Das erhoffte Bohr-Wunder
In Zeiten der Energiewende hat in St. Gallen die Geothermie einen unwahrscheinlich hohen Stellenwert. Im thurgauischen Etzwilen ist es total umgekehrt. Ein Bericht über Tiefenbohrungen in unserer Nachbarschaft, gerade in Zeiten der Fracking-Diskussion von beengender Aktualität. Denn auch bei der Geothermie und den Bohrungen, um die Erdwärme an die Erdoberfläche zu holen, sind die Risiken nicht abschätzbar
Richtig laut wird es im St. Galler Sittertobel, wenn das Openair los röhrt, vom 27. bis 30. Juni. Der Bohrer, der sich jetzt in den Grund des Geländes frisst, ist dagegen nur ein Wispern. Die Wühlerei soll kurz vor dem rockigen Monsteranlass ein Ende haben. Dann hofft man, in 4000 oder 4500 Metern auf das vermutete heiße Wasser gestoßen zu sein. Zusätzlich ist das Szenario noch wenig spektakulär, trotzdem wirkt die Baustelle aber wie ein Magnet. Über 2000 Führungen habe es seit dem Beginn der Bohrung am 4. März schon gegeben, sagt Projektleiter Marco Huwiler. Mit diesem Ansturm habe man nicht gerechnet. Es kämen Leute aus der Stadt, der Region, der Schweiz und auch aus dem Ausland.
Der Diamantbohrer frisst sich bis zu acht Meter pro Stunde in die Tiefe, in der laufenden zweiten Bohrsektion sogar in schrägem Winkel. 140 Grad oder noch heißer soll das gesuchte Wasser sein, das, einmal heraufgepumpt, rund die Hälfte der St. Galler Haushalte beheizen wird. Je nachdem wie heiß im Untergrund gekocht wird, könnte mit dem Wasser zusätzlich noch Strom erzeugt werden. Für die Nutzung der Geothermie steht ein vom Volk bewilligte Rahmenkredit von 159 Millionen Franken zur Verfügung. Das verpflichtet. „Eine gewisse Anspannung und Nervosität bedeutet dieses Projekt schon“, gibt Huwiler zu. Über den Bohrverlauf sei er bis jetzt aber sehr zufrieden.
Akzeptanz
Wird man im Erdenschlund auch wirklich heißes Wasser finden? Darüber will Huwiler die Hand noch nicht ins Feuer legen. Aber höchstwahrscheinlich werde man schon drauf stoßen, die Vorausabklärungen stimmten diesbezüglich sehr zuversichtlich. Die Sache habe schon auch etwas Pionierhaftes, meint er, eine normale Baustelle sei das sicher nicht. Solche Tiefenbohrungen würden in der Schweiz schließlich das erste Mal durchgeführt. „Ich fühle mich dabei absolut sicher“, sagt der Projektleiter, „wir arbeiten transparent, der Bürger ist ein Teil des Projektes. Deshalb haben wir auch diese hohe Akzeptanz in der Bevölkerung.“
Kritik
Davon weit entfernt ist man im Thurgau. Auf einem früheren Bahngelände am Dorfrand von Etzwilen, in der Gemeinde Wagenhausen, will die Geo Energie Suisse AG für 100 Millionen Franken ein Geothermiekraftwerk bauen, das rund 6000 Haushalte mit Strom versorgen soll. Das Dorf und das benachbarte historische Schaffhauser Städtchen Stein am Rhein sind aufgeschreckt und melden Widerstand an.
Erdbeben
Die Vorgänger-Firma der Geo Energie Suisse AG hatte 2006 durch Geothermie-Bohrungen im Rahmen des Erdwärmeprojektes »Deep Heat Mining« im Basler Stadtteil Kleinhüningen mehrere Erdbeben ausgelöst, die an Hunderten von Häusern Schäden in zweistelliger Millionenhöhe verursachten. Bei der Erdwärmebohrung sollte Wasser in fünf Kilometer Tiefe heraus gepresst werden, wo es durch die dort herrschenden höheren Temperaturen aufgeheizt worden wäre. Dabei wurde das petrothermale und nicht das erprobtere hydrothermale Verfahren wie im Sittertobel angewandt. Das Basler Projekt ist eingestellt und die Firma liquidiert worden.
Das neugegründete Unternehmen hält jedoch am alten Ziel fest: Strom und Wärme aus tiefengeothermischen Energiequellen zu gewinnen. Diese sollen als erneuerbare Quellen in der Schweiz etabliert werden, zur sicheren, wettbewerbsfähigen und klimafreundlichen Energieversorgung. Das petrothermale Verfahren kommt auch in Etzwilen zur Anwendung, in Ermangelung von Wasser im Untergrund. Um die Seismik nicht erneut herauszufordern, will Geo Energie Suisse dabei auf das Aufbrechen großer Gesteinsschichten wie seinerzeit in Basel verzichten. Im Thurgau soll »stimuliert« vorgegangen werden, das heißt, die natürlichen Ressourcen im Gestein sollen für die Wasserdurchlässigkeit nicht aufgebrochen, sondern lediglich erweitert werden.
Das Verfahren unterscheidet sich aber nicht wirklich von dem in Basel, meinen viele Dorfbewohnerinnen und -bewohner von Etzwilen und gehen auf die Barrikaden. Die »Gruppe besorgter Etzwiler« will das Kraftwerk um alles in der Welt verhindern.
Fragenkatalog
Geo Energie Suisse es stellte sich in zwei Infoveranstaltungen, am 20. Februar und am 26. März, Fragen aus der Bevölkerung. Vieles blieb aber unbeantwortet und die Bedenken wurden nicht ausgeräumt, heißt es bei der »Gruppe besorgter Etzwiler«. Ein Fragenkatalog verlangt Klarheit: über die Fördertechnik, dass Entstehen einer Dampfwolke beim Betrieb des Kraftwerks, Ein- Sprachmöglichkeiten der Bevölkerung und wer für den möglichen Minderwert von Liegenschaften in der Umgebung des Kraftwerks aufkommt. Bei Redaktionsschluss sind bei den besorgten Etzwilern noch keine Antworten eingetroffen.
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René Bein von der Oppositionsgruppe sagt klar: „Wir sind nicht grundsätzlich gegen Geothermie. Aber aufgrund des bisherigen Auftretens der Geo Energie Suisse und ihrer Informationspolitik sind wir überzeugt, dass dies die falsche Firma mit der falschen Methode am falschen Ort ist. Daher lehnen wir das Projekt entschieden ab. In Etzwilen handelt es sich um eine reine Versuchsbohrung. Hundert Millionen Franken kosten die Bohrungen und der Bau des Kraftwerkes. Aber lediglich 6000 Haushalte sollen mit Strom versorgt werden. Das rechnet sich unserer Meinung nach nicht.“
Der CEO von Geo Energie Suisse, Peter Meier, beschwichtigt: „Wir haben eine Studie zu unserem verfeinerten Verfahren gemacht und dabei viele Daten aus Basel, aus dem Elsass und aus Australien angeschaut. Beim Stimulieren wird es keine spürbaren Erschütterungen in der Erde gehen. Wir haben absolut keine Bedenken, dass unsere Bohrungen in Etzwilen irgendwelche negativen Auswirkungen haben werden.“
Begleitgruppe
Die Geo Energie Suisse will ab 2020 in Etzwilen Strom produzieren. Das Unternehmen hat für die Tiefenbohrungen und den Kraftwerkbau die Schaffung einer Begleitgruppe versprochen, in welche sich die betroffene Bevölkerung mit ihren Sorgen und Wünschen einbringen kann. Laut Meier werden jetzt die Planung und das Bewilligungsverfahren für das Projekt, wozu auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung gehört, vorangetrieben. Beim Betrieb des Kraftwerkes könne es schon passieren, dass zeitweise eine Dampfwolke entstehe, meint er. Um einen Versuchsbetrieb handele es sich in Etzwilen aber eindeutig nicht. Die Anlage würde sich trotz der hohen Investitionen rentieren. Die anderen Bedenken der Kritiker weist der CEO von Geo Energie Suisse zurück. Aktionäre der Geo Energie Suisse sind sieben öffentlich-rechtliche Energieunternehmen, darunter die Elektrizitätswerke der Stadt Zürich (EWZ) und die Westschweizer EOS-Gruppe.
Euphorie
München ist zurzeit die führende Geothermiestadt. In 3000 m Tiefe gibt es 140-grädiges Wasser. Bis 2040 ist geplant, die Fernwärme für die Haushalte und Unternehmen der Millionenmetropole zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen, vornehmlich aus der Tiefengeothermie, zu gewinnen (s. Foto: Bohrturm in Bayern). Einige Heißwasserkraftwerke sind bereits in Betrieb.
Die Geothermie in Deutschland ist in einigen Regionen aber auch in Verruf geraten, weil es bei den Bohrungen respektive beim Betrieb geothermischer Anlagen zu Erdbeben, Überschwemmungen und Anhebungen des Bodens kam.
In der Schweiz hat die Geothermie einen Wunderglauben ausgelöst. In der Energiestrategie des Bundesrats wird damit gerechnet, dass 2035 Geothermieanlagen bereits 1,4 und 2050 4,4 Terawattstunden jährlich liefern. Noch euphorischer sind die beiden Parlamentskammern: Gegen den Willen der Landesregierung ist die Eingabe von FDP-Ständerat Felix Gutzwiler überwiesen worden, die verlangt, dass der Bund schweizweit ein Programm zur Erkundung des Untergrundes aufgleist und finanziert. Eine solche Bohroffensive würde über 1 Milliarde Fr. kosten. Allerdings zeigen bis jetzt die großen Energiekonzerne erst mäßiges Interesse an der Geothermie.
Autor: Harry Rosenbaum/Saiten
Bemerkung III
Egal welche der Bohrtechniken zum Einsatz kommt, was man in die Leitungen hineintut, wissen die, die es hinein getan, aber was für ein Gemisch zurück nach oben kommt, das wissen nicht einmal die Götter, denn vor dem Bohrkopf ist alles duster. Nur die Ämter, die sind wie immer klüger und scheinen mit ihrem Wissen direkt auf den Bohrköpfen tief unten zu sitzen.
Also auch bei der Suche nach Thermalwasser ist ungewiss, was letztlich aus den Rohren sprudelt und mit ungewollten Beigaben unserer Erde mal positive, aber meistens leider negative Überraschungen mit sich bringen. Über die guten Dinge, die die erhofften Einnahmen bringen freuen wir uns alle, natürlich vor allem auch die Unternehmen, inkl. Staat, der an dem Ganzen seine Teilhabe hat. U.a. gelöste Salze, die die Rohre und Pumpen zerfressen, Gase jeglicher Art (Radon, Schwefel, der alteirig bis zum Himmel stinkt, Methan, welches entzündlich ist, Benzol, ist giftig und bislang alle bekannten Materialien zerfrisst,
Die Stockacher Wasserwerke haben eindrücklich per Kamera vorgeführt, wie ein beschichtetes Trinkwasser-Entnahme-Stahlrohr nach knapp 50 Jahren aussieht: Von Rost zerfressen und die Beschichtung in Fetzen.
Bemerkung II
Ein Patentamt nimmt Patentanträge entgegen und prüft die Einzigartigkeit der Denkelarbeit auf Schutzwürdigkeit. Auf eine Umweltschutzbedürftigkeit wird nicht ein Gedanke vergeudet. Dafür sind andere Ämter zuständig, die sich sicherlich darüber wundern, welch faule Eier sie gelegentlich in ihren Nestern finden.
Sog. Hochenthalpie-Regionen, darunter versteht man Regionen mit hohen Temperaturen und /oder Drücken im Untergrund finden sich nicht in Deutschland. Die zur Stromerzeugung erforderlichen Temperaturen sind nur in Tiefen von über 4.000 m zu finden.
Die hierfür geeigneten Gebiete sind das Norddeutsche Becken, der Oberrhein und das Süddeutsche Molassebecken. In Ermangelung notwendiger hoher Temperaturen sind bisher wohl nur an die drei geothermische Kraftwerke in Betrieb, einige befinden sich in der Test- und mehrere in der Planungsphase. Über fehlgeschlagene Bohrungen wird nicht gerne berichtet, doch Staufen, Basel und um München herum durfte die Bevölkerung davon erfahren, vor allem weil die Auswirkungen der Bevölkerung nicht zu verheimlichen waren.
Deutschlandweit spricht man von ca. 150 geothermischen Energieexplorationfelder, wobei wohl mehr als 80 Tiefengeothermie-Projekte sich in der Planungsphase befinden.
Bemerkung I
Wasabi Energy Ltd. ist ein weltweit agierende Mutterkonzern auf dem Gebiet der Geothermie und die hier zum Zuge gekommene Tochter Global Geotherm Ltd. besitzt ein weltweites Patent für den Einsatz des sog. Kalina-Kreisprozesses. Das Unternehmen Exorka, eine Tochter der Daldrup & Söhne AG ist im Besitz einer weltweiten Lizenz für den Einsatz der Kalina-Kreisprozess-Kraftwerktechnik und im Besitz der Exklusivrechte für die Nutzung in Deutschland. Knapp 34 % der Daldrup-Aktien befinden sich im Streu- die restlichen Aktien in Familienbesitz. Die Warburg Research empfiehlt, die Aktie zu kaufen. Das ist also der Humus, auf dem hier alles wächst.