Öffnen Sie endlich die kirchlichen Gärten, Herr Dekan!
Die Zeit drängt und das Organisationskomitee für das Konziljubiläum kommt gehörig unter Druck. Fast wöchentlich werden Vorhaben verschoben oder sogar ganz gestrichen. Das führt auch dazu, dass man nahezu panisch nach neuen Projekten sucht. Die Lädine auf dem Konzilvorplatz ist abgesoffen, nun soll ein mittelalterlicher Kräutergarten dort entstehen. Keine schlechte Idee, aber das Konzilvorfeld taugt dazu nicht, eher schon die bislang verschlossenen kirchlichen Gärten
Spätestens seit der Sitzung des Betriebsausschusses Konzil am vergangenen Donnerstag weiß man: Das Programm für das anstehende Konziljubiläum löst sich langsam in seine Einzelteile auf. Allmählich bricht Hektik aus, denn das Jubiläum biegt langsam auf die Zielgerade ein. Die mittelalterliche Garküche ist ganz gestrichen und die Lädine, für die man je nach Ausstattung und Aufwand bis zu 400 000 Euro ausgeben wollte, ist wohl endgültig versenkt. Geplant war, auf dem Konzilvorfeld eine Schauwerft aufzubauen. Damit im direkten Zusammenhang stand die Absicht von Baubürgermeister Kurt Werner, den Platz einzuebnen und ihn für rund 1,5 Millionen Euro werftfertig herzurichten. Massiver Protest aus der Bevölkerung hat das durchsichtige Vorhaben gestoppt. Der Rasen bleibt und nur die beschädigten Gehflächen werden ausgebessert.
Nun kamen die schnappatmenden Jubiläumsorganisatoren auf eine neue Idee: Auf der Wiese vor dem Konzil würde man gerne mittelalterliche Kräuter zum Wachsen bringen. Nichts dagegen, aber es gibt geeignetere Plätze dafür als die Rasenfläche vor dem Konzil. Dort tummeln sich das Jahr über mehrere hunderttausend Menschen und nutzen vor allem zur Sommerszeit auch die Wiese als Liegefläche. Man muss kein Schwarzseher sein: Ziemlich sicher ginge es den gewünschten Konzilkräutern recht bald empfindlich an die Wurzeln, wenn auf ihnen herum getrampelt wird und historisch ahnungslose Köter ihr scharfes Blasenwasser über den Gewächsen abschlagen.
Sehr viel besser eignet sich eine andere Örtlichkeit – zum Beispiel die Rückseite des Münsters und die Öffnung der bislang der Öffentlichkeit verschlossenen Gärten und Höfe in der Hofhalde oder an der Konzilstraße. Vor allem der Garten an der östlichen Rückseite des Münsters wäre geradezu prädestiniert für einen mittelalterlichen Kräutergarten. Auch wegen seiner Lage: Von dort ist die Pyramide mit den römischen Kastellresten schnell erreichbar und auch die Niederburg, ältester Konstanzer Stadtteil, ist nur einen Steinwurf entfernt.
Schon vor knapp einem Jahr hat Brigitte Leipold (SPD) die Öffnung der kirchlichen Liegenschaften gefordert. Der konservative Bürgerblock, und da vor allem Alexander Stiegeler (FWG) und Wolfgang Müller-Fehrenbach (CDU), witterten linksradikale Enteignungsgelüste und monierten den ungebührlichen Tonfall gegenüber der hohen Geistlichkeit. Stiegeler plädierte zwar dafür, die Rückseite des Münsters während der Konzilfeierlichkeiten erlebbar zu machen, fürchtete aber auch, der kirchliche Grundbesitz könnte somit dem „verrohtem öffentlichen Fußgängerverkehr“ zum Fraß vorgeworfen werden, wie Südkurier-Redakteurin Claudia Rindt am 5.3.2012 berichtete.
Dennoch beauftragte der Gemeinderat im März 2012 die Stadtverwaltung, mit dem Grundstückseigentümer, der Erzdiözese Freiburg, über einen öffentlichen Zugang zu verhandeln. Was ist daraus geworden? Die Auskunft des Konstanzer Liegenschaftsamtes gibt nicht viel her. Man habe zwar „Gespräche geführt“, aber von einer Entscheidung in der Sache könne nicht die Rede sein. Doch genau diese Entscheidung ist überfällig. Aber der Konstanzer Klerus bockt und glaubt, seine althergebrachten und fragwürdigen Privilegien mit Zähnen und Klauen verteidigen zu müssen. Münsterdekan Mathias Trennert-Helwig befürchtet wohl immer noch, eine Öffnung der Gärten und Höfe würde allerlei gemeines Volk und Gelichter anziehen und das gelte es mit aller Macht zu verhindern. Mit Schaudern erinnert sich der Gottesmann daran, dass sich unweit seiner sakralen Gemächer einst ein beliebter Schwulentreff befand. Soviel Fleischeslust ist sogar einem katholischen Würdenträger und früherem Oberleutnant der Reserve suspekt.
Autor: H.Reile