Konziljubiläum: Kritiker und Konfessionslose dürfen mitzahlen

Mindestens sechs Millionen Euro will die Stadt für das geplante Jubiläum ab 2014 ausgeben. Wer gedacht hätte, die Kirchen als ausgewiesene Partner beteiligen sich finanziell an den Feierlichkeiten, täuscht sich. Die geistlichen Herren bieten zwischen 2014 und 2018 mehrere Gottesdienste an, das ist es dann aber schon. Zahlen für das Spektakel dürfen andere. Hier ein weiterer Debattenbeitrag zum Thema

Konzil-Jubiläum: „Ein bisschen Spielraum schadet nie…“
Warum drückt sich die Stadt vor einer klaren Obergrenze?

Zweifelsohne: Ein mehrjähriges Großereignis fordert jede Stadt heraus. Und so ist es auch verständlich, dass man sich in Konstanz müht, klare Zahlen in Sachen Kosten für das Konziljubiläum zu nennen, das von 1414 bis 1418 nicht nur Ruhm, sondern auch Schande über die damalige Bodensee-Metropole brachte. Beteiligungen von unterschiedlichster Seite sind zugesagt, von Land bis zur EU gibt es Zuschüsse für ein außergewöhnliches Erinnern an die Zusammenkunft von katholischer Kirche, die inhaltlich am Ende nur wenig Veränderungen mitbrachte, dafür aber mehreren Ketzern das Leben kostete und den klerikalen Machtapparat stärkte.

Dass solch eine Feier, die in erster Linie zum kritischen Gedenken und Hinterfragen gedacht sein sollte, gut vorbereitet sein muss, zeigt sich an der intensiven Arbeit der gesondert eingerichteten Gesellschaft und der Arbeitsgruppen, die das Management und die fachliche Ausrichtung in ihren Händen tragen. Obwohl manche Gemeinderäte gefordert hatten, die Aufwendungen eindeutig zu beziffern, gelang dies bis heute nur schleppend. Sind solche Ausgaben überhaupt gerechtfertigt? Und wie steht die Bevölkerung dazu? Bisher erlebte man wenige Stimmen aus der Bürgerschaft, die sich geäußert haben. Dabei ist in einer zunehmend pluralistischen Einwohnerschaft sicher umstritten, in welchem Umfang ein vorwiegend kirchliches Jubiläum mit Staatsgeldern aus Steuermitteln finanziert wird.

Dass der Oberbürgermeistere in der aktuellen Sitzung des zuständigen Ausschusses eine Obergrenze des Etats abgelehnt hat und sich einen Spielraum einräumen will, ist eine nicht unumstrittene Haltung. Jede solide Planung sollte eine verlässliche Perspektive beinhalten – auch wenn bundesweite Großprojekte derzeit einen anderen Eindruck vermitteln. Sechs Millionen Euro sind eine erste genauere Schätzung, die aber weiterhin mit einem mehr oder weniger großen Puffer versehen sein wird. Besonders anstößig bleibt nicht nur, dass die Transparenz zwischen dem, was die Kirche auch bei möglicherweise unerwartet steigenden Ausgaben tatsächlich beizusteuern bereit ist – und damit die Aufgabenverteilung von Verantwortlichkeit zwischen Kirche und Staat zusätzlich verschwimmt. Denn gleichermaßen muss auch von den inhaltlichen Schwerpunkten gefragt werden: Wie viel von dem, was bisher an programmatischen Mittelpunkten bekannt geworden ist, darf auch kirchenkritisch sein?

Evangelische und katholische Kirche, aber auch die Arbeitsgemeinschaft der christlichen Kirchen und anderer Religionen haben sich gemeinsam auf die Suche nach einer unterschiedlichen Beleuchtung des Konziljubiläums gemacht. Wenngleich von protestantischer Seite durchaus ein Augenmerkt darauf gelegt wurde, dass die Schattenseiten des vierjährigen Treffens in aller Deutlichkeit angesprochen werden, bleiben Konfessionsfreie und Freidenkende in der Gestaltung der Feierlichkeiten eher im Hintergrund gedrängt. Selbst wenn man davon ausgehen kann, dass sich auch Gruppierungen und Vereine mehr oder weniger offiziell einbringen werden, die den Festivitäten durch aktuelle Themen wie Missbrauchsskandal, Abweisung von vergewaltigten Frauen aus katholischen Krankenhäusern oder die immerwährende Fragen Nach Zölibat, Laienbewegung und Ausschluss von Ehebrechern und anderen Sündern von der Eucharistie einen nachdenklichen Beigeschmack verpassen wollen, bleibt bedauerlich, dass ein näheres Zugehen auf solche Projektpartner offenkundig nicht automatisch erfolgt ist.

Auch Humanisten und Atheisten zahlen das große Fest nun mit, das zweifelsohne auch historische, kulturelle und für die heutige Entwicklung der Stadt wirtschaftliche und populäre Bedeutung hat. Gleichermaßen muss die Feststellung erlaubt sein: Eine Gleichberechtigung zwischen Kirchen und säkularen Organisationen ist bei diesem „Event“ nicht zu erkennen – und das obwohl die statistische Verteilung der Religionen und nicht Gläubigen auch in Konstanz eine andere Sprache spricht. Die generelle Bevorteilung der Glaubensgemeinschaften ist in Deutschland bis heute ein Problem, das durchaus auch ungerechte und diskriminierende Züge annimmt. Gerade, wenn staatliche Institutionen und Verwaltungen in kirchliche Aktivitäten eingebunden sind, bedarf es eines ausdrücklichen Feingefühls. Hilfreich ist dabei sicherlich nicht, wenn man sich nicht einmal auf eine Obergrenze an staatlicher Beteiligung festlegen kann.

Es ist kein Geheimnis: In Konstanz hat die Kirche nicht nur weiterhin erheblichen Machtanspruch bei der gesellschaftlichen Mitsprache. Auch die Verwobenheiten zwischen mancher Partei und kirchlichen Organisationen ist unübersehbar. Es waren nicht zufällig bekannte Stadträte, die sich beispielsweise über eine unbekleidete Papst-Figur im Bahnhof empörten oder eben auch bei Fragen der Finanzierung des Konziljubiläums bewusst im Nebel zu stochern schienen und auf ewige Verschiebung von Entscheidungen drängten. Ohne die gegenseitige Unterstützung scheint es nicht zu funktionieren – und da nimmt der unabhängige Politiker auch so manche weisende Bindung pro Kircheninteressen in Kauf. Dass man mit der Großveranstaltung auch Aufmerksamkeit und Ansehen auf die Bodenseestadt lenken will, ist sicherlich ein gut gemeinter Gewinn. Letztendlich wird Konstanz mit 2014 und im Folgenden aber gleichzeitig an geistiger und geistlicher Weitsichtigkeit einbüßen.

Autor: Dennis Riehle

Schauen Sie auch auf die Webseite www.dennis-riehle.de.