Attacke: Bürgermeister Werner geht in die Offensive
Jetzt, wo sein Abschied feststeht, gibt sich Kurt Werner kämpferisch. In einem breit gestreuten Brief wirft der Bürgermeister der Südkurier-Lokalredaktion unsaubere Berichterstattung vor. Und ganz nebenbei knüpft er sich ein Kränzlein voller Eigenlob. Spannend wird sein, welchen Niederschlag diese Privatfehde zwischen Werner und Jörg-Peter Rau, dem Konstanzer Lokalchef des Heimatblattes, in den Zeitungsspalten findet. Das ist dann schon mal einmalig und ausnahmsweise 1,60 wert
Ganz ohne Häme veröffentlicht seemoz das Anschreiben sowie das Protestschreiben des wütenden Bürgermeisters (s. Foto) :
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Südkurier hat in der letzten Zeit mehrfach das Thema einer eventuellen Wiederwahl von mir thematisiert. Leider hat die Redaktion nie mit mir selbst gesprochen, um den Sachverhalt zu recherchieren. So wurden in der Öffentlichkeit einige Behauptungen aufgestellt, die falsch sind. Der beigefügte Brief, den ich Ihnen gerne zur Kenntnis geben möchte, enthält meine Richtigstellung.
Mit freundlichen Grüßen
Kurt Werner
Bürgermeister
Richtigstellung Südkurierartikel 06.07.2013
Sehr geehrter Herr Rau,
aus meiner Sicht erfordert der am Samstag, den 06.07. 2013, erschienene Artikel „Bürgermeister hört auf“ einige Richtig- und Klarstellungen:
1. Falsch ist, dass das Vertrauen in die Stadträte zerstört bzw. erschüttert ist, dies ist auch nicht meiner Erklärung zu entnehmen. Richtig ist, dass mit der großen Mehrheit der Stadträte die Zusammenarbeit grundsätzlich vertrauensvoll, konstruktiv ist und keinesfalls zerstört.
2. Meine Erklärung wurde nur teilweise zitiert, gerade die Art und Weise, wie die Indiskretion in der Presse dargestellt wurde, ist befremdlich.
3. Zu der genannten „harschen Kritik“ zu den „langsamen Fortschritten im Bereich Verkehr“ möchte ich wie folgt Stellung nehmen:Der Masterplanprozess mit umfangreicher Grundlagenarbeit und breiter Bürgerbeteiligung mit 3 Mobilitätsforen ist im Vergleich zu anderen Städten in einem üblichen Rahmen. Parallel wurde das Agglomerationsprogramm Konstanz-Kreuzlingen als abgestimmtes Verkehrs-Siedlung- und Freiraumkonzept vom Gemeinderat beschlossen und beinhaltet Maßnahmen in Höhe von über 200 Mio. SFR als eine wesentliche Grundlage. Der Themenbereich Ruhender Verkehr wurde ebenfalls vorab erarbeitet und von den Gemeinderäten beschlossen. Hinzu kommen eine Vielzahl von großen Einzelmaßnahmen wie z.B.:
- P & R – Platz am Seerhein
- Ausbau Radwegenetz Petershausen-Reichenau
- Planung Busspur Brunnenstraße bereits 2006, wegen fehlender Finanzmittel leider noch nicht umgesetzt
- Städtebaulicher Wettbewerb Döbele mit neuem Verkehrskonzept, Parkierungsanlage und Wohnen
- Modellprojekt Bahnhofsboulevard und provisorischer Ausbau (Realisierung 2014 geplant)
- Realisierung der Planung Verkehrsberuhigung Pollmer Dingen zur Umsetzung des 1. BA Anfang 2014
- Sanierung des Bahnhofsgebäudes mit Mobilitätszentrale und Planung einer für das Oberzentrum wichtigen barrierefreien Gleisanlage und angemessenen Unterführungsbauwerkes
- Qualitätsvoller und barrierefreier Umbau des Münsterplatzes 2013 in enger Abstimmung mit den verschiedenen Interessengruppen
- Unterstützung von Verbesserungen auf dem Altstadtring mit partiellen Vorrang des Busverkehrs und aktuelle Prüfung durch ein externes Büro
Insoweit weise ich die Behauptung von „langsamen Fortschritten“ im Bereich Verkehr entschieden zurück.
4. EntwicklungVincentius
Die Beschlussvorlage Vincentius wurde in 2012 vom Gemeinderat abgesetzt und daher keine Entscheidung getroffen. Im abgestimmten Arbeitsprogramm 2013 hatte dieses Projekt keine Priorität. In Abwägung dringender anderer städtebaulicher Aufgaben wie die Auslobung des Wettbewerbs Döbele und die Verhandlungen und Planungen zur Verlagerung der Fa. Hardenberg auf das ehemalige Transco-Gelände wurde die Vorlage auf den September 2013 geschoben. Dass es bei der Vielzahl von Projekten und einer dünnen Personaldecke in diesem Fall zu Verzögerungen kam, ist vertretbar.
5. Insgesamt finde ich meine Arbeiten in ihren Aussagen keinesfalls angemessen gewürdigt, betrachtet man meine Gesamtleistungen innerhalb der vergangenen mehr als sieben Jahre (u.a. Entwicklung Soziale Stadt Berchen, Stadtteilentwicklung Petershausen mit Seeuferbebauung Herosé und Great Lakes sowie Quartier Bahnhof Petershausen, um nur die größten Projekte zu nennen).
Im Übrigen hätte ich es sehr begrüßt, wenn sie mich in den vergangenen Tagen bei Ihren diversen Artikeln auch einmal persönlich zu diesen Themen befragt hätten.
Diese Erklärung wird parallel an die Stadträte und einen weiteren Verteilerkreis aus meinem Tätigkeitsfeld versandt.
Mit freundlichen Grüßen
Kurt Werner
dass Herr Werner hätte längst abgewählt werden können, ist wohl vielen entgangen …
Sehr geehrter Herr Riehle, hier geht es nur um einen Willen der Zeitung, nämlich dem zum Beweis der Macht. Hier werden Bürgermeister gemacht. Das war in der Printausgabe zwei Tage vor der ersten Konstanzer OB-Wahl im letzten Jahr so. Und ist in Singen in der Schlussrunde ähnlich. Um Auslaufmodelle kümmert man sich dann nicht mehr unbedingt. Mit denen kann man ja auch keine Machtspiele mehr treiben.
Die „ZukunftsWerkStadt“ hat mit dem neuen Bürgerportal zunächst einmal überhaupt nichts zu tun, sondern ist eine Initiative von engagierten Menschen der Teilorte, die sich für ein intensiveres Kommunikationskonzept eingesetzt haben. Dieses war schon lange in Planung und im Entstehen, als die „ZukunftsWerkStadt“ von Konstanz noch nicht viel wusste.
Litzelstetten war mit der Überplanung eines prägenden Grundstückes in der Ortsmitte als Teilprojekt der „ZukunftsWerkStadt“ vertreten. Sicherlich hat dieses dazu geführt, dass man hier mit dem Thema der Partizipation überhaupt enger vertraut wurde und vielleicht auch neue Ermutigung bekam, sich nach misslungenen Bürgerbeteiligungen in der Vergangenheit wieder darauf einzulassen.
Gleichwohl darf man sicher nicht davon ausgehen, dass hier trotz der letztendlich guten Ergebnisse alles optimal verlaufe ist. Bürgerbeteiligungsprozesse sind ein ständiges Lernen und Reflektieren – und sie stehen nicht zuletzt auch immer wieder neu im Spannungsfeld der Interessen unterschiedlicher Beteiligter. Und je mehr es davon gibt, desto schwieriger wird es erfahrungsgemäß. Das war dieses Mal nicht anders.
Und das neue Bürgerportal wird hier auch nicht alle Schwierigkeiten lösen können: Zwar bietet es neue Formen des Austausches, der Meinungsäußerung und des Dialoges und versucht, aus Sicht der Bürger zu informieren und Stimmungen einzufangen. Letztlich wird die Effektivität aber maßgeblich auch davon abhängen, ob und in wie weit sich die Politik auf die dort getätigten Reaktionen einlässt. Würde das Bürgerportal zu einer Art „Aufdecker“ werden und damit eine enthüllende Transparenz herstellen, so wäre das zu wenig und der falsche Ausgangspunkt. Ich wünsche mir viel eher, dass sich politische Verantwortliche und Verwaltung nicht gedrängt, sondern aus eigenem Interesse des nachhaltigen Vertrauens zu den Bürgern eingeladen fühlen, gemeinsam ehrliche Transparenz herzustellen. Und wenn das Portal dafür eine Brücke sein kann, hat es einen wesentlichen Zweck erfüllt.
Bürgermeister Werner zog das städtebauliche Planungsprojekt ZukunftsWerkStadt für Konstanz an Land – dafür sei ihm gedankt.
Er zeichnete ebenso ein internationales Bild der Verbundenheit mit Japan, da er für eine konsequente Energiewende am Abend des 15. März 2013 im Treffpunkt Petershausen gegenüber Frau Hiroko Uehara warb; sie war von 1999 bis 2007 Bürgermeisterin der Stadt Kunitachi in der Präfektur Fukushima.
Der Verlauf der Mobilitätsforen gestaltete sich als ein recht heterogener Prozess. Eine Beteiligung unterschiedlichster Interessens-Vertreterinnen musste erst einmal in Gang kommen.
Hat sich nicht gar die Online Zeitung http://www.bodanbuerger.de aus den fortwährenden Treffen im Rahmen der ZukunftsWerkStadt für die Ortsteile auf dem Bodanrück zusammengefunden?
Was ist aber mit dem seit Jahren europaweit angedachten Tempolimit 30 km/h für Städte?
Diese Baustelle und einige andere wie der anhaltende Bedarf an sozial ausgewogenem Wohnungsbau bleiben weiter bestehen.
Das politisch bürgerschaftliche Engagement rund um die Begegnungszonen Konzil, Bahnhof, Münster, Seerhein musste in den letzten Jahren von der Stadt Konstanz durchaus anerkannt werden – Beständigkeit und kritischem Journalismus ist dies zu verdanken.
Im Winde verweht – da hat Dennis Riehle ins Schwarze getroffen – verliert sich in dieser Stadt insbesondere die Öffentlichkeit kommunaler Entscheidungen. Externe Moderatoren Teams, Headhunter, möglicherweise immer potentere Investoren -nur fast keine verorteten Kompetenzen – wen wundert da noch das Philharmonie-Desaster – auf die Transparenz aus Litzelstetten darf gehofft werden.
Dazu sollte wohl ein demokratischer Nachhilfeprozess mit unseren Nachbarn aus der Schweiz oder rundum den Globus gepflegt werden – eine Welt im Kleinen wie im Großen.
Auch wenn sich Kurt Werner hier darstellend vor dem Hintergrund der „ZukunftsWerkStadt“ zeigt, muss ich leider aus eigener Mitwirkung an diesem und anderen Bürgerbeteiligungsprozessen den Eindruck wiedergeben, dass der Bürgermeister nicht mit allzu großem Interesse und Überzeugung diese Form des Miteinanders in der Stadtplanung und -gestaltung bedacht hat.
Und leider zeigt auch eine lange Anlaufzeit für das Ernstnehmen von Bürgereinwänden und Anregungen bei größeren Bauprojekten der Vergangenheit (Dettingen-Schmidtenbühl, Urisberg, Herosé, Petershausen-West/Rheinufer, Münsterplatz o.a.) dieses Bild.
Noch im Vorfeld der provisorischen Einrichtung der Begegnungszone verliefen nicht selten einmalig einberufene Veranstaltungen oder Arbeitskreise letztlich im Sande. Bürgerbeteiligung lebt von Nachhaltigkeit. Und sie braucht Politiker, die sie nicht als Nebensache betrachten, sondern sich dafür aus Überzeugung Zeit nehmen.
Dass Kurt Werner moniert, manche Information der letzten Wochen sei nicht vertraulich behandelt worden, ist sicher eine gegenüber der Presse falsch adressierte Kritik. Gleichsam ist sein Einwand, dass eine persönliche Rücksprache mit ihm wünschenswert gewesen wäre, sicherlich berechtigt. Sollte es hier tatsächlich nie zu einem Gespräch mit der Lokalredaktion des „Südkurier“ gekommen sein, wäre das doch auch ein zweifelsohne (bewusstes?) journalistisches Versäumnis und zeugt nicht vom Willen einer ausgeglichenen Berichterstattung.