Harte Zeiten für Abzocker

20130303-231150.jpgAusgerechnet in der als stock-kapitalistisch geltenden Schweiz brechen für Manager harte Zeiten an. Die Schweizer Stimmberechtigten haben am Sonntag der Volksinitiative „gegen die Abzockerei“ mit einer Mehrheit von 67,9 Prozent (bei einer Stimmbeteiligung von 46 Prozent) deutlich zugestimmt. Damit sollen künftig Millionengehälter, -Boni und -Abfindungen verhindert werden. Aber auch andere Volksinitiativen ließen am Wochenende aufhorchen

Die „Abzockerinitiative“ betrifft ausschließlich Kapitalgesellschaften. Die neuen Vorschriften legen fest, dass die Aktionäre künftig die Bezüge der Geschäftsleitung festlegen und nicht mehr – wie bisher – die Verwaltungsräte (Aufsichtsräte). Antritts- und Abgangsboni sowie Prämien bei Firmenkäufen oder Fusionen sind verboten. Bei Verstößen gegen diese Vorschriften drohen Geldbussen und Gefängnisstrafen.

Den Abstimmungserfolg kann sich vor allem Thomas Minder auf die Fahne schreiben. Der Zahnpasta- und Kosmetikhersteller aus Neuhausen am Rheinfall hatte die Volksinitiative alleine lanciert und vor fünf Jahren eingereicht. Unterstützung erhielt er in der Folge weder von der Schweizerischen Volkspartei (SVP), mit deren Hauptexponenten Christoph Blocher sich Minder anfänglich noch gut verstanden hatte, noch von den Gewerkschaften.

Sein größter – unfreiwilliger – Helfer im Abstimmungskampf der vergangenen Wochen war Novartis-Manager Daniel Vasella. Von dem bekannt wurde, dass er 72 Millionen Franken dafür erhalten sollte, dass er nach seinem Rücktritt von der Konzernspitze sechs Jahre lang nicht bei der Konkurrenz anheuern darf. Auch nachdem Vasella unter dem Druck der öffentlichen Meinung auf diesen Bonus verzichtete, konnte das den Initiativerfolg nicht mehr verhindern, obwohl der Wirtschaftsverband economiesuisse Millionen für die Gegenkampagne ausgab.

20 Prozent des Mehrwerts abliefern

Ebenfalls mit 62,9 Prozent komfortabel angenommen wurde die Revision des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes. Es soll der weiteren Zersiedelung der Landschaft entgegenwirken. Kernpunkt ist dabei eine Beschränkung der Baulandreserven der Städte und Gemeinden. Diese dürfen nur noch so groß ein, dass sie den Bedarf für die jeweils nächsten 15 Jahre abdecken. Baulandflächen, die diesen Bedarf überschreiten, müssen zu „Bauerwartungsland“ oder in die Landwirtschaftszone zurückgezont werden. Allerdings sollen die Eigentümer von der öffentlichen Hand für den dadurch entstehenden Wertverlust entschädigt werden.

Das Geld dafür soll aus Töpfen kommen, die mit Abgaben gefüllt werden, die bei einer Einzonung von Grundstücken in Bauzonen fällig werden. Vom dadurch entstehenden Mehrwert sollen Gemeinden und Kantone mindestens 20 Prozent bekommen. Im benachbarten Thurgau waren diese neuen Vorschriften nicht umstritten. Die Stimmberechtigten hatten bereits 2012 entsprechenden Regelungen im kantonalen Gesetz zugestimmt.

Für Nicht-Schweizer schwer nachzuvollziehen ist die Tatsache, dass der sogenannte Familienartikel als dritte sonntägliche Abstimmungsvorlage nicht umgesetzt werden wird, obwohl 54,3 Prozent der Abstimmenden sich dafür aussprachen. Das Vorhaben, die Förderung von Maßnahmen für die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Verfassung festschreiben zu lassen, scheiterte am Ständemehr. Dies bedeutet, dass die Befürworterinnen und Befürworter vor allem aus den bevölkerungsreichen, großen Kantonen kamen. Damit aber Volksinitiativen angenommen sind, müssen sie auch von der Mehrheit der Kantone angenommen werden. Also von mindestens 12 der 23 Kantone. Dieses Ziel hat der Familienartikel, der vor allem für mehr Kita-Plätze warb, nicht erreicht. Vor allem die ländlichen Kantone der Deutschschweiz lehnten das Begehren ab.

Kantone: Olympiatraum gestorben

Gestorben ist am Sonntag auch die Hoffnung der Wintersportorte St.Moritz, Davos und benachbarter Gemeinden auf Olympische Winterspiele 2022. Die Stimmberechtigten des Kantons Graubünden lehnten eine Bewerbung des Kantons um diese Winterspiele mit 54 Prozent Nein-Stimmen ab. Die Gegner des Projektes hatten mit der Umweltbelastung und hohen Kosten argumentiert. Kantonal ging es dabei am Sonntag um 300 Mio. Franken. St. Moritz und Davos wollten dafür zwar gerne weitere 22 Mio. Franken locker machen, aber nach dem kantonalen Nein ist ihr Olympiatraum geplatzt.

Autorin: Lieselotte Schiesser

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