KKH: Rote Karte für den Südkurier
Noch wenige Stunden, dann wissen wir alle mehr. Setzen sich die Eurowedelnden Befürworter mit ihrem Propagandablatt „Südkurier“ durch oder haben sich die KonstanzerInnen von den Argumenten der KKH-Gegner überzeugen lassen? Es könnte auch mehrere Verlierer geben, und zwar querbeet. Hier eine kleine, noch spekulative Auswahl.
Samstag, etwa gegen 12 Uhr am Obermarkt. Zuversicht sieht anders aus. Am Wahlkampfstand der Befürworter machen die KKH-Obertrommler eher einen bedröppelten Eindruck. OB Frank ist da, Norbert Baur bietet Kaffee an, Ewald Weisschedel (FWG) ist anzutreffen, dazu Jürgen Wiedemann (NLK) und die unvermeidliche grüne Schicksalsgemeinschaft Roland Wallisch und Dorothee Jacobs-Krahnen. Eine Befürworterin stürzt auf mich zu: „Sie als Gegner zeichnen sich dadurch aus, dass Sie nur Discos und Moscheen in der Stadt haben wollen“. Meine Müller-Fehrenbach-Maske bringt die Frau in Rage, OB Frank dreht peinlich berührt ab. Wiedemann nimmt´s locker, wagt aber eine erstaunliche Prognose für den Bürgerentscheid: „Die Mehrheit der Konstanzer wird gegen das KKH stimmen“. Baur und Weisschedel sagen nichts und wirken nachdenklich…..
Tatsächlich könnte sich das Blatt in den letzten Tagen zu Gunsten der KKH-Gegner gedreht haben. Wer sich in der Stadt umhört, dem dringt immer öfter derber Klartext ans Ohr: „Sollen die Geldsäcke das Ding doch selber zahlen“, „Konstanzerischer ist großkotziger“ oder: „Zu protzig, zu teuer, am Bedarf vorbei“. Vor allem die peinlichen Attacken des CDU-Granden Wolfgang Müller-Fehrenbach, der KKH-Gegner als kulturlose Banausen bezeichnete, die seiner Meinung nach „überwiegend von der öffentlichen Hand“ leben würden, kamen nicht gut an. Das machte die Runde in der Stadt und sogar Norbert Baur distanzierte sich von den Aussagen seines Mitstreiters: „Wolfgang, habe ich gesagt, Wolfgang, so geht das nicht“. Als auch noch die grüne Ex-Stadträtin Inge Egler die Fehrenbach´sche Einschätzung öffentlich bekräftigte, kam bei den Organisatoren der KKH-JA-Kampagne wenig Freude auf. „Die hat uns grade noch gefehlt“, erklärt ein bekannter Befürworter. Ein Werbefachmann sieht es kühl und pragmatisch: „Wenn Du solche Leute im Boot hast, steigst Du besser vorher aus“.
Aufregung bei den KKH-Gegnern gab es, als sie den „Südkurier“ aufschlugen. Lokalchef Rau streckte seinen Kragen nochmal arg weit aus dem Fenster und empfahl den Lesern, am Sonntag für das KKH zu stimmen. „Eine Schweinerei“ sei das, wird mehrfach erklärt, das habe mit unabhängigem Journalismus nichts mehr zu tun. Ehrlich gesagt: Das langweilt langsam. War denn jemals davon auszugehen, dass dieses Dorfblatt ausgewogen berichten würde? Seit über einem Jahr macht Rau Stimmung für das KKH. Zwar konnte man die KKH-Gegner nicht völlig ignorieren und räumte ihnen in der Endphase der Auseinandersetzung etwas Raum ein. Doch die Unterstützung Raus für das KKH war längst ausgemachte Sache. Was bekommt er dafür? Ich hoffe, eine klare Ansage. Appelle an Ausgewogenheit fruchten da nicht. Die kann man nur beim Geld packen und da ist die Rechnung einfach. Wenn tausend „Südkurier“-Leser ihr Abo kündigen, dann erst setzt im Verlag das Fracksausen ein. Alles andere juckt die nicht. Wer es also ernst meint mit der Kritik an der Berichterstattung, der kündige das Abo und zeige damit dem Blatt die rote Karte. Über Internet sind alle Beiträge gratis abzurufen. Jetzt könnten einige sagen, auch seemoz habe über Wochen hinweg „einseitig“ berichtet. Stimmt. Aber unsere Position war von Anfang an klar und wir haben auch niemals von „ausgewogener“ Berichterstattung schwadroniert und versucht, unseren Lesern da was vorzugaukeln. Wer Kritisches zum Thema lesen wollte, wurde über seemoz gut versorgt und zwar nicht zu knapp.
Nehmen wir an, das KKH wird abgelehnt. Wie reagiert dann OB Frank? Wie kein anderer hat er seinen weiteren politischen Werdegang mit dem Ausgang des Bürgerentscheids verbunden. Um die Jahreswende hat er einen engeren Kreis wissen lassen, dass er eventuell nochmal bei der kommenden OB-Wahl 2012 antreten würde – vorausgesetzt, das KKH wird gebaut. Zieht Horst Frank persönliche Konsequenzen, wenn sein Traum auf Klein-Venedig abgewatscht wird?
Schwere Zeiten kommen auch auf die „Freie Grüne Liste“ (FGL) zu. Bei den vergangenen Kommunalwahlen triumphierten sie und wurden stärkste Fraktion. Nun aber herrscht dicke Luft. Die Tatsache, dass vier ihrer zehn Abgeordneten für das KKH werben, droht die FGL zu spalten. Nach außen wurde immer der Eindruck vermittelt, dass man auch unterschiedliche Meinungen innerhalb der Fraktion tolerieren wolle. Doch die Debatte um das KKH hat die Fronten verhärten lassen und die Stimmung ist ganz tief im Keller. Schon muss die FGL die ersten Austritte verzeichnen. Vor allem der lärmende Einsatz von Wallisch und Jacobs-Krahnen für das KKH hat breite Gräben gerissen. Wie sollte es auch anders sein? Das Projekt beinhaltet alle Schwächen, die einer grünen Politik grundsätzlich zuwiderlaufen. Da steht eine Zerreißprobe an, wie sie die FGL seit ihrer Gründung vor rund 30 Jahren noch nicht erlebt hat.
Wie auch immer der Entscheid ausgehen wird, es gibt auch die Zeit danach. Sollten die BürgerInnen gegen das KKH stimmen, ist die Sache erstmal gegessen. Die Stadt hat andere Probleme, die es zu stemmen gilt. Mag sein, dass in absehbarer Zeit, und wenn es die finanzielle Lage zulässt, das Thema wieder auf den Tisch kommt. Warum auch nicht? Ein Konzerthaus wünschen sich viele. Aber eben in abgespeckter Form, mit einer soliden Planung unter frühzeitiger Einbeziehung der Bürger und an einem anderen Standort. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
seemoz bleibt dabei: Gehen Sie wählen, stimmen Sie mit Nein und damit für Konstanz.
Einen schönen Sonntag wünscht
AutorIn: H. Reile