Am Donnerstag wird gestreikt…
…und die Polizisten machen mit, wenn sich um 12 Uhr Landesbeschäftigte auf der Konstanzer Marktstätte zur Streikkundgebung treffen. Denn von 10 bis 14 Uhr organisiert die Gewerkschaft ver.di einen Warnstreik an der Universität, im Zentrum für Psychiatrie Reichenau (ZPR), der Polizeidirektion z.B. Die Beschäftigten machen so Druck auf die Tarifgemeinschaft deutscher Länder, die bisher kein Angebot vorgelegt hat
Es geht in der laufenden Tarifverhandlung vor allem um 6,5 Prozent mehr Gehalt und um die Sicherung des Urlaubsanspruches von 30 Tagen (seemoz berichtete) für die nicht beamteten Landesbeschäftigten. Und es geht um die Übernahme eines ab März geltenden Tarifvertrag-Ergebnisses für die Beamten. Doch davon will auch die neue Landesregierung nichts wissen. „Die Beamten sollen zum Sparschwein gemacht werden“, schimpft Bertold Maier, Geschäftsführer im ver.di-Bezirk Schwarzwald-Bodensee. Und er meint damit ausdrücklich nicht nur die Lehrer, deren Arbeitsplätze wegrationalisiert werden sollen, sondern auch die Polizisten.
Die sind zwar in der Mehrzahl verbeamtet und dürfen deshalb nicht streiken, aber sie können an Protestaktionen wie der auf der Marktstätte teilnehmen. Und wollen das auch reichlich tun, wie die ver.di-Verantwortlichen hoffen. Insgesamt rechnet die Gewerkschaft mit bis zu 150 Teilnehmern am Donnerstag auf der Marktstätte.
Unter ihnen sicherlich viele Beschäftigte aus dem Zentrum für Psychiatrie Reichenau (ZPR). Denn für sie und ihre KollegInnen der anderen Zentren (ZfP) des Landes geht es noch um zwei Tage Zusatzurlaub. Bislang gibt es 30 Urlaubstage für alle – die öffentlichen Arbeitgeber aber wollen den Anspruch um vier Tage reduzieren. Die Gewerkschaftsforderung für ZfP-Beschäftigte aber lautet: Zwei Tage Zusatzurlaub.
Und die Reichenauer Personalräte Edith Eberhardt und Christoph Reichert wussten auf einer gestrigen Pressekonferenz diese Forderung auch zu belegen: „Die Anforderungen an Schwestern und Pfleger haben sich auch durch Neuerungen in der psychiatrischen Behandlung stark gewandelt“. „Der Ärztemangel hat dazu geführt, dass Pfleger verstärkt therapeutische Aufgaben übernehmen müssen“. „ZfP-Beschäftigte verdienen noch weniger als ihre KollegInnen in kommunalen Krankenhäusern“. „Einen Pflegenotstand gibt es nur in Deutschland – in der Schweiz nicht. Warum wohl?“
Nicht nur die ZfP-Beschäftigten sind sauer, nicht nur die PolizistInnen fürchten, abgehängt zu werden, alle Landesbediensteten streiten in diesen Tagen für mehr Gehalt und bessere Arbeitsbedingungen. Die dritte Verhandlungsrunde mit den öffentlichen Arbeitgebern findet am 7./8. März statt. Rechtzeitig davor, am Freitag, 5. März, wird es darum einen weiteren Warnstreik in Konstanz und Umgebung geben. Der soll dann aber den ganzen Tag dauern.
Autor: hpk
Das Bild zeigt v.l.n.r.: Margrit Zepf (ver.di), Christoph Reichert (ZPR), Edith Eberhardt (ZPR), Christian Filusch (ver.di) und Berthold Maier (ver.di)
Weiterer Link:
Warum die ZfP-Beschäftigten auf der Reichenau zum Streik bereit sind
Ihre Solidarität mit den Streikenden des Zentrums für Psychiatrie Reicghenau hat mich sehr gefreut. Vielen, vielen Dank!
Die Selbsthilfegruppen zu Zwängen, Ängsten und Depressionen im Landkreis Konstanz solidarisieren sich mit den Forderungen der Beschäftigen des „Zentrums für Psychiatrie Reichenau“, die in dieser Woche in Warnstreik treten wollen. Gruppenleiter Dennis Riehle, Sprecherrat des Selbsthilfenetzwerkes KOMMIT, erklärt: „Bei dem Anspruch auf zwei Tage Sonderurlaub handelt es sich keineswegs um eine ungerechte Bevorzugung einer bestimmten Berufsgruppe. Viel eher wird damit dem Umstand Rechnung getragen, dass die Mitarbeiter in psychiatrischen Einrichtungen einer besonderen körperlichen und seelischen Herausforderung ausgesetzt sind. Urlaub sind nach allgemeinem Verständnis Tage, um sich zu regenerieren und neue Kraft zu sammeln.
Gerade in sozialen und medizinischen Diensten, aber auch bei körperlich anspruchsvollen Arbeiten braucht es übermäßige Konzentrationsfähigkeit und Sorgfalt, die durch entsprechende Zugeständnisse an die Beschäftigten gewährleistet werden muss. Es ist gerade unter dem Aspekt der Planung, die derzeit 30 Urlaubstage auf 26 zu kürzen, überaus angemessen, auf den besonderen Belastungsdruck hinzuweisen, der eine Vielzahl von einfachen Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst trifft. Der nun nach außen getragene Protest ist ein verständnisvoller Weckruf, der gesamtgesellschaftlichen Leistung und Verantwortung von Bediensteten in helfenden und dienstleistenden Funktionen mehr Anerkennung und Aufmerksamkeit entgegen zu bringen.