Droht dem Jugendamt eine zweite Prozesswelle?
Noch immer haben gut 50 Dreijährige keinen Kindergarten-Platz in Konstanz; noch immer sind die Proteste enttäuschter Mütter im Jugendamt nicht verstummt; und schon suchen manche Hilfe bei Rechtsanwälten: Einige Eltern vermuten eine „Hinhaltetaktik der Behörden“ und alle kritisieren die „fehlende Transparenz des Vergabeverfahrens“
Die Wut ist groß, wie auch die Leser-Kommentare zum ersten seemoz-Artikel von Montag dieser Woche bezeugen: Vater K. kritisiert überdies gegenüber seemoz das „undurchsichtige Punktesystem bei der Platzvergabe“ und bemängelt den Datenschutz – ihm selber seien Fragebögen anderer Eltern auf den Tisch geflattert. Mutter M. beschwert sich zudem, dass keine Rücksicht auf Geschwister genommen würde – „drei verschiedene Öffnungszeiten der Einrichtungen bei meinen drei Töchtern, wie soll ich das unter einen Hut bringen?“ Und Familie S. (alle Befragten wollen weiter anonym bleiben – sie fürchten um die letzte Chance ihrer Söhne und Töchter, doch noch einen Kindergarten-Platz zu bekommen) vermutet ein Kompetenz-Wirrwarr zwischen Kindertagesstätten-Leitungen und Jugendamt – „wer entscheidet denn nun wirklich über die Vergabe? Jeder schiebt dem anderen die Verantwortung zu.“
Immerhin scheinen Zweidrittel aller Dreijährigen derzeit versorgt, wenngleich – das kritisieren fast alle Eltern – jetzt die Kinder-Kita-Gruppen auseinander gerissen werden. Doch beim übrig gebliebenen dritten Drittel ist der Frust so groß, dass einige Eltern bereits ihre Anwälte eingeschaltet haben. Womöglich droht dem Jugendamt eine zweite Prozesswelle – nicht nur ab August wegen nicht vorgehaltener Kita-Plätze, sondern schon jetzt wegen der desolaten Vergabepraxis bei den Kindergartenplätzen.
Eine Stellungnahme der Behörden-Verantwortlichen war des gestrigen Feiertages wegen nicht zu bekommen – die Redaktion wird das unverzüglich nachholen. Dennoch gibt es an der Panne nichts zu beschönigen: Im Jugendamt versagt offensichtlich das Management bei der Vergabepraxis, die Datenbank scheint nicht auf dem neuesten Stand und Information wie Kommunikation mit Eltern und den Leitungen vor Ort hätten wahrlich besser sein können, ja müssen. Wie sagte doch Mutter S. im Gespräch mit seemoz: „Von Transparenz spüre ich nichts. Nichts Genaues weiß frau nicht.“
Autor: hpk
„Die Versorgung mit Kita-Plätzen für Kinder über drei Jahren ist sehr gut.“
dieser Satz muss für viele Eltern wie eine schallende Ohrfeige sein…man kann sich ja alles schön reden, und bloss keine Fehler zugeben…
Hallo Herr Koch,
von einer „Panne“ kann keine Rede sein. In aller Kürze geht es um Folgendes:
Zum neuen Kindergartenjahr im September haben die Träger der Kita-Einrichtungen in Konstanz 942 Zusagen für die Kita-Plätze verschickt. Die Versorgung mit Kita-Plätzen für Kinder über drei Jahren ist sehr gut.
Anders sieht die Platzsituation bei den Kindern unter drei Jahren aus. Darauf hat die Stadt wiederholt hingewiesen. Das hat nichts damit zu tun, dass die Stadt das Thema „zu zögerlich“ angegangen hätte, wie Sie im seemoz-Artikel vom 06.05.13 behaupten, sondern
1. den Kommunen vom Gesetzgeber sehr wenig Zeit eingeräumt wurde, um den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz umzusetzen;
2. sich die Nachfragesituation stark verändert hat: ursprünglich ging man von einer errforderlichen Betreuungsquote von 40 % aus; mittlerweile liegt der Bedarf in Konstanz jedoch bei rund 60 %.
3. auch der Fachkräftemangel ein großes Problem darstellt, um ausreichend Betreuungsplätze anbieten zu können.
Zum Anmeldeverfahren:
Die gemeinsame zentrale Kita-Vormerkung ist ein großer Fortschritt gegenüber dem früheren Verfahren, bei dem es sehr häufig zu Mehrfachnennungen und unübersichtlichen Situationen kam. Auch ist es keineswegs intransparent. Jede Einrichtung erläutert es den interessierten Eltern gerne. Dennoch kann auch das beste Anmeldesystem nicht garantieren, dass man den Betreuungsplatz in der gewünschten Einrichtung tatsächlich auch erhält. Bei den Eltern, die sich nach der Vergabe bei den Einrichtungen oder direkt bei der Stadt gemeldet haben, waren es zumeist ähnliche Probleme, die beschrieben wurden. Im Wesentlichen handelt es sich um zwei Kernbereiche. Zum einen scheiterten Aufnahmegesuche, weil die Höchstgrenze der Kinderzahl in der gewünschten Einrichtung erreicht war, zum anderen gab es Mängel bei den ausgefüllten Anmeldungen. Beide Punkte haben nichts mit „Managementversagen“ zu tun.
Mehr Informationen unter:
http://www.konstanz.de/rathaus/medienportal/mitteilungen/05076/index.html
http://www.konstanz.de/soziales/01873/05112/index.html?lang=de
Dr. Walter Rügert
Stadt Konstanz/Pressereferent
bei aller kritik an der aktuellen vergabe-praxis: in einer stadt, die für ihre vetterles-wirtschaft und ihren klüngel bekannt ist, ist es ein ermutigendes zeichen dass das jugendamt bestrebt ist, die kiga-plätze nach messbaren kriterien zentral zu vergeben.
das es zu wenig kiga- und krippenplätze gibt ist spätestens jetzt allen bekannt.
ich glaube dem verantwortlichen beim jugendamt wenn er mir in aussicht stellt dass in den nächsten jahren 3 neue kindergärten eröffnet werden.