technische-und Umweltausschuss (TUA). Schon da dürfte es später werden, denn es stehen wichtige Punkte auf der Tagesordnung, die man nicht einfach durchwinken kann. Zum Beispiel die Entwicklung des Areals Schänzlebrücke Nord. Unter anderem sollen dort (endlich) Maßnahmen umgesetzt werden, die „zur Verbesserung der Akzeptanz des P&R-Standortes“ führen, da er an normalen Tagen nur schwach angenommen wird.  Man will ihn ausbauen, die Stellplatzkapazitäten erhöhen und den ganzen Bereich attraktiver gestalten. Gedacht ist an zusätzliche Bänke, eine längst fällige Toilettenanlage und an eine verbesserte Wegweisung. Geplant ist eine fahrgastfreundliche Vertaktung mit dem Busverkehr. An Spitzentagen, es sind laut vorsichtigen Berechnungen rund 60 pro Jahr, will man einen kostenlosen P&R-Shuttle einrichten.

Ein anderer Punkt ist mit dem Titel Europan 2012 versehen. Die Städte Konstanz und Kreuzlingen, so hätte es die Verwaltung gerne, sollen sich diesem Wettbewerb anschließen und die Kosten von 80 000 Euro übernehmen. Im Kern geht es darum, „eine städtebauliche Konzeption für die Gebiete Klein Venedig und Döbele zu entwickeln“. Zwei neuralgische Punkte also, an denen seit Jahren gegensätzliche Meinungen und Begehrlichkeiten aufeinander prallen.

Auf dem Döbele sähen die bürgerlichen Fraktionen gerne ein zusätzliches Parkhaus in der Innenstadt, andere plädieren mehrheitlich für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und einem sozialverträglichen Nutzungsmix. Mit heftigen Diskussionen ist zu rechnen. Ebenfalls beim Thema Klein Venedig. Vor allem dieser grenzüberschreitende Bereich fordert beide Städte. Die Messe, bislang auf dem Döbele, soll auf das Areal Klein Venedig verlegt werden und an lukrative öffentliche Nutzungen des Platzes ist ebenfalls gedacht. Zeit wird es, dass der komatöse Zustand nach dem KKH-Desaster endlich ein Ende findet und einer der schönsten Plätze am See bald ein neues Gesicht bekommt. Einer von vielen Fragen aber wird sich der Ausschuss schon stellen müssen: Braucht es für die Konzeption dieser Bereiche tatsächlich einen kostenintensiven internationalen Wettbewerb? Wissen die Partnerstädte Konstanz und Kreuzlingen nicht selbst, was vor Ort zu machen ist.

Andere Baustelle: Bewohner aus Allmannsdorf/Staad klagen seit langem darüber, dass sie vor allem während der Sommermonate im Quartier keinen Parkplatz mehr für ihr Blech finden. Sie hätten gerne Stellplätze ausgewiesen, die nur den Bewohnern zur Verfügung stehen. Doch die Verwaltung empfiehlt, genau das nicht zu tun, denn es fehle „an den notwendigen Voraussetzungen einer solchen Sonderparkregelung“. Das, so die Vorlage weiter, führe zu „quartiersfremden Parkverkehr“ in angrenzenden Straßen und außerdem gäbe es noch private Stellflächen, die zur Zeit nicht genutzt würden. Damit werden die Antragsteller sicher nicht zufrieden sein. Aber das Problem ist ja nicht nur eines der Bewohner im Bereich der Fähre. Die Automobilisten im Wohnquartier Paradies kennen das schon lange. Vor allem gegen Wochenende werden ihre Anwohnerparkplätze in der Regel von auswärtigen Besuchern in Anspruch genommen. Bei einem Knöllchen für 20 Euro lacht vor allem der Eidgenosse herzlich und geht grinsend seiner Einkaufswege. Die Lösung ist leider einer schlichten Erkenntnis geschuldet: Automobilisten, woher sie auch kommen, sind immer nur am Geldbeutel zu packen. Will heißen: Über eine Erhöhung des Bußgeldes für widerrechtliches Parken (nicht nur) auf Anwohnerparkplätzen ist hurtig nachzudenken. Bei 60 oder 80 Euro sähe die Geschichte sicher ganz anders aus. Leider aber kann die Gemeinde das nicht alleine entscheiden, denn da müsste Berlin reagieren. Aber die Ordnungsbehörden können zumindest dafür sorgen, dass die Kontrolldichte verstärkt wird. Ein schwacher Trost.

Und der Sitzungsmarathon geht kommendes Wochenende bereits in eine neue Runde. Ab Freitag wird der Gesamtgemeinderat zusammen getrieben, um bis Samstagabend über den kommenden Haushalt zu beraten. Damit ein wenig Gemütlichkeit aufkommt, bittet Oberbürgermeister Uli Burchardt diesmal ins Inselhotel, obwohl die Infrastruktur im Ratssaal völlig ausreicht. Auf Anfrage von seemoz, was diese Verlegung zusätzlich kostet, kam noch keine Antwort.

Dann, nächste Woche am Donnerstag, folgt die Gemeinderatssitzung. Ein Highlight der besonderen Art, denn die RätInnen müssen mit rund 35 (!) Tagesordnungspunkten rechnen. Ein Unding, sagen viele, völlig daneben, kritisieren andere. Auch hier stehen wichtige Punkte zur Debatte. Man kann getrost davon ausgehen, dass diese Sitzung etwas aus den Fugen gerät, denn spätestens nach sechs Stunden erlahmt auch der frischeste, ehrenamtliche Geist und bittet um Gnade und Vergebung.

Autor: H.Reile