Ein Veranstaltungstempel soll kommen – irgendwann

Das wird, so scheint’s, zur Lieblingsidee des Konstanzer Oberbürgermeisters. Uli Burchardt zog alle Register, vermied keine rhetorische Volte, um ein Veranstaltungs-/Konzert-/Kongress-Haus im Gemeinderat durchzusetzen. Nicht unerwartet folgte ihm eine deftige Mehrheit (30 Ja-, 5 Neinstimmen, 1 Enthaltung), um die Vorstellung eines Veranstaltungstempels „völlig neu zu denken“

Ansonsten arbeitete man sich an der 23-Punkte-Tagesordnung redlich ab: Der launige, gleichwohl kritische Tätigkeitsbericht des Behindertenbeauftragten Conrad Schechter wurde wohlwollend zur Kenntnis genommen, ohne dass eine Neubestellung erfolgte; für die Suche nach einem neuem Geschäftsführer für die Stadtwerke soll ein Headhunter engagiert werden, ohne dass irgendwer im Ratssaal wüsste, was ein solcher „Kopfjäger“ ist und was er tut; ein Wirtschaftsausschuss soll neben dem Haupt- und Finanzausschuss installiert werden, ohne dass Einigkeit über Aufgabenbereich und Zusammensetzung dieses Gremiums erzielt wurde; zwei von zahlreichen Projekten zu den Konzilfeierlichkeiten sollen in Angriff genommen werden (ein Video-Projekt und die Ausstellung im Rosgartenmuseum), ohne dass über das Gesamtkonzept entschieden wurde.

Es wäre eine frustierende Veranstaltung geworden, wenn nicht in der „Bürgerfragestunde“, die heuer die vorgeschriebene 15-Minuten-Frist deutlich überschritt, Mitglieder von Behindertenverbänden aufgestanden wären (s. Foto), um Nachbesserungen in der Begegnungszone am Konstanzer Bahnhof zu fordern. Kümmerlich allerdings die Entgegnung von Baubürgermeister Werner: Eine Arbeitsgruppe kümmere sich um diese Vorschläge, kurzum: „Wir sind dran“. Danke, sagten dann auch die Protestierer.

Eine alte Idee völlig neu denken

Mehr als ein Dutzend wohl vorbereiteter Wortbeiträge gab es zum Kernthema der Sitzung: „Veranstaltungshaus für Konstanz – weiteres Vorgehen“. Von freudiger Zustimmung (Müller-Fehrenbach, CDU) bis zu deutlicher Ablehnung (Reile, LLK, und Beyer-Köhler, FGL) reichte die Palette der Diskussionsbeiträge. Die große Mehrheit des Gemeinderates jedoch gefiel sich einmal mehr in der Rolle der „Sowohl-Als-Auch-Sager“.

Roland Wallisch (FGL) fragte sich und andere, was die Konstanzer wohl wollen. Er forderte darum ein „Betriebssystem zur Bürgerbeteiligung“. Immer noch verschreckt vom ablehnenden Bürgerentscheid zum KKH, mühten sich die Stadträte, ihre Bürgernähe unter Beweis zu stellen. „Keinen Blick zurück im Zorn“ versprach Wolfgang Müller-Fehrenbach (CDU) und „Wir fangen neu an“ sicherte Jürgen Faden (FWG) zu. Jürgen Leipold (SPD) immerhin forderte, „keinen dritten Anlauf unter neuem Etikett“ zu starten. Er schlug vor, die Diskussion in drei Schritten zu führen: Erst um Nutzung, dann über den Standort und schließlich über die Finanzierung zu sprechen.

Deutlich gegen das Projekt sprach sich einzig Holger Reile (LLK) aus. Er warnte davor, „Steuergelder für die Befriedigung von Einzelinteressen zu vergeuden“ und nannte die Aufgaben, die vordringlich zu bewältigen seien: Schulen, Kitas, Wohnungen, Pflege, Verkehr. Die Stadt „darf nicht in Sippenhaft genommen werden“, mahnte er. Die Bemerkung von OB Burchardt im Anschluss an diesen Wortbeitrag („Kommt jetzt ein Amen ?“) empfanden viele der zahlreichen Zuhörer als deplaziert.

Der Eindruck täuscht wohl nicht, dass der Gemeinderat trotz seiner mehrheitlichen Zustimmung gehörige Bauchschmerzen und Verständigungsprobleme mit diesem Projekt hat. Deutlich wurde das bei einem Beitrag während der Bürgerfragestunde: Da fragte ein Student, wie das denn nun mit der Bürgerbeteiligung sei. OB Burchardt antwortete nassforsch: Das sei doch mit der Bürgerbefragung erledigt. Kennt nicht einmal der Oberbürgermeister, kennt womöglich nicht einmal der Gemeinderat den Unterschied zwischen Bürgerbeteiligung, Bürgerbefragung und Bürgerentscheid?

Autor: hpk