Droht ein Debakel beim Konzil-Spektakel?

Die Konstanzer Konzilfeierlichkeiten 14/18 beanspruchten in der letzten Sitzung des Gemeinderates viel Diskussionszeit (vergl. unseren gestrigen Bericht). LLK-Stadtrat Holger Reile sprach sich vehement gegen verschiedene „Wolkenschiebereien“ aus; wir dokumentieren seine Rede im Wortlaut. Wir tun das, obwohl Reile auch seemoz-Mitherausgeber ist. Und wir werden das auch zukünftig so halten, denn kritische Stimmen finden in den hiesigen Medien allzu selten Gehör

Herr Oberbürgermeister, Kolleginnen und Kollegen, werte Gäste

Um es gleich vorneweg zu sagen: Wir lehnen die Vorlage ab und ich möchte begründen, warum von unserer Seite ein klares Nein kommt.

Damit hier keine falschen Töne ins Kraut schießen: Die Linke Liste ist nicht grundsätzlich dagegen, an ein Ereignis zu erinnern, dass in der Tat in verschiedenen Bereichen große Bedeutung hatte. Uns stört aber, wenn die Befürworter des bevorstehenden Konziljubiläums derart hoch über den Wolken schweben, dass ihnen die Sicht auf das Irdische, sprich Sinnvolle, Mach- und auch Finanzierbare weitgehend verstellt bleibt. Die uns vorliegende Grundkonzeption ist in nahezu jeder Hinsicht völlig überzogen und vor allem nach außen so nicht vermittelbar. Denn eine Millioneninvestition ist kein Wunschkonzert und muss nachvollziehbar begründet werden.

Sie alle hier wissen, dass ich seit rund zwei Jahren dafür plädiere, die Planungen gehörig abzuspecken und den Realitäten anzupassen. Wenn nun die Fraktion der Sozialdemokraten und auch einige andere in diesem Gremium langsam zur Vernunft kommen und zwar vorsichtig, aber im Ansatz ähnlich argumentieren wie wir von Anfang an, freut uns das und zeigt, dass das Bohren dicker Bretter durchaus von Erfolg gekrönt sein kann. Wenn beispielsweise Kollege Puchta neulich meinte, eine Konzilfeier über den Zeitraum von zwei Jahren reiche völlig aus – kann ich nur sagen: Willkommen im Club.

Wir von der Linken Liste sagen Ja zu einer Landesausstellung, befürworten die geplante Ausstellung im Rosgartenmuseum und können uns auch damit anfreunden, dass unter anderem über Symposien, Sonderveranstaltungen im kulturellen Bereich und in Diskussionsrunden gebührend, aber auch kritisch, daran erinnert wird – Stichwort Jan Hus und Hieronymus von Prag – was vor rund 600 Jahren den Alltag in unserer Stadt weit über ihre Grenzen hinaus maßgeblich geprägt hat.

Spinnerte Idee um eine Lädine-Werft

Aber unsere Unterstützung versagen wir, wenn immer noch Pläne umher geistern, die nicht nur weitgehend sinnlos, sondern darüber hinaus auch kostspielig sind. Zwei Beispiele, auf die ich ebenfalls schon mehrfach verwiesen habe. Erstens: Trotz massiver Bedenken auch aus den Reihen der Bürgerschaft will man weiterhin an der abenteuerlichen Idee festhalten, auf dem Konzilvorplatz für bis zu 400 000 Euro eine detailgetreue Lädine nachbauen zu wollen, und damit ein Schiff zusammen zu basteln, das niemals Wasser unter dem Kiel spüren wird. Auch schon vor Jahren habe ich darauf hingewiesen, dass die bereits existierende Lädine in Immenstaad angemietet werden kann. Zum wiederholten Male also meine Forderung: Motten Sie die Pläne für einen Konstanzer Nachbau umgehend ein, oder heften Sie sie in Ihrem Kuriositätenordner ab und zurren Sie die Verträge mit den Immenstaadern endlich fest.

Ein weiterer Punkt: Im Bereich „Erlebbares Mittelalter“ soll an einem Handwerkermarkt festgehalten werden. Unter anderem sollen über Jahre hinweg auf dem Stefansplatz Handwerker mittelalterliches Gewerbe präsentieren. Bei einem Treffen zu diesem Thema vor einigen Monaten – Herr Henneberger hat dafür, wie er erklärte, seinen großen Verteiler bemüht – erschienen gerade mal vier Leute…. Ich will mich darüber nicht nochmal auslassen, denn es war peinlich genug. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man ernsthaft daran denkt, weiterhin an diesem Projekt in seiner ursprünglichen Form festzuhalten. Außer, die Stadt liebäugelt damit, sich über ihre Stadtgrenzen hinaus der Lächerlichkeit preiszugeben. Ähnliches scheint sich bei den beabsichtigten Konzilfestspielen anzubahnen. Man muss wohl zu Recht befürchten, dass hier alberner Event-Klamauk im Vordergrund steht.

Zusammengefasst: Dampfen Sie Ihre ausufernde Mittelalter-Marktidee weitgehend ein und fahren Sie auch diese auf eine vertretbare zeitliche und finanzielle Größe herunter. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt werden es Ihnen danken. Und der Stadtkämmerer auch.

Mit Verlaub, Kolleginnen und Kollegen, uns liegt heute ein Papier vor, das sich anliest, als würde die Stadt Konstanz spätestens ab 2014 auf einer Stufe stehen mit den prächtigsten Metropolen dieser Welt. Schon Ex-Oberbürgermeister Horst Frank hoffte, dann endlich würde man Konstanz endgültig auf der Landkarte finden. Da wundere ich mich schon, wie er nach seiner Fahrradtour in den hohen Norden wieder nach Hause gefunden hat. Aber das nur nebenbei.

Wer soll das bezahlen?

Aktuell lesen wir davon, dass das Konziljubiläum – Zitat – „eine Jahrhundertchance für Konstanz“ sei. Wo man auch dafür werbe, allüberall auf den Tannenspitzen sähe man ernsthafte Befürworter sitzen. Nur: Kaum einer von denen macht Geld locker für eine Veranstaltung, die angeblich für alle sein soll, historisch wegweisend sei und angeblich die europäische Idee vermittle. Mit Verlaub: Das sind Phrasen, die partiell fast zynisch wirken angesichts der aktuellen Entwicklungen in eben diesem Europa. Frage in die Runde zu weihnachtlicher Zeit und noch vor Ihrem Weihnachtsmenü heute Abend, das ich Ihnen von Herzen gönne: Geht es nicht ein wenig bescheidener, maßvoller, realistischer und vor allem nachhaltiger?

Bleiben wir noch kurz bei den Finanzen. Der städtische Anteil am Jubiläum – in Form von Steuergeldern wohlgemerkt – soll bei mindestens sechs Millionen Euro liegen. Es könnten auch acht oder noch mehr werden. Wer weiß das schon? Insgesamt, so die grobstoffliche Schätzung, werde das Jubiläum mindestens 12 Millionen Euro verschlingen. Ich frage Sie alle hier erneut: Können und wollen wir uns das in diesem Ausmaß allen Ernstes leisten? Haben wir nicht andere Probleme: Täglich gehen Arbeitsplätze verloren, die Wohnungsnot ist unerträglich geworden und spaltet unsere Kommune längst in Arm und Reich, wir brauchen mehr Geld für Kinderbetreuung, für den Bau neuer Schulen und Sportstätten, für die Pflege alter und kranker Menschen – für eine personelle Aufstockung und auch bessere Bezahlung genau derer, die sich um die Versorgung eben dieser Menschen kümmern und dafür mit einem Hungerlohn nach Hause gehen müssen – oder für den Erhalt der uns wichtigen kulturellen Einrichtungen, um nur einige Baustellen zu benennen, vor denen wir momentan stehen und auch noch eine ganze Weile stehen werden.

Kostendeckel von zwei Millionen

Wer die Finanzkonzeption für das Jubiläum studiert, muss feststellen, dass sie weiterhin sehr schmalbrüstig daher kommt. Da drängt sich mir das Bild eines hungrigen Restaurantbesuchers auf, der einen leckeren Fisch bestellt hat, auf dessen Teller aber nur Kopf und Gräten landen. Der Rest, erklärt ihm der Kellner achselzuckend, käme vielleicht später. Nur wenig scheint finanziell abgesichert und hängt wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Seit Jahren wird erklärt, es würden sich schon Sponsoren finden. Solange das aber nicht der Fall ist, Kolleginnen und Kollegen, stellen wir von der Linken Liste hiermit den Antrag, das Gremium möge beschließen, den städtischen Anteil für das Konziljubiläum vorerst auf maximal zwei Millionen Euro zu beschränken.

Kommen wider Erwarten zusätzliche Gelder aus EU- oder anderen Töpfen, soll uns das recht sein. Solange das aber nicht der Fall ist, verbietet es sich geradezu, finanzielle Höhenflüge zu tätigen. Das wäre ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang – zu Lasten der Steuerzahler, deren Gelder wir mit Bedacht und Weitsicht zu verwalten haben. Da ist kein Platz für Wolkenschiebereien aller Art.

Ein letztes noch: Von Anfang an wurde uns erklärt, das Konziljubiläum sei eng verbunden mit dem religiösen Geschehen jener Zeit. Dem stimme ich zu. Logisch wäre demzufolge für mich aber, wenn die milliardenschweren Glaubenskonzerne in unserem Land sich an den Feierlichkeiten finanziell in großem Umfang beteiligen würden. Doch davon kann ich in dem uns vorliegenden Finanz-Papier nichts entdecken. Eine Partnerschaft, werte Geistlichkeit, sieht anders aus. So bleibt der Eindruck, dass die Kirchen das tun, was sie schon immer hervorragend verstanden haben: Für ihre ureigensten Belange andere zur Ader zu lassen.

gehalten zu Konstanz am 20. 12. 2012 n.