Mit großem Anlauf in Richtung Millionenflop

Rund sechs Millionen Euro will die Stadt Konstanz ausgeben, um Heerscharen aus aller Welt für das Konstanzer Konziljubiläum zu begeistern. Seit Jahren wird an einem Programm gebastelt, das die Stadt am Bodensee ab 2014 europaweit in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stellen soll. Doch es vergeht kaum eine Woche, in der nicht irgendein großspuriges Projekt zerplatzt. Trotzdem wird weiter mit Steuergeldern in Millionenhöhe jongliert. Frei nach der Parole: Augen zu und vorwärts

Letzte Woche war es mal wieder soweit: Der Betriebsausschuss Konzil, in dem alle Fraktionen des Gemeinderats vertreten sind, traf sich, um zu erfahren, wie es um einzelne Projekte anlässlich des bevorstehenden Konziljubiläums bestellt sei. Eine übergroße Mehrheit segnete, ohne kritisch zu hinterfragen, den geplanten Kräutergarten vor dem Konzilgebäude ab. „Ein außergewöhnliches Projekt“, meinte Grünen-Rätin Jacobs-Krahnen. Wo sich über die Sommermonate Hunderttausende tummeln, sollen alsbald wohlriechende Kräuter sprießen. Nur Alexander Stiegeler (Freie Wähler) sprach sich dagegen aus und schloss sich meiner Meinung an: „Das ist der absolut falsche Platz“. Alle anderen waren dafür und hoben brav das Händchen. Bald schon soll der Garten angelegt werden und man darf mit Spannung beobachten, wie sich der Umbau mit einem weitaus wichtigerem Vorhaben vor Ort verträgt. Denn ziemlich zeitgleich werden die ramponierten Beläge rund um die Konzilswiese erneuert. Baubürgermeister Kurt Werner meinte auf Anfrage, das müsse irgendwie schon klappen. Aber wer glaubt noch einem Bürgermeister, dessen Name mit einer Vielzahl von Fehlentscheidungen untrennbar verbunden ist?

Aus dem Handwerkermarkt, der während der gesamten Jubiläumsdauer von 2014 bis 2018 auf dem Stephansplatz die Massen anziehen sollte, wurde mittlerweile die „Woche des Handwerks“ am Konstanzer Gondelehafen. Optimisten bezeichnen derlei gerne als „Gesundschrumpfung“. Wortreich erklärte eine Vertreterin der Handwerkskammer, was dort alles stattfinden könnte. Vorträge, Besichtigungen, dazu ein Handwerkerball im Inselhotel. Auf die Frage, was das alles koste, wer das bezahle und wie es um die konkreten Planungen überhaupt bestellt sei, kam die ernüchternde Antwort: Noch sei „nichts fixiert“, aber man führe natürlich „intensive Gespräche“.

Und es ging weiter im Planungsdesaster. Auch das Projekt „Your eyes on me“ (in fünf Konstanzer Schaufenstern soll eine Videokamera installiert werden, mit deren Hilfe man live Grüße in die jeweiligen Partnerstädte schicken kann), stand auf der Tagesordnung. Kosten für gerade mal fünf Wochen: Mindestens 250 000 Euro. Ruth Bader, Hauptverantwortliche für die Jubiläumsplanungen, erklärte auf Nachfrage verdächtig schmallippig, von Seiten des Landesdatenschutzbeauftragten Jörg Klingbeil gäbe es keine allzu großen Bedenken.

Sowohl sie als auch Oberbürgermeister Uli Burchardt wollten darüber wohlweislich keine Diskussion aufkommen lassen. Ich habe mir erlaubt darauf hinzuweisen, dass der oberste Datenschützer sehr wohl Einwände habe und Auflagen anmahnte, die man bei diesem Projekt aber nur schwer stemmen kann. Schon vor zwei Wochen war das ausführliche Schreiben Klingbeils vollumfänglich auf seemoz nachzulesen. Von Absperrgittern ist in der Stellungnahme die Rede, von Kennzeichnungen am Boden, damit jeder wisse, dass er gefilmt wird und dergleichen mehr. In der Konstanzer Innenstadt wird sich kaum ein Ladenbesitzer finden, der dafür zu begeistern ist. Außer, er liebäugelt mit einer nachhaltigen Geschäftsschädigung seines Unternehmens. Auch dieses Projekt, da verwette ich eine Kiste edelsten Getränks, ist hiermit verglüht.

Fast schon panisch klammert man sich an die restlichen Events, denn viele sind nicht mehr übrig geblieben. Ruth Bader kann einem leid tun. Bienenfleißig ist sie, stolpert aber von einer Fallgrube in die nächste. Fahrlässig und unseriös handelte sie aber auch, da sie es unterlassen hat, die kritische Mail von Jörg Klingbeil an alle Mitglieder des Auschusses weiterzuleiten. Der Stuttgarter Datenschützer hat sich mittlerweile bei Bader gemeldet und sein Bedauern zum Ausdruck gebracht, dass seine Einschätzung vorab bei seemoz veröffentlicht worden sei. Daraufhin bemerkte OB Burchardt, das käme eben davon, wenn brisantes Material „bei der falschen Stelle“ landen würde. Diesen Satz hätte sich das Stadtoberhaupt, der das Konziljubiläum mittlerweile zur „Chefsache“ erklärt hat, besser verkniffen. Das will so gar nicht zu einem Oberbürgermeister passen, der noch während seines Wahlkampfs vor einem Jahr vollmundig mehr Bürgerbeteiligung und Transparenz versprochen hat.

Leid tun kann einem Ruth Bader aber auch, weil sie es mit einem Ausschuss zu tun hat, der seine wesentliche Aufgabe – nämlich die Kontrolle der Verwaltung – weitgehend außer Acht lässt. Egal, was an Jubiläumsabsurditäten auf den Tisch kommt: Die Ausschussmitglieder winken fast alles durch. Und wenn es schief geht, will es wieder mal keiner gewesen sein. Nochmal zur Erinnerung: Es geht um ein Gesamtpaket, das mit Steuergeldern von mindestens sechs Millionen Euro geschnürt ist.

Alleine deshalb schon sollte man sich die Namen der Ausschussmitglieder merken, die sich kommendes Jahr bei den Kommunalwahlen wieder um einen Sitz im Gemeinderat bewerben.

Autor: H.Reile

Anmerkung in eigener Sache: Der Autor ist Stadtrat der Linken Liste Konstanz (LLK) und Mitglied im Betriebsausschuss Konzil. Dort kann er zwar mit reden, aber nicht mit stimmen, da die LLK keinen Fraktionsstatus hat.

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Das nächste Jubiläumsprojekt steht kurz vor dem Aus