Märchen, Mythen – und ein Walser-Drama auf dem Münsterplatz
Neue Wege geht das Stadttheater Konstanz in der Spielzeit 2013/2014: „Die Zeit des politischen Theaters ist vorbei“, meinte Intendant Christoph Nix gewohnt provozierend, um das Spielzeit-Motto „Märchen und Mythen“ zu begründen. Doch im Verlauf der Pressekonferenz im Rheintorturm (s. Foto) war davon nicht mehr die Rede, denn das krisengeschüttelte Europa soll zu einem thematischen Schwerpunkt der neuen Theatersaison werden
Die Werkstatt des Konstanzer Theaters wird nämlich zur Bühne Europas gemacht. Dort werden zeitgenössische Autoren wie Pirkko Saisio aus Finnland oder Hertha Müller mit ihrem Buch über die Diktatur in Rumänien zu Wort kommen. Gleichzeitig treten Theatergruppen aus Spanien, Italien und Portugal auf, die ihre Werke in Konstanz vorstellen – teilweise zum ersten Mal in Deutschland. Mit der Gruppe „Sala Beckett“ aus Barcelona beginnt das Theater überdies eine neue Kooperation und mit Griechenland soll ein Austausch von Schauspielern und Jugendlichen geprobt werden.
Ansonsten aber hat Nix – man glaubt es kaum – seinem Theater sanfte Entschleunigung verordnet. Sechs Produktionen weniger als in der laufenden Spielzeit stehen auf dem Programm. „Aber das hat nichts mit fehlender, finanzieller Unterstützung zu tun“, beeilt sich der Intendant zu versichern, wenngleich er auch diese Gelegenheit nutzt, darauf hinzuweisen, dass sein Theater zu den relativ geringst subventionierten Bühnen des Landes zählt. Vor allem die Unterstützung mit Landesmitteln aus Stuttgart ließe zu wünschen übrig.
Neues Spektakel auf dem Münsterplatz
Der große Erfolg mit der Freilichtaufführung vom „Glöckner von Notre Dame“ im Juli letzten Jahres auf dem Konstanzer Münsterplatz hat die Theatermacher zu einem neuen Wagnis verleitet: Theresia Walser und Karl-Heinz Ott wurden mit einem Auftragswerk zum Konziljubiläum betraut. Das Stück ist noch nicht fertig, die finanziellen Zusagen noch nicht in trockenen Tüchern – aber das Spektakel um den Heiligabend 1414 soll Ende Juni auf dem Münsterplatz aufgeführt werden, der Regisseur allerdings ist noch nicht benannt.
„Alice im Wunderland“ mit der Musik des Konstanzers Paul Amrod und „Pinocchio“, beide Premieren im Stadttheater, „Das Spiel ist aus“ von Jean-Paul Satre und „Iris“ von Hermann Hesse, jeweils in der Spiegelhalle, sowie die ausländischen Produktionen „George Kaplan“ (Gastspiel „Sala Beckett“, Barcelona) oder „Teorema“ (Koproduktion „Colectivo84“, Lissabon) in der Werkstatt und viele andere Premieren erfüllen das Spielzeit-Versprechen „Märchen, Mythen und Europa“, sorgen aber einmal mehr auch für abwechslungsreiche Aufführungen an allen drei Spielstätten der Stadt.
Spielzeitauftakt in der Niederburg
Und Nix wäre nicht Nix, wenn zum Saisonauftakt nicht wieder etwas Besonderes geboten würde: Märchenlesungen in den Gassen der Niederburg. Schauspielerinnen und Schauspieler entführen in ein verwunschenes Konstanz und fragen schelmisch: Befinden wir uns nicht alle in einem 1000jährigen Dornröschenschlaf, während um uns herum Klimakatastrophen und Finanzkrisen toben? Wie gesagt: Das mit dem Ende des politischen Theaters hat Christoph Nix nicht ganz ernst gemeint.
Autor: hpk
Im 1000jährigen Dornröschenschlaf befinden sich alle, die sich immer wieder vom „Kleinen König Kalle Nix“ über den Tisch ziehen lassen. Ho Narro und weiter so? Muß Konstanz selber wissen. In den Gassen der Niederburg schlummern etliche Märchen, aber gewiß nicht Nix.
Grüße und herzlichst
Christian Lugerth