Was ist ein Headhunter – und wenn ja, warum?
Die Stadt versucht im zweiten Anlauf, einen Geschäftsführer für die Stadtwerke Konstanz GmbH zu finden. Die Vorauswahl der hoffentlich richtigen Kandidaten soll dieses Mal durch einen Headhunter vorgenommen werden. An sich eine gute Idee. Allerdings offenbarte die Diskussion im Gemeinderat zu diesem Tagesordnungspunkt eines schonungslos: erschreckende Ahnungslosigkeit der Räte über die Arbeitsweise von Headhuntern. …
Zur Erinnerung: Die Position des Geschäftsführers ist erneut vakant, seitdem Ole Bested Hensing, der designierte Nachfolger von Konrad Frommer, sein Amt noch vor Dienstantritt wieder niedergelegte. Nun soll es also ein Headhunter richten. Dafür gab es nach langer Aussprache in der Gemeinderatssitzung am 31. Januar eine knappe Mehrheit von 19 zu 15 Stimmen.
Und das, obwohl die Mehrzahl der anwesenden Ratsmitglieder nicht den Eindruck hinterließ, über die Arbeitsweise von Headhuntern und deren Einsatzfelder sonderlich gut informiert zu sein. Was aber wohl auch auf das bisher eingeschlagene öffentliche Ausschreibungsverfahren zutrifft, das unter Beteiligung einer aus Mitgliedern des Aufsichtsrats bestehenden Findungskommission vom Personalamt durchgeführt wurde, das sich dabei durch eine externe Unternehmensberatung unterstützen ließ. Bei etwas besserer Vorbereitung der einzelnen Ratsmitglieder auf diesen Tagesordnungspunkt hätte die Frage, ob das neue Verfahren wirklich einen „deutlichen Verlust an Transparenz und Kontrolle“ (Südkurier) mit sich bringt, sachgerecht diskutiert werden können.
Dann hätte auch der Frage nachgegangen werden können, wieso das in der ersten Findungsrunde praktizierte Ausschreibungsverfahren Kosten verursacht hat, die irgendwo zwischen 25.000 und 50.000 Euro gelegen haben. (Wer genau weiß, welches Gehalt mit Ole Bested Hensing ausgehandelt war, kann selbst nachrechnen und die exakte Summe ermitteln: Die entstandenen Kosten sollen etwa 25 Prozent seines Jahresgehaltes ausgemacht haben, was auch dem Honorar des nun einzusetzenden Headhunters entspricht).
So aber blieb es bei Unmutsbekundungen darüber, als Gemeinderat eventuell nur noch einen einzigen Kandidaten präsentiert zu bekommen, den es lediglich abzunicken gilt. Was viel Misstrauen gegenüber dem Aufsichtsrat der Stadtwerke Konstanz GmbH signalisiert (u.a. OB Burchardt, Bürgermeister Werner und acht Gemeinderatsmitglieder) – aber rein gar nichts mit der Einschaltung eines Headhunters zu tun hat.
Ein guter Manager lässt sich finden – und sucht nicht selbst
Im Ergebnis scheint hier zunächst die bestmögliche Entscheidung gefallen zu sein. Denn LeistungsträgerInnen verbringen ihre karge Freizeit nicht damit, die einschlägigen Zeitungen nach Stellenausschreibungen zu durchforsten. Und verschicken auch nicht auf jedes in Frage kommende Inserat Bewerbungsunterlagen. Das ist ab einem bestimmten Gehaltsniveau unüblich und auch gar nicht nötig, da Führungskräfte – wenn sie gut sind – ohnehin daran gewöhnt sind, immer mal wieder von Headhuntern kontaktiert zu werden.
Wer um die Bedeutung von klugen Personalentscheidungen weiß, tut gut daran, die Suche auch auf jene Manager auszudehnen, die einen herausfordernden Job haben und nicht bereits auf dem Absprung sind. Und hier kommt der Headhunter ins Spiel, der an sich zufriedene Manager erst dazu bringt, die Option eines Wechsels ins Auge zu fassen. Der dafür den Kandidaten – die zurecht ihre derzeitige Position nicht leichtfertig aufs Spiel setzen wollen – selbstredend absolute Vertraulichkeit zusichern muss, bevor die Entscheidung gefallen ist. Dieses in der Wirtschaft seit langem übliche Verfahren stößt zwar bei kommunalen Unternehmen noch immer auf Vorbehalte und Berührungsängste, setzt sich allmählich aber auch im öffentlichen Sektor durch, vor allem in kommunalen Tochterunternehmen.
Kommunales Amt oder Manager?
Nein, es ist durchaus keine Schande, sich erfolglos für ein öffentliches Amt zu bewerben, wie in der Ratssitzung betont wurde. Aber mit Verlaub: Wir suchen hier nicht den neuen Vorsitzenden einer Konstanzer Narrengesellschaft, sondern den Geschäftsführer einer GmbH mit über 700 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von circa 150 Millionen Euro. Von einem kommunalen Top-Manager erwarte ich einiges mehr, als dass er sich gebauchpinselt fühlt, überhaupt in die engere Wahl gezogen worden zu sein.
Die momentan vakante Position umfasst schwerpunktmäßig die Geschäftsfelder Mobilität & Freizeit, zu denen auch die Abteilungen Personal, Organisation und IT sowie Controlling und Rechnungswesen gehören. Und gerade die beiden letztgenannten Arbeitsbereiche sollten uns aufhorchen lassen: Vor gar nicht so langer Zeit haben die Stadtwerke bei derivativen Finanzgeschäften annähernd zwei Millionen Euro verloren. Es ist an der Zeit, für dieses Unternehmen nach einem erfahrenen Manager zu suchen, der Strukturen einzieht, die derartige Fehlentscheidungen verhindern. Der auch weiß, dass ein bei Vertragsabschluss durchaus sinnvolles Geschäft über dessen gesamte Laufzeit überwacht werden muss, was sowohl für Rohstoffdeals als auch für mit Wechselkursrisiken behaftete Darlehensaufnahmen in Schweizer Franken gilt.
Die Verantwortung lässt sich nicht auslagern
Aber lassen wir uns nichts vormachen: Die Entscheidung für die Beauftragung eines „Executive Search Consultant“ – so der Fachausdruck, der sich auch weniger anstößig anhört als „Kopfjäger“ und womöglich Vorbehalte minimiert – ist lediglich der erste Schritt im Findungsprozess. Die nächste zu nehmende Hürde stellt die Auswahl des richtigen Unternehmens dar: Kein leichtes Unterfangen auf einem Markt von circa 5 000 miteinander um die besten Mandate konkurrierenden Beratern.
Danach geht es um die größtmögliche Offenheit bezüglich der Ecken und Kanten der Stadtwerke Konstanz. Nur wenn er richtig gebrieft wird, kann der Berater ein Gefühl dafür entwickeln, welcher Kandidat in die Unternehmenskultur und das lokalpolitische Umfeld passt. Wer hier schummelt, eventuell schwer zu knackende, verkrustete Strukturen großzügig unter den Tisch fallen lässt, macht einen gravierenden Fehler. Schließlich muss nicht nur der Skill, sondern auch die Chemie stimmen.
All‘ dies fällt in die Verantwortung des Aufsichtsrates, der die entsprechenden Anforderungen aufstellt. Und da sich ein Kandidat niemals allein auf die Aussagen des Beraters verlassen, sondern im Gespräch mit dem Unternehmen selber die Fragen stellen wird, von denen er seine Entscheidung abhängig machen will – ist auch hier wieder der Aufsichtsrat gefordert. Der auch Einfluss darauf nehmen kann, wie viele Kandidaten dieses Gremium selbst kontaktieren will und – aufgepasst all jene, die eine Einschränkung von Transparenz und Einflussnahme befürchten – darüber entscheidet, wer dem Gemeinderat zur Bestellung präsentiert wird.
Schief gewickelt – um es einmal salopp auszudrücken – wären also jene, die glauben, durch die Einschaltung eines Beraters die Verantwortung für die gesamte Neuverpflichtung nonchalant abgeben zu können. Sollte es nochmals zu einer „Pleite“ (O-Ton Südkurier) wie bei Ole Bested Hensing kommen, wird sich niemand hinter dem Berater verschanzen können, der lediglich die Kontakte geknüpft hat.
Top-Leute werden nun ohnehin bei diesem Zweitversuch nur noch schwer zu finden sein: Jeder potentielle Kandidat wird sich im Internet darüber schlau zu machen versuchen, was ihn in Konstanz erwartet. Und dabei in der Heimatpresse auf manch‘ Befremdliches stoßen: nicht nur über den wenig souveränen Umgang mit der Causa Bested Hensing. Im Nachgang der Gemeinderatssitzung war dort auch die im Rat geäußerte – durchaus amüsante – Idee nachzulesen, in Verträge von kommunalen Topmanagern zukünftig Strafen für den Fall des Nichtantritts festzuschreiben. Es gibt leichtere Hypotheken.
Anmerkung in eigener Sache:
Beim Verfassen dieses kleinen Artikels überfiel mich immer just in dem Moment eine Schreibblockade, wenn es um die Buchstaben „in“ im Zusammenhang mit „Geschäftsführer“ und „Kandidat“ ging. Da nicht auszuschließen ist, dass mein Realitätssinn diese Blockade ausgelöst hat – eine Frau als Geschäftsführerin der Konstanzer Stadtwerke gehört wohl noch immer ins Reich der Phantasie – habe ich sie nicht bekämpft und auf geschlechtsneutrale, aber realitätsferne Formulierungen verzichtet.
Autorin: Sabine Bade
@Gernot
Das Honorar für den Headhunter so lange einbehalten, bis eine gewisse Verweildauer des vom Auftraggeber auserkorenen Kandidaten im Job erreicht ist??
So funktioniert die Branche nicht!
Wäre auch absurd, denn der Headhunter hat ja keinen Einfluss darauf, welchen der von ihm vorgestellten Kandidaten der Auftraggeber (Ausichtsrat der Stadtwerke) letztlich wählt.
Der Headhunter wird gezahlt, falls ein Vertrag zwischen Auftraggeber und Kandidaten zustande kommt.
Und wenn der Aufsichtsrat, der ja keine „Abnahme-Verpflichtung“ hat, die verkehrte Wahl trifft, trägt er, bzw. wir alle, dafür auch das wirtschaftliche Risiko.
@ metapha und gerdjmoersch
„Fein raus“ aus der Verantwortung für eine schiefgelaufene Personalentscheidung kann der Aufsichtsrat nur jenen Gemeinderäten erscheinen, die nicht verstehen, wie Headhunter arbeiten.
ein „guter“ headhunter ist sicher sein geld wert.
es müsste eben vereinbart werden, dass das honorar stufenweise ausbezahlt wird.
wenn der kandidat nach einem jahr den hut nimmt, sollte die hälfte einbehalten werden.
@methaha
Ihren Kommentar kann ich voll zustimmen.
Ein Headhunter ist vor allem daran interessiert irgend jemand unterzubringen, denn bei jeder erfolgreichen Vermittlung bekommt er seine Provision. Ein Headhanter hat seine Vermittlungsinteressenten gelistet, die von ihm vermittelt werden wollen. Aber er kann auch aktiv werden, um Verwaltungsfachleute persönlich anzusprechen. Für ihn steht nicht die Qualität des Vermittelten im Vordergrund, sondern der Vertragsabschluss.
Die Stadträte irren, wenn sie meinen, sie bekommen hierdurch eine entsprechende Personalqualität. Es wird nur leichter die Verantwortung bei auftretenden Personalproblemen anderen zuzuschieben. Wichtig wäre, dass nicht alleine die Räte über eine Einstellung entscheiden. Hier sollten vor allem Verwaltungsfachleute die Personalauswahl treffen.
Der Gemeinderat – zumindest ein großer Teil – scheint Ahnungslosigkeit geradezu zu seinem Steckenpferd zu machen. Um Entscheidungen herbeizuführen oder solche zu treffen, bedarf es einer gewissen Grundlage und zumindest eines Basiswissens im jeweiligen Themengebiet. Sich dieses Wissen anzueignen ist eine Art Holschuld der Räte und keine Bringschuld. Sicherlich kann niemand auf allen Gebieten über ein solches Wissen verfügen und muss sich deshalb zwangsläufig auch extern beraten lassen. Wer sich in seiner Ahnungslosigkeit dann aber vollständig auf externe Berater verlässt, ist diesen dadurch meist auch völlig ausgeliefert. Allerdings kann er sich dann auch darauf berufen und muss keine persönliche oder politische Verantwortung für Fehlentscheidung übernehmen. Dann ist man fein raus..
Das es keine direkten Bewerber für diesen einigermaßen interessanten Posten zu geben scheint hängt evtl.auch damit zusammen, das die Stadt Konstanz sich in letzter Zeit und vehement einen „gewissen Ruf“ erarbeitet hat.
Kluge „Köpfe“ informieren sich schon im Vorfeld einer evtl. Bewerbung über die Bedingungen vor Ort um eine persönliche Entscheidung zu treffen – diesbezüglich haben sie diesem Gemeinderat etwas voraus.