Bodensee-Arena: „Reichskapelle“ im Anmarsch

Nachdem seemoz über das bevorstehende Konzert der Südtiroler Rechtsrocker Frei.Wild berichtete hatte, zogen auch andere Medien nach. Seitdem glühen in einigen Redaktionsstuben in Deutschland und in der Schweiz die Telefone. Die umstrittene Band wehrt sich indes vehement gegen Vorwürfe, sie verbreite rechtsradikales Liedgut. Nicht nur Kenner der Szene sind da allerdings ganz anderer Meinung. Dennoch: So wie es aussieht, wird am 19. April dumpf-nationalistisches Textgebräu durch die Bodensee-Arena wabern

Schon am Montag hatte der Kreuzlinger Stadtammann Andreas Netzle im Namen des gesamten Stadtrates auf seemoz erklärt, dass man kein Interesse daran habe, in der stadteigenen Halle Gruppen auftreten zu lassen, „die radikale, menschenverachtende, diskriminierende, gewaltverherrlichende etc. Inhalte transportieren und ein Publikum anziehen, das wir in Kreuzlingen nicht haben wollen“. Netzle deutete auch an, dass er eine Auflösung des bereits bestehenden Mietvertrags mit dem Veranstalter des Frei.Wild-Konzerts nicht für ausgeschlossen halte. Der Verwaltungsrat, so Netzle weiter, würde „die Lage richtig einschätzen und rasch die notwendigen Schritte unternehmen“. Das klang kämpferisch und couragiert, doch Matthias Mölleney, Präsident des Verwaltungsrates der Bodensee-Arena, ist da weitaus vorsichtiger.

Auf seemoz-Anfrage sagte Mölleney (s.Foto), dass er von der Band „keine Ahnung“ gehabt habe. Ein langjähriger Mitarbeiter hätte ihm mitgeteilt, dass es sich bei Frei.Wild um eine „Erfolgsband“ handelte, die mittlerweile auch große Hallen fülle. Nun aber, „nach stundenlangen Internet-Recherchen“, ist Mölleney klüger: „Hätte ich früher mehr über die Hintergründe gewusst, wäre es zu keinem Mietvertrag gekommen“. Nun aber sei es schwierig, diesen wieder rückgängig zu machen. Mölleney fürchtet eventuelle Schadensersatzansprüche und damit verbundene hohe Kosten. Ein extra bestellter Anwalt habe sich der Sache angenommen, „aber momentan sehen wir keine Anhaltspunkte, den Vertrag zu kündigen“. Doch man prüfe weiter, eine endgültige Entscheidung sei noch nicht gefallen.

Wenn der Auftritt von Frei.Wild aber nicht zu verhindern sei, wolle man kurz vor dem Konzert einen Pressetermin mit der Band organisieren. Dabei sollen dann die musikalischen Volksgenossen erklären, dass sie sich schon immer mit Händen und Füßen gegen rechtsradikale Bewegungen gewehrt hätten. Da werden die Mannen um Frontsänger Philipp Burger nur müde lächeln. Das kennen die schon, denn diese vermeintliche Distanzierung gehört bei ihnen mittlerweile zum Tagesgeschäft. Nach der Pressekonferenz werden sie dann die Bühne der Bodensee-Arena entern, um ihren Kritikern, die sie „Gutmenschen und Moralapostel“ nennen, entgegen zu grölen: „Sie richten über Menschen, ganze Völker sollen sich hassen/ Nur um Geschichte, die noch Kohle bringt, ja nicht ruhen zu lassen“. Welche „Geschichte“ sie da meinen, liegt auf der Hand.

Vor wenigen Stunden wurde zudem bekannt, dass Frei.Wild für den Deutschen Musikpreis ‚Echo‘ nominiert wurde, und zwar in der Kategorie „Rock/Alternative national“. Ein schwer verständlicher Vorgang, den auch andere, nominierte Kapellen kritisieren. Das Quintett „Kraftclub“ aus Chemnitz ließ seine Nominierung zurück ziehen, mit Frei.Wild wolle sie nichts zu tun haben. Auch die ebenfalls nominierte Kultkombo „Die Ärzte“ bezeichnet die Südtiroler Band als „politisch fragwürdig“. Kein gutes Omen für die Echo-Verleihung am 21. März. Auch keines für den Kreuzlinger Auftritt am 19. April?

Autor: H.Reile