Tanzverbot? Säkulare Initiative!

Eine Lobby für Konfessionslose will Dennis Riehle gründen. Der Konstanzer Publizist möchte zusammen mit anderen Mitstreitern im Raum Bodensee und Hochrhein eine Initiative anstoßen, die unterschiedliche Verständnisse von nicht gläubigen Menschen vereinigt. Und das ist dringend nötig, wie auch der linke Bundestagskandidat Marco Radojevic am Beispiel des Tanzverbots aktuell zu Ostern aufzeigt: Nirgends gibt es so viele, so lange Tanzverbote wie in Baden-Württemberg

Nicht nur im Vorfeld des Konstanzer Konzil-Jubiläums ist deutlich geworden: Die Region Bodensee, Hochrhein und Umgebung ist bislang in Sachen einer glaubenskritischen Vertretung für Menschen mit humanistischen oder laizistischen Ansichten unterversorgt. Gut ein Viertel der Bevölkerung in Baden-Württemberg bezeichnet sich als konfessionslos und gehört keiner Religionsgemeinschaft an. Sie werden nicht selten in den öffentlichen Diskussionen vernachlässigt, wenn es um Fragen nach Trennung von Kirche und Staat geht, um Angebote für verschiedene Religionen, um Bedürfnisse unterschiedlicher Konfessionen. Dabei stellen sie als eigene Gruppe gesehen in Deutschland mehr „Anhänger“ als die evangelische oder die katholische Kirche für sich.

Während sich in anderen Teilen des Bundeslandes bereits Regionalgruppen der größeren säkularen Dachverbände bilden konnten, ist der südbadische Raum bislang weitgehend davon ausgespart geblieben. Dabei bieten sich immer wieder ausreichend Gelegenheiten, um den Anliegen der Religionskritiker eine Stimme zu geben. Ob bei kirchlichen Großveranstaltungen, in den örtlichen Konflikten um das kirchliche Arbeitsrecht, beim Anspruch auf Mitsprache in Gremien oder wenn es um die Verteidigung von Rechten und Pflichten für jede Glaubensrichtung geht. Auch unter der neuen Landesregierung wurden trotz anderweitiger Bekundungen bisher nur wenige Anläufe unternommen, das tatsächliche Abbild von Glaube und Nicht-Glaube auch politisch zu bedenken.

Bundestagskandidat Radojevic: Tanzverbot abschaffen

Von Donnerstag bis Samstag gilt in Baden-Württemberg wieder das „Tanzverbot“. Öffentliche Veranstaltungen, die über den Schank- und Speisebetrieb hinausgehen, sind durch das Tanzverbot untersagt. Mit insgesamt vier Tagen, an denen ein ganztägiges Tanzverbot gilt, und 14 Tagen, an denen das Tanzverbot sich nur auf eine bestimmte Zeitspanne erstreckt, ist Baden-Württemberg Ländermeister im Verbot von Tanz und Feierlichkeiten.

„Das Tanzverbot ist nicht zeitgemäß und völlig an einer pluralistischen Gesellschaft vorbei gedacht. Neben praktizierenden Christen gibt es in Baden-Württemberg zahlreiche andere konfessionelle und konfessionslose Gruppen, die bei einem Tanzverbot berücksichtigt werden müssen. Ein allgemeines Tanzverbot ist daher abzulehnen“, erklärt Marco Radojevic, Bundestagskandidat der Partei DIE LINKE in Konstanz. Im deutschsprachigen Ausland wurden hier bereits ähnliche Schritte eingeleitet. Weder in Österreich noch in der Mehrheit der Schweizer Kantone gibt es ein gesetzliches Tanzverbot.

„Es muss allen Menschen selbst überlassen werden, wie sie Feiertage begehen. Ob eine Person einen Feiertag mit Ruhe und stillem Gebet verbringen will oder an Feiertagen tanzen will, ist keine Aufgabe des Gesetzgebers. Die Grün-Rote Landesregierung muss hier endlich Staat und Kirche trennen, entsprechende Initiativen gibt es bereits seitens der Jusos und der Grünen Jugend. Glaube ist Privatsache und darf nicht per Gesetz den Bürgerinnen und Bürgern aufgezwungen werden. Das ist nichts anderes als Fundamentalismus. Es wäre wünschenswert, dass sich die Bundestagskandidaten von SPD und Grünen in Konstanz ähnlich bekennen würden“, so Radojevic weiter.

Dennis Riehle, ehemaliger Vorsitzender der „Christlichen Lebensberatung e.V.“, protestantischer Buchautor, Seelsorger und Prädikant, der im Dezember 2012 selbst die evangelische Kirche verlassen hat, will zusammen mit anderen Mitstreitern von Konstanz ausgehend im Raum Bodensee und Hochrhein eine Initiative anstoßen, die unterschiedliche Verständnisse von nicht gläubigen Menschen vereinigt: Ob freidenkerisch oder humanistisch, ob atheistisch oder konfessionslos – insgesamt soll sich die Gruppierung als Lobby derjenigen verstehen, die bei Aufzählungen der Religionsanhänger häufig nur als „Sonstige“ gelten. Dabei soll vor allem der gemeinsame Anspruch nach Partizipation und Berücksichtigung in Politik, Gesellschaft und Recht die Interessen einen.

In der Initiative wird zunächst zu diskutieren sein, ob und in welchem Umfang man sich als eigenständige Gruppierung verstehen will oder den Anschluss an eine der bestehenden Organisationen auf Landes- und Bundesebene sucht. Schwerpunkte der Arbeit sollen die Themen Bildung, Erziehung, Kultur und Medien, Grundrechte, Soziales und Gesellschaft sein. Gleichsam dürfte sich die Initiative aber nicht als eine Vertretung des „Nicht-Glaubens“ ohne Inhalte verstehen: „Andachten werden wir wohl nicht feiern. Statt spirituellem Beisammensein wird die Diskussion zentral sein. Denn wer Kirche, Gott und Religion kritisch gegenüber steht, leitet daraus auch eine Identität ab, die es argumentativ und überzeugend zu vertreten gilt: Die Verbindung eines humanistischen Weltbildes mit der Verantwortung nach sozialer Gerechtigkeit bringt auch den Auftrag mit sich, in der Tagespolitik Stellung beziehen – fernab von religionsideologischen Beweggründen“, so Riehle.

Die Initiative sucht weitere Mitstreiter in der Umgebung, die sich direkt bei Dennis Riehle melden können: Tel. 07531/955401, Mail: anfrage@riehle-dennis.de.

Autor: PM/hpk

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