Empört Euch, denn Konstanz ist Spitze

Laut Spiegel online müssen neue Mieter in Konstanz bis zu 44 Prozent mehr Miete bezahlen als vor Ort üblich. Damit liegt die Stadt am Bodensee bundesweit einsam an der Spitze. Einige Vermieter und Immobilienmakler reiben sich vergnügt die Hände. Damit muss endlich Schluss sein, denn langsam wird es kriminell

Die fast schon schwindelerregenden Preise bei Neuvermietungen zeigen, wie verächtlich hier mit dem Wunsch vieler Menschen nach einer halbwegs bezahlbaren Wohnung verfahren wird. Da können manche ihren Hals nicht voll kriegen und offenbaren damit ihre zutiefst asoziale Grundhaltung. Neu ist es nicht, dass bald nur noch Besserverdienende und reiche Rentner es sich leisten können, in Konstanz zu leben. Das verändert die Stadt und führt zu einem Verdrängungswettbewerb, der große Teile der Bevölkerung an die Ränder abschiebt. Wohlgemerkt: Nicht alle Wohnungs- und Hausbesitzer verfahren nach diesem Beuteschema, aber die Zahl der skrupellosen Geschäftemacher nimmt bedrohliche Ausmaße an. Treiben sie es weiter so, sollten sie sich nicht wundern, wenn sie bald öffentlich am Pranger stehen. Denn auch sie haben Gesichter und Namen. Wie die zahlreichen Opfer ihres unappetitlichen Gebarens auch.

Der Deutsche Mieterbund (DMB) verweist zurecht auf eine Gesetzeslücke, die es zu schließen gilt. Wird ein neuer Mietvertrag abgeschlossen, dürfen die Vermieter die Preise nach Belieben nach oben treiben. Und sie tun es, vor allem auch in Konstanz, weil sie sich immer noch darauf verlassen können, dass die Mehrheit (noch) still hält. Von daher ist die Forderung des DMB, eine Obergrenze von maximal zehn Prozent über der ortsüblichen Miete festzulegen, eine von mehreren Möglichkeiten.

In Konstanz wird um das Thema seit langem herumgeredet. Einig ist man sich, dass endlich etwas getan werden müsse. Doch bislang blieb es meist bei spröden Lippenbekenntnissen. Ein aktueller Fall zeigt, dass es mit der vollmundigen Bereitschaft, der Ausbeutung einen Riegel vorzuschieben und für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen, aber nicht allzu weit her ist. Erst neulich ging es im Gemeinderat darum, was wohl mit dem Vincentius-Areal zu machen sei. Auch von Wohnungsbau war in der schriftlichen Vorlage die Rede, zumindest auf einem Teil der Fläche. Da war es vor allem FDP-Rat Johannes Hartwich, der sich eher für eine andere Verwendung stark machte. Denn mit ihm träumt der konservative Ratsblock immer noch und immer wieder von einer Konzerthalle, in der ein erlesener Kreis ungestört vom Zuglärm philharmonischen Klängen lauschen möchte.

Bestärkt in ihrem realitätsfernen Starrsinn wider das Allgemeininteresse fühlte sich diese Gruppe von einem Kommentar zur Lage, den Südkurier-Lokalchef Jörg-Peter Rau kürzlich abgelassen hatte und in dem er mit besonderem Zynismus glänzte: „Auch der Verweis auf bezahlbaren Wohnraum ist kritisch zu sehen. Mit einem Totschlagargument soll eine interessante Nutzungsalternative zerstört werden“.

Was muss noch passieren, bis wir uns tatsächlich empören? Nicht nur auf dem Papier.

Autor: H.Reile