Heuschrecken am Himmel über Konstanz

Nahezu 500 Beschäftigte, darunter Ehemalige genauso wie Gewerkschafter aus ganz Baden-Württemberg, demonstrierten gestern vor dem Konstanzer Siemens-Werkstor, ihr Motto: „Eine Stunde für unsere Zukunft“. Für den Protest ist es höchste Zeit: Kürzlich war bekannt geworden, dass Finanzinvestoren das Konstanzer Werk übernehmen wollen

Das „Handelsblatt“ berichtete vergangene Woche, dass die drei US-Finanzinvestoren – gemeinhin als „Heuschrecken“ beschimpft – Triton, The Gores Group und Platinum Equity ihr Interesse am Siemens-Werk in Konstanz angemeldet hätten. Das rief den Konstanzer Betriebsrat und die zuständige IG Metall aus Singen auf den Plan, die unverzüglich zur gestrigen Protestveranstaltung aufriefen.

Und fast 500 kamen, deutlich mehr als noch im vergangenen Dezember, als die Verkaufspläne des Siemenskonzerns bekannt wurden (seemoz berichtete). Wolfgang Bandel, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender von Constellium Singen, vormals Alcan, beschrieb dann auch, was mit Firmen und Arbeitsplätzen passiert, wenn sie unter die Fuchtel von Heuschrecken geraten: „Dreimal hat in den letzten Jahren der Besitzer gewechselt, zahllose Arbeitsplätze gingen verloren, Rationalisierungen gibt es im Zwei-Jahres-Takt“. Finanzinvestoren seien nur am kurzfristigen Profit durch Wiederverkauf und eben nicht am langfristigen Erhalt industrieller Arbeitsplätze interessiert.

Das wollen die Konstanzer Siemens-Beschäftigten mit sich nicht machen lassen, bekräftigte deren Betriebsratsvorsitzender Claus Schreijäck. Stattdessen forderte er das langfristige Engagement eines industriellen Investors. „Und wir wissen, dass es Interessenten gibt. Die Konzernzentrale in München muss nur einschlagen“. Wie auch andere Redner forderte er, der Landkreis und die Stadt Konstanz sollten sich in die Verhandlungen einschalten: „Es sind schon genug industrielle Arbeitsplätze verloren gegangen, ohne dass sich die Politik geregt hat“.

„Unser Kampf ist nicht vergebens“, bestärkte Volker Schmitz, stellvertretender BR-Vorsitzender in Konstanz, die Kolleginnen und Kollegen. Dass der zweihundertfache Arbeitsplatz-Abbau bislang nicht in die Tat umgesetzt wurde, sei ganz wesentlich der Gegenwehr von Betriebsrat (BR) und Gewerkschaft zu verdanken. „Und so werden wir uns auch gegen diese Heuschrecken wehren“.

Autor: hpk

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