Post an den Gemeinderat
Jede Gemeinderätin, jeder Gemeinderat hat in diesen Tagen einen Brief von der Friedensinitiative Konstanz erhalten. Noch einmal und wohl zum letzten Mal geht es um die Umbenennung des Wilhelm-von-Scholz-Weges, die am 25. Februar im Gemeinderat beschlossen werden soll.
Als Schriftsteller sei Wilhelm von Scholz, literarisch gesehen, zu Unrecht weitgehend vergessen, bemerken die Friedensfreunde zu Anfang ihres Schreibens. Scholzens zahlreichen Essays, Gedichte, Theaterstücke und Romane seien nur noch antiquarisch erhältlich. „Für jeden Konstanzer sollten seine höchst lesenswerten Konstanz- und Bodensee-Landschaftsbilder („Der Bodensee“, 1921) Pflichtlektüre sein“.
Dann aber weiter: „In den 20er und 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts war Wilhelm von Scholz eine Berühmtheit und eine Person des öffentlichen Lebens. Doch schon 1933 bekannte er sich öffentlich und ohne Zwang zum Nationalsozialismus. Er hat zweifelsfrei davon auch finanziell profitiert und mit seinem Ruhm, ohne dazu gezwungen zu sein, zum Aufstieg des Nationalsozialismus beigetragen. Wie immer man Leben, Werk und Wirken von Wilhelm von Scholz beurteilt: dieser Teil darf nicht unterschlagen werden.“
Und dann zitiert die Friedensinitiative kommentarlos zwei Scholz-Gedichte mit dem süffisanten Hinweis, der ‚Südkurier‘ habe in der Debatte um das Scholz-Grab oder die Straßenumbenennung „weder diese hier zitierten Gedichte noch andere verfänglichen Texte“ des Dichters je erwähnt. Wir dokumentieren nur eines der Gedichte:
„Deutsche Wünsche“
Zwei deutsche Wünsche weiß ich, die allein heute den Anspruch haben, da zu sein. Den ersten gibt der heilige Zorn uns ein: Zur Hölle des Weltenbrands verbrecherische Schürer (Anm. d. Red. gemeint sind „die Juden“)! Den anderen fleht der Glaube, das Vertraun auf ihn, der Deutschland schützt, zu dem wir schaun, das Herz voll Liebe, Volk, Männer und Fraun: Das Heil, Gesundheit, Sieg und Segen für den Führer“.
Das lassen die Verfasser so stehen – keine Abstimmungsempfehlung, keine moralische Ansprache. Die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte sollen sich ihr eigenes Bild machen. Am Donnerstag wird im Gemeinderat entschieden, ob dieser Dichter mit einer Straßenbenennung in Konstanz geehrt wird oder nicht.
Autor: hpk