Der erste Europäer in Konstanz

Auch Helden haben Mütter und Ehefrauen, Väter, Brüder und Schwestern, Freunde. Und ein „Held seiner Zeit“ war der Graf Ferdinand von Zeppelin, dem derzeit Ausstellungen und Bücher zuhauf gewidmet werden, zweifellos. In der Konstanzer Ausstellung, die Tobias Engelsing ab morgen im Rosgarten-Museum präsentiert, wird der Held nicht glorifiziert, sondern als einer der ersten Europäer in Konstanz gezeigt, der vom armen Landadeligen zum „Beherrscher der Lüfte“ wurde. Und das am Bodensee.

„Die Familie öffnete uns ihre Schlösser“, schwärmt Tobias Engelsing. Der Chef im Museum Rosgarten und Direktor der Städtischen Museen Konstanz stellte nicht nur die neue Ausstellung, sondern gleich auch sein neues Buch vor: „Die Zeppelins – Lebensgeschichten einer Adelfamilie“, das er mit seinem Friedrichshafener Kollegen Jürgen Bleibler rechtzeitig zum 175. Geburtstag des Luftschiffspioniers heraus gebracht hat. Und „diese Geheimnisse der Schubladen und der Privatarchive“ werden nun bis Ende des Jahres in Konstanz gezeigt.

Zeppelin als Begründer des Bodensee-Tourismus wird gelobt

Die Generalsuniform des Grafen und seine Kommando-Tröte, die weit verzweigte Ahnentafel (s. Foto mit T. Engelsing) der wahrlich europäischen Familie mit Verbindungen auch ins Baltikum und nach Frankreich – schier unzählige Fundstücke bietet diese Kabinett-Ausstellung über den „überzeugten Württemberger mit Schweizer Wurzeln“. Dessen Familie als armer mecklenburgischer Landadel an den Bodensee kam, durch Einheirat in die Schweizer Unternehmer-Familie Macaire zu Geld kam und deren Spross Ferdinand hier zu Ruhm kam. Der als 52jähriger mit Schimpf aus der Armee entlassen wurde, dann aber mit seinem Bruder das Konstanzer Inselhotel aufbaute (und damit auch zum Begründer des Bodensee-Tourismus wurde) und schließlich das Geld seines Schweizer Familienteils in die Zeppelin-Produktion steckte.

Doch der „berühmteste Deutsche seiner Zeit“ wird nicht glorifiziert, wird nicht als Konstrukteur gepriesen (das waren seine Mitarbeiter Kober, Dornier und Maybach), nicht als Unternehmer gefeiert (das waren eher seine Verwandten), sondern als Frühpensionär mit einem revolutionären Plan dargestellt. Der erstmals ein Schiff in die Luft brachte, das geradeaus fliegen konnte. Und der sich und seine Idee trefflich zu vermarkten wusste: Der freundliche, rundliche Herr und seine weiße Mütze wurden schnell zum Markenzeichen in der noch jungen Medienwelt.

Zeppelin als Begründer der Bodensee-Rüstungsindustrie wird ausgespart

Anders als in Friedrichshafen, wo die Zeppelin-Stiftung immer noch jährlich Millionen in den Stadtsäckel spült und die Zeppelin-Nachfolgefirmen für Tausende von Arbeitsplätzen sorgen, wird Ferdinand in seiner Geburtsstadt Konstanz als knorriger Familienmensch gezeigt, der trotz aller martialischen Züge auch weiche Seiten hatte – sein inniges Verhältnis zu seiner Schwester wird beleuchtet, sein Fleiß im Sinne protestantischer Arbeitsethik gelobt, sein Familiensinn gezeigt.

Doch hüben wie drüben wird Zeppelin als Begründer der Bodensee-Rüstungsindustrie ausgespart. Engelsing war das wohl bewusst, als er eingangs der Ausstellungs-Präsentation den Grafen Zeppelin mit dem britischen Airforce-General Harris verglich, der im 2. Weltkrieg das Feindesland dem Erdboden gleichmachen wollte. Auch von Zeppelin ist der Satz, dass England brennen müsse, überliefert. Die Umwandlung der Zeppelin-Betriebe in Rüstungsunternehmen, die bis auf den heutigen Tag die Bodensee-Region zur Waffenschmiede machen, war dann nur die logische Folge. Leider findet sich diese Historie weder in den aktuellen Ausstellungen in Konstanz und Friedrichshafen noch in dem Engelsing-Bleibler-Buch wieder.

Ausstellung im Museum Rosgarten: 12.7. bis 29.12. Öffnungszeiten: Di-Fr 10-18 Uhr; Sa. So. 10-17 Uhr; Eintrittspreise: 3 €, ermäßigt für Azubis, Jugendliche und Studenten 1,50 €, für Sozialpass- Inhaber 1 €

Autor: hpk

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