Großgrundbesitzer von Gottes Gnaden
Er will einfach nicht und glaubt, die meist geduldigen Lämmer werden schon still halten. Münsterdekan Mathias Trennert-Helwig hat aktuell verlauten lassen, dass für ihn eine Öffnung der kirchlichen Gärten und Höfe auch aus „Sicherheitsgründen“ nicht in Frage käme. Vor allem die Gärten hinter dem Münster will er nicht von „randalierenden Bürgern“ bevölkert sehen, wenn er am Fenster des Dekanatsgebäudes steht und sein Käffchen schlürft. Da würde der Mob nur stören
Schon vor rund einem Jahr wurde die Stadtverwaltung aufgefordert, mit der Liegenschaftsabteilung der Erzdiözese Freiburg abzuklären, ob die Gärten und Höfe um das Münster, aber auch in der Hofhalde und an der Konzilstraße, der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden könnten. Die Verhandlungen kamen zu keinem Ergebnis und nun hat Trennert-Helwig quasi im Alleingang dem Ansinnen eine klare Absage erteilt. Seine Vorbehalte – von Sicherheitsbedenken ist die Rede – sind kaum nachzuvollziehen. seemoz hat bei der Freiburger Liegenschaftsverwaltung nachgefragt, eine Antwort steht bislang aus. Man überlässt es wohl lieber dem obersten Konstanzer Glaubenswächter ganz alleine, eine Entscheidung zu treffen.
Angst vor marodierenden Horden
Vor allem die Grünfläche hinter dem Münster wäre ein geeigneter Ort, von dem aus, nicht nur während des Konziljubiläums, Führungen zu anderen historischen Stätten (Münsterplatz, Pyramide, Stadttheater, Niederburg) bestens zu organisieren wären. Und was die angeblichen Sicherheitsbedenken angeht: Das Gelände ist durch ein schweres Eisentor gesichert, könnte also zu bestimmten Zeiten geöffnet und auch wieder geschlossen werden. Möglich wäre auch, für Besucher auf dem Gelände eine kleine Suppenküche einzurichten und das Süppchen mit frischen Kräutern aus dem Münstergarten zu verfeinern. Auch ein Fühl- und Geruchstest – wer weiß heute noch, wie Liebstöckel riecht oder sich Thymian anfühlt? – wäre ohne allzu großen Aufwand machbar und hätte den Event-Charakter für Jung und Alt, den man sich für das Konziljubiläum immer erträumt hat, und zwar ohne allzu hohe Kosten. Aber gegen Borniertheit ist offensichtlich kein Kraut gewachsen.
Trennert-Helwigs Angst vor marodierenden Horden ist unbegründet. Wäre der Gottesmann ehrlich, würde er sagen: Der Pöbel kommt mir nicht in meinen Garten. Auch den Vorschlag, dort den geplanten mittelalterlichen Kräutergarten anzulegen, bezeichnet der Dekan als „Schnapsidee“. Für diesen haben die Organisatoren der Landesausstellung das Konzilvorfeld auserkoren und wollen ihn auch finanzieren. Somit hoffen sie, noch mehr Besucher zur Ausstellung ins Konzil zu locken.
Was und wem soll man da noch glauben?
Ruth Bader, Chef-Planerin der Konzilsfeierlichkeiten, klang am Montag noch ganz anders. Gegenüber seemoz erklärte sie, über die geplanten Öffnung des Münstergartens würde man mit Trennert-Helwig Gespräche führen und der Dekan sei nicht abgeneigt, die bislang verschlossene Fläche für die BürgerInnen zu öffnen. Was und wem soll man da noch glauben?
Vorläufiges Fazit: Trennert-Helwig hat fast schon töricht eine Chance vertan, seiner im Niedergang befindlichen Glaubensgemeinschaft neue Sympathien zuzuspielen. Weiterhin gebärdet er sich wie ein starrköpfiger Großgrundbesitzer von Gottes Gnaden, dem die Interessen der BürgerInnen sprichwörtlich am Talar vorbeigehen. Von alten und meist auf dubiose Art und Weise zustande gekommenen Pfründen will man halt nicht lassen. Freunde schafft er sich damit nicht.
Schon gibt es Überlegungen, mit fantasievollen Aktionen vor Ort die Verweigerungshaltung des Dekans aufs Korn zu nehmen. Wie wäre es, wenn Gartenpiraten in einer Art von Instandbesetzung das kirchliche Brachland zum Blühen und Duften brächten? Unser Angebot: seemoz spendiert passende Heil- und Küchenkräuter. Wann geht’s los?
Autor: H.Reile
Weitere Links:
Öffnen Sie endlich die kirchlichen Gärten, Herr Dekan!
Aus der Konzilwiese soll ein Kräutergarten werden
Bis zum Beginn der Erinnerung an das Konzil 2014-2018 ist noch etwas Zeit. Gönnen wir Herrn Dekan diese Zeit des Nach- und Umdenkens. In der Zwischenzeit empfehle ich den Besuch der Insel Reichenau und den gepflegten Kräutergarten dort. Interessant und wissenswert ist auch die Geschichte über Hildegard von Bingen.
Werte: εὐχαριστέω eucharisteo ‚Dank sagen‘ und Brücken bauen, offene Türen und Asyl.
Die Kirche als caritative Einrichtung wird von viele Menschen geschätzt auch von Atheisten. Das Konstanzer Münster öffnet oft seine Türen – so ebenfalls in Verbundenheit mit der Papstwahl von Franziskus am Abend des 13.3.2013.
Was liegt da näher, als für die nächsten Jahre der Konzilerinnerung 2014-18 gleichermaßen die Portale und das Umfeld der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Einen Bildersturm wird es wohl nicht geben, eher suchen die Gäste Inspiration, Kontemplation und würden sich genauso über ein Gärtlein freuen.
Vor kurzem erreichte die Stadt, die Bleiberechts-Engagierten, sogar einen Abschiebestopp für einen jungen Roma, um ihm eine Ausbildung zu ermöglichen und eine soziale Integration aufzubauen.
Mit guten Taten ernten die Gerechten – manchmal still, manchmal laut – immer aus Not und Einsicht.
Der Meinung von Frau Leipold und Herrn Pschorr kann ich mich nur anschließen.
Abschotten von der „bösen“ Außenwelt und Beibehaltung der abgeschlossenen „Insel der Seeligkeit“, dies paßt zum weltfremden, autoritären Klerus. Wieder eine Chance vertan, mittels Kräutergarten die Kommunikation mit den „Untertanen“ zu suchen.
Hendrik Riemer
Oh Kräutergärtlein
wo bist Du geblieben
zwischen Klerus und Seemoz
wirst Du zerrieben .
Sehr geehrte Frau Leipold,
Ich kann mich Ihnen nur anschließen. Die Haltung des Herrn Dekan zeigt, wie abgeschlossen die Institution Kirche als solche ist. Im Rahmen ihrer Befugnisse wird geschaltet und gewaltet, ohne in Kontakt mit der Öffentlichkeit zu treten. Das Wort Transparenz steht vermutlich auf dem Index teuflischer Begriffe der Moderne.
Meiner Ansicht nach ist die tatsächliche Schande jedoch an anderer Stelle zu suchen: Es ist unerträglich, dass noch am 23.3.2013 der deutsche Staat (Art. 140 GG i.V.m 136 WRV) die Organisation Kirche in dieser Form akzeptiert und toleriert. Schließlich gibt sich unsere Gesellschaft den Anschein, eine säkulare zu sein – konsequent würde das zur völligen Abschaffung jeglicher Privilegien von bevorzugten Glaubensgemeinschaften führen. Doch dafür ist der Klüngel zu groß, die Angst vor der Heiligkeit zu dominant und schließlich die Kirchgänger zu sehr Wahlvolk der konservativen Parteien. Der Fall des Münstergartens zeigt erneut, wozu diese Kirchenprivilegien ermächtigen können.
Simon Pschorr
In einem hat der Dekan Recht: der Münstergarten ist jetzt nicht attraktiv. Genau deshalb ist der Kräutergarten dort eine gute Idee. Ich habe auch nicht so eine schlechte Meinung von unseren Mitmenschen wie er. Wenn der Garten nachts gesperrt würde, wäre das aber für mich kein Problem.
Mein eigentlicher Grund, den Garten zu öffnen, liegt aber an der Architektur des Münsters. Die Ostseite war ja mit einem grossen Fenster nach Osten geöffnet. Heute ist dies nicht mehr zu erkennen. Für mich bietet das Konziljubiläum eine tolle Chance, die Kirche insgesamt erlebbar zu machen. Dass dies für den Dekan nicht erwünscht ist, zeigt auch, wie abgeschottet diese öffentliche Einrichtung sein kann.
Brigitte Leipold