Bewegung in der Begegnungszone. Aber wann?
Und er bewegt sich doch: zwar mehr gezwungen denn geläutert, aber immerhin: Baubürgermeister Kurt Werner will die „Begegnungszone“ am Konstanzer Bahnhof nachbessern. Das zumindest verrät seine schriftliche Vorlage zur heutigen Sitzung des Technischen und Umweltausschusses (TUA). Vor allem ein Querungsweg soll ausgebessert werden. Aber wann?
Die Fehleranalyse ist zwar nicht vollständig, aber ehrlich. Es hapert, so das Baudezernat, beim „Stadtboulevard“ an
- der Bewältigung des Busverkehrs
- der Beherrschung des Durchgangsverkehrs
- und des ruhenden Verkehrs, vor allem aber an
- Verbesserungen der Querungsmöglichkeiten
Zur Lösung des Busprobleme werden verschiedene Vorschläge und vier Varianten aufgelistet – immer geht es um Verkürzungen und manchmal um zusätzliche Nutzung der Haltestellen. Das ist im verquasten Beamtendeutsch reichlich undurchsichtig beschrieben und wird – wenn überhaupt – erst in einer mündlichen Erläuterung während der TUA-Sitzung (ab 16 Uhr, Technisches Rathaus, Laube) verständlich werden. Gleichwohl – man denkt über Verbesserungen nach.
Das gilt nicht für das Problem der Reduzierung des Durchgangsverkehrs. Da verweist die Vorlage lapidar auf eine Stärkung des P&R-Verkehrs. An zusätzliche Sperrungen oder Einschränkungen ist nicht gedacht – stattdessen wird das Prinzip Hoffnung beschworen. Auch für den ruhenden Verkehr – da wird beschwichtigend auf zusätzliche Verkehrskontrollen hingewiesen, die zukünftig verstärkt durchgeführt werden sollen. Keine neuen Ideen also: Man muss befürchten, dass es vor dem Bahnhof weiterhin an der Verkehrswurstelei bleiben wird.
Nur beim Übergang an der Marktstätte kommt auch der behäbigste Stadtplaner nicht umhin, konkrete Verbesserungen ins Auge zu fassen – die Kritik von Fahrgastbeirat, Stadtseniorenrat und Behinderten-Vertretern war wohl zu übermächtig, zu eindeutig: Jetzt wird vorgeschlagen, eine um 20cm erhöhte Asphaltquerung zu schaffen (s. Foto) – allerdings bloß auf einer Fläche von 120 Quadratmetern. Anderen Vorschlägen – ein Schild ‚Begegnungszone‘ oder Dunkelampeln aufzustellen – wird mit bürokratischen Argumenten widersprochen.
Und überhaupt – das alles dauert. Sollten überplanmäßig Gelder für diese Maßnahmen, deren Kosten noch gar nicht ermittelt sind, zur Verfügung gestellt werden, ist mit einer Realisierung frühstens im ersten Quartal 2014 zu rechnen. Das ist in genau einem Jahr! Na, Mahlzeit.
Das heißt: Die Flickschusterei in der vermeintlichen Begegnungszone wird fortgeführt, selbst minimale Verbesserungen werden über Gebühr gestreckt. Mit Verlaub: Eine 20-cm-Erhöhung der Querung schafft ein Drei-Mann-Bautrupp in zwei Tagen – wieso braucht dann das Baudezernat 12 Monate, um das zu planen? Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier Ideenlosigkeit und Bürokraten-Schluderei eine unselige Allianz eingegangen sind. Und das auf Kosten der Bürger, Verkehrsteilnehmer und Steuerzahler.
Wenn allzeit davon geschwafelt wird, man müsse Konstanz zum Konzil-Festival artig herausputzen – wo, wenn nicht hier am Bahnhofsplatz, am Einfallstor, der Visitenkarte der Stadt, sollte damit begonnen werden? Und zwar zügig.
Autor: hpk
Weitere Links:
Begegnungszonengrenze und andere tolle Ideen/
Und noch eine Mängelliste zur Begegnungszone
Nun kam es doch anders wie von Herrn Werner geplant.Ich war nach dem eigendlich konstruktieven Gespräch zwischen Herrn Werner und den Betroffenengruppen und Verbänden doch sehr erzürnt hier von dem tatsächlichen Inhalt der Vorlage zu lesen. Ich kann jetzt sehr gut den Unmut von Herrn Schechter verstehen. Der TUA ist nicht allein der Sitzungsvorlage gefolgt, sondern hat alle von den Betroffenen geforderten Maßnhmen für das Provesorium bewilligt. Danke, dass ihr so promt berichtet habt, danke an den TUA und an Herrn Fecker, der mit ganzen 6 Anträgen die Sache der Behinderten Menschen so engagiert vertreten hat. Es ist sehr wichtig, dass ihr von diesen Themen kritisch berichtet.
Wie ein Tanz auf dem Vulkan.
Die Begegnungszone am Konstanzer Bahnhof bleibt zunächst nur für sehr sportliche Menschen ohne Behinderung ein Platz zum Wohlfühlen.
Als im Jahr 2006 die UN Menschenrechtskonvention zu den Rechten Behinderter – mit dem Ziel ihnen die Teilhabe an allen gesellschaftlichen Prozessen zu garantieren – verabschiedet wurde, dauerte es noch 3 Jahre bis zum Inkrafttreten in Deutschland.
Wie in Baden-Württemberg mit dem Anspruch auf Inklusion verfahren wird, kann beispielhaft am Brennpunkt Schulentwicklung gesehen werden:
Am 19. Oktober 2012 mahnte die CDU Fraktion die grün-rote Landesregierung Baden-Württembergs in einer Presseerklärung – „Grüne und SPD dürfen die Umsetzung der inklusiven Beschulung nicht länger auf die „lange Bank“ schieben“ an, die im Koalitionsvertrag eingegangene Verpflichtung, eine Umsetzung der Inklusion zu realisieren, ernst zu nehmen. Das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderungen sei eine Selbstverständlichkeit. „Schulbauförderung, Schülerbeförderung und Barrierefreiheit, einvernehmlich lösen“.
Eine rasche, einvernehmliche Lösung für den Dreh- und Angelpunkt Begegnungszone am Bahnhof wäre wirklich für alle – insbesondere für behinderte Schülerinnen wünschenswert.
Und in diesem Kontext bleibt auch die miserable Querungsmöglichkeit am Zähringerplatz zu nennen. Die marode Fußgängerbrücke animiert kaum jemanden, sie zu benutzen. Die Kinder, die in der Gebhardt Schule und der Theodor Heuss Schule unterrichtet werden, vermissen ebenso ein barrierefreies Leitsystem zu den Bushaltestellen. (Die tiefen Spurrillen auf der Straße erfordern gar ein athletisches Sprungvermögen.)
Wo bleiben also die Blindenampeln für die Menschen, die auf sie angewiesen sind und so gerne am städtischen Leben teilnehmen möchten? Es ist schlicht verantwortungslos, wenn die kommunalpolitischen Entscheidungsträger nicht zur Tat schreiten, um die Mängel zu beheben.
Wenn ein Haus brennt, dann springt die Feuerwehr doch auf und schützt die Stadt, um einen Flächenbrand zu vermeiden.
http://fraktion.cdu-bw.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/artikel/pm-2222012-fuer-uns-steht-das-wohl-des-einzelnen-kindes-bei-der-inklusion-im-mittelpunkt.html
Übrigens in Singen gibt es einige Blindenampeln in der Nähe des Rathauses in der Hauptstraße.
Herr Werner hat in der Tat Betroffenenvertreter eingeladen und zugehört. Bei diesem Gespräch kam auch klar heraus, dass eine Dunkelampel absolut notwendig ist. Ohne diese Maßnahme bleibt die Querung der Straße weiterhin für für viele Menschen schwer bis unmöglich (vor allem Blinde, stark Sehbehinderte). Wir werden weiterhin am Ball bleiben, ihr könnt uns unterstützen. wir treffen uns erneut diesen Samstag 11 Uhr vor dem Bahnhof.