Hans Söllner: Der bayrische Rebell kommt an den See

Wer in den fünfziger Jahren auf diesem Planeten aufschlug und das auch noch im bayrischen Hinterland, dessen Lebensweg war eigentlich vorgezeichnet. Katholischer Kindergarten, dann Schule und als kulturelle Ergänzung entweder – Reihenfolge unerheblich – eine Jugendkarriere als Pfadfinder, Brauchtumsbewahrer, Kassenwart bei der CSU oder Dorfdepp.

Ein ähnliches Schicksal schien auch Johann Hans Michael Söllner beschieden, der am 24.12.1955 in Bad Reichenhall zur Welt kam. Aber nicht in einem Stall und schon gar nicht als Christkind.

Der  Söllner Hansi wurde als Knabe auf elterlichen Druck hin dem Trachtenverein Marzoll zugewiesen. Das ging auch eine Weile leidlich gut, bis der Bursche, gerade mal 14-jährig, sein Haupthaar wachsen ließ. Sakrament! – das war den Marzoller Trachtlern dann doch zu heftig. Der Lederhosen- und Gamsbart-Vorstand befürchtete Ansteckungsgefahr in der Jugendabteilung und warf den Langhaarigen hochkant hinaus.

Söllner wendete sich daraufhin dem wirklichen Leben zu und absolvierte eine Lehre als Koch. Wann immer Zeit war, bezupfte Hansi eine Gitarre und sang in privaten Schutzräumen garstige Lieder. Da es ihm auf dem Lande zu dröge wurde, emigrierte er in die Weltstadt München und erlernte den Beruf des KFZ-Mechanikers. Während seiner Berufsschulzeit bastelte er an  einer  Langspielplatte und trat erstmals 1979 in der Münchner Kleinkunstbühne „Robinson“ öffentlich auf. Er gab bissiges Liedgut zum Besten, attackierte die Obrigkeit und die katholische Kirche. Schnell wurde Hans Söllner ein Begriff bei den Aufmüpfigen im Staate Bayern und seine Fangemeinde wuchs.

Da es ihm der Reggae angetan hatte, suchte er 1986 die Insel Jamaica auf, begeisterte sich nicht nur an der Musik vor Ort, sondern auch an dem Rausch-Kraut Marihuana, das er seitdem konsumiert und für dessen Legalisierung er seine Stimme erhebt. So ist es auch keineswegs verwunderlich, wenn von ihm folgender Text zu hören ist: „Edeltraut, ja Edeltraut – Du host a´ sauguats Gros o´baut“. Klar, dass da die Strafbehörden große Ohren bekamen und dem Söllner Hansi das Leben schwer machten. Da der renitente Zeitgenosse auch immer wieder das politische Personal des Freistaates mit deftigem Vokabular überzog, häuften sich die Anzeigen wegen Beleidigung und übler Nachrede. Schätzungsweise 120 000 Euro hat ihn das mittlerweile gekostet. Auch bayrische Anwälte wollen leben.

Doch das juckt den Barden mit der Rasta-Mähne nicht die Bohne. Er zieht entweder alleine oder mit seiner Band „Bayaman Sissdem“ durch die Lande, sorgt für volle Häuser und gute Stimmung. Er singt an gegen soziale Ungerechtigkeit, gegen Arbeitslosigkeit oder Amtsmissbrauch und gilt weithin als „bayrisches Urgestein des deutschen Reggae“. Dem Vorwurf des Drogenmissbrauchs entgegnete er einst auf seine Weise: „Ich nehme keine Drogen. Nur Marihuana und das in geringen Mengen. Für mich ist eine geringe Menge die Menge, die ich gerade noch tragen kann. Also ungefähr 80 Kilo“. Ansonsten besteht er auf sein Recht als bekennender Rastafari, für die der Genuss von Marihuana zur grundgesetzlich geschützten Religionsausübung gehört.

Letztes Jahr wurde Hans Söllner beim TTF Rudolstadt, einem der bedeutendsten und größten Folkfestivals Europas, mit dem deutschen Weltmusikpreis „Ruth“ geehrt. Die Jury würdigte damit „einen dichtenden und singenden Anarchen der deutschen Musikszene, der zutiefst im bayrischen Sprach- und Lebensraum beheimatet ist“.

Am Montag, 26.April um 20 Uhr, fällt der Söllner Hansi im Radolfzeller „Milchwerk“ ein. Mit einem in jeder Hinsicht interessanten Abend darf und musss gerechnet werden. Nicht zugelassene Rauchwaren müssen vor dem Konzert an der Garderobe abgegeben werden.

Tickets: Tel.: 07732-81362 begin_of_the_skype_highlighting              07732-81362      end_of_the_skype_highlighting  oder www.reservix.de

Foto: © Mariocopa / PIXELIO
www.pixelio.de

AutorIn: H. Reile