Katholische Kirche will Kulturdenkmal platt machen
Nach der Absage von Dekan Trennert-Helwig, den Münstergarten der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen – er befürchtet „randalierende“ Horden – hievt sich die katholische Kirche erneut in die Negativ-Schlagzeilen. Geht es nach ihren Wünschen, soll eines der ältesten Häuser in der Stadt abgerissen werden. Mehrere Bewohner verlören ihr Zuhause, die Nachbarn sind empört und Denkmalschützer ebenso. Ist das Gebäude noch zu retten? Spricht die Stadt ein Machtwort oder taucht sie ab? Die Uhr läuft.
Auf den ersten Blick sieht das Haus eher unattraktiv aus, aber am Stephansplatz 31 rumort es. In dem historischen Gebäude, das unter Denkmalschutz steht, wohnen mehrere Studenten und ein einzelner Mieter. Auf Ende März wurde allen fristlos gekündigt. Das Haus, das jahrhundertelange Konstanzer Geschichte in sich trägt, gehört der katholischen Kirchengemeinde Altstadt Konstanz. Und die möchte dort einen Neubau mit Wohnungen errichten.
Nicht nur die jetzigen Mieter, auch die Bewohner der Nachbarhäuser wollen sich dagegen zur Wehr setzen. Von der Kirche, erklären sie, „hätten wir was anderes erwartet“. Ein Neubau passe überhaupt nicht in das denkmalgeschützte Ensemble. Dazu andere Vorwürfe: „Die Kirche hat hier jahrzehntelang Mieten kassiert, aber kaum etwas investiert, um das Haus zu erhalten und moderat zu renovieren“. Jetzt, so die Vermutung, wolle man mit einem Neubau „einfach mehr Kohle machen“.
Ein Prozess ging verloren
Bei der Stadtverwaltung gibt man sich zugeknöpft. Das Thema sei erst kürzlich bei einer nichtöffentlichen Sitzung des Technischen- und Umweltausschusses behandelt worden. Details könne man deshalb nicht außen tragen, so Axel Mothes, Leiter des Konstanzer Baurechts- und Denkmalamtes. Immerhin räumt er ein, dass das Gebäude von historischem Wert sei. Die Stadt habe sich zuerst gegen den geplanten Abriss gewehrt und wollte es erhalten. Doch dann kam es zu einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Freiburg. Das Resultat: Zwar handle es sich in der Tat um eine wertvolle Substanz, aber dem Besitzer, der Kirche, könne der finanziell hohe Aufwand für den Erhalt nicht zugemutet werden.
Warum legt man keinen Einspruch ein und geht in die nächste Instanz? Das sei heikel, sagt Mothes, „wenn wir da wieder verlieren, könnte das für die Stadt teuer werden“. Fragen bleiben dennoch: Warum scheut die Stadt dieses Risiko, denn es geht um ein Kulturdenkmal, das seinesgleichen sucht. Oder hat man bereits die Einspruchsfrist verstreichen lassen? Und: Warum wurde die Angelegenheit, die durchaus von öffentlichem Interesse ist, hinter verschlossenen Türen erörtert?
Die Kirche wartet auf die Abrissgenehmigung
Wie seemoz zugetragen wurde, soll sich Frank Mienhardt, oberster Denkmalschützer der Stadt, vehement für den Erhalt des Gebäudes ausgesprochen haben. Vor allem die gut sichtbaren Teile der Konstanzer Stadtmauer haben ihn wohl stark beeindruckt. Für eine Stellungnahme war er kurz vor Wochenende aber nicht mehr zu erreichen. Kenner der Konstanzer Geschichte glauben, dass das Haus am Stephansplatz 31 wahrscheinlich auf der ersten Stadtmauer steht, die in Konstanz gebaut wurde und datieren sie auf das 13. Jahrhundert.
Angeblich, das wissen Anwohner zu erzählen, habe es sogar Kaufinteressenten gegeben, die im Sinn hatten, das historische Gebäude stilgerecht zu restaurieren. Doch die Kirche interessiert das offensichtlich nicht, sie will das historische Kleinod platt machen und einen Neubau erstellen. Boris Koch, Verwaltungsbeauftragter der Gesamtkirchengemeinde Konstanz, bestätigt das auf Anfrage. Man habe die Stadt bereits ermahnt, endlich eine Abrissgenehmigung zu erteilen. Die Uhr läuft
Autor: H.Reile
Das wäre natürlich eine gaaaanz „tolle“ Lösung. Das Haus wird abgerissen, das Stadtmauerfundament freigelegt, darüber kommt dann ein kleines Museum damit jeder ein paar in einer Reihe liegende Steine bewundern kann. Und weil wir schon dabei sind, machen wir das bei allen Häusern, die auf dem Fundament einer der alten Stadtmauern stehen.
Mal Spaß beiseite. Zumindest ein ganz klein bisschen Realitätssinn sollte man bei Denkmalschutz schon zeigen…
@ Gerhard Wagner
„für die Reste der Stadtmauer macht es kaum einen Unterschied, ob jetzt ein altes oder ein neues Haus drauf steht….“
Für die Stadtmauer macht es auch keinen Unterschied, ob sie platt gemacht wird, oder nicht. Aber möglicherweise für die Menschen – was spricht dagegen, ein Teilstück dieser 700 Jahre alten Stadtbefestigung zu erhalten und für den Bürger sichtbar zu machen??
Ihrer Logik folgend könnten wir die Altstadt abreißen und statt dessen lauter neue Häuser bauen – quadratisch, praktisch, gut!
Ich würde sagen, für die Reste der Stadtmauer macht es kaum einen Unterschied, ob jetzt ein altes oder ein neues Haus drauf steht. Und das Haus selbst sieht nun wirklich nicht nach etwas sooo besonderem aus.
@ Gerhard Wagner
Sicher kann man nicht jede alte Hütte stehen lassen, nur weil sie alt ist…. aber hier geht es doch wohl um mehr. Wenn das Haus auf den Resten der ersten Konstanzer Stadtmauer steht, kann es nicht angehen, dass die Bagger anrücken und alles platt machen.
Denkmalschutz muss sein, sonst verliert eine Stadt ganz schnell ihre „Seele“ – in Singen gibt es zahlreiche Beispiele dafür. Dann ist es nicht mehr weit zu einer hässlichen Ansammlung von Gebäuden und die Aufenthaltsqualität für die Bewohner geht rapide gegen null!
Im Prinzip habe ich nichts gegen den Abriss von alten Gebäuden. Wenn wir jede alte Hütte stehen lassen würden nur weil sie alt ist, gäbe es bald keinen Platz mehr für neues.
Sollte die katholische Kirche an der Stelle des alten Gebäudes aber auch nur ansatzweise irgend etwas anderes als sozialen Wohnraum bauen wollen, dann wäre es an der Zeit, die Sache mit Einsprüchen, Protesten und Bauauflagen zu überhäufen.
Wenn es einen Kaufinteressenten gibt, der „ernsthaft“ im Sinn hat, das historische Gebäude am Stephansplatz 31 stilgerecht zu restaurieren, sollte dies ohne wenn und aber in Erwägung gezogen werden. Gibt es tatsächlich einen Kunstliebhaber und Mäzen? Zweifel sind leider angebracht. Zum Beispiel hat ein Bewohner in der Münzgasse mehrere Millionen DM (damals) für die stilgerechte Renovierung seiner Wohnung aufgebracht, das Denkmalamt hat sich mit 100.000,00 DM!!! an der privaten historischen Renovierung beteiligt. Dass diese gelungen ist und sehenswert dazu, genießt nur der Eigentümer. Privat. Profit und Öffentlichkeit ausgeschlossen. Schade, aber Wirklichkeit. Und kein Einzelfall.
Ja, ja die Kirche – und der Mothes – und die Stadtverwaltung.Mich wundert schon lange nix mehr. Auch nicht, dass diese Verhandlungen hinter verschlossenen Türen stattfinden, ist doch wiede typisch. Die Bürger werden erst informiert, wenn sich nichts mehr verheimlichen lässt, die Angelegenheit aber längst entschieden ist und auch Proteste nichts mehr ändern können. Womöglich wollen auch die Archäologen noch buddeln, dann wird^s teuer, denn Zeit ist Geld. Aber schön, dass sich der oberste Denkmalschützer einsetzt, dies ist auch nicht allzu häufig der Fall.Unsere Stadt ist doch fest in Händen von Liebhabern der Glas-Beton-Klotz-Holzhammermethode nach Baubürgermeister-Art, die bevorzugen das Motto: „Weg mit dem alte Klumpp, was kümmert uns das Stadtbild“. Die sind halt modern und gehen mit der Zeit. Wenn sie doch endlich gehen würden!!!
Das ist kein Wunder. Von den christlichen Kirchen ist eigentlich nichts anderes zu erwarten, als aus ihren Pfründen Profit zu schlagen. Würden neue Kirchen mehr Geld einbringen, so würden sie auch die Dome und Münster abreißen und ersetzen. Die Praxis des Gelderwerbs hat (zumindest in der katholischen Kirche) lange Tradition.
Gruß
Simon Pschorr