Bürger sorgen für Wohnraum
Während Bürgermeister am „großen Wurf gegen die Wohnungsnot“ basteln, während im Gemeinderat Alibi-Anträge gegen den Mietwucher beratschlagt werden, machen Bürger mobil. Im Konstanzer Ortsteil Litzelstetten trafen sich Wohnungsinhaber und Wohnungssuchende zum Wohnungstausch: Biete Wohnraum gegen Hilfe im Garten oder: Wohnraum gegen Krankenpflege. Oder, wie es das Studentenwerk Seezeit bei einem ähnlichen Projekt nennt: Ein Quadratmeter pro Stunde
Die Initiative „Bodanbürger“ hatte zu einem Vermittlungsabend „Zuhause in Litzelstetten“ eingeladen – rund ein Dutzend Bürgerinnen und Bürger, die entweder Bereitschaft zeigten, Mitbewohner gegen Arbeit aufzunehmen, Wohnungen oder Häuser zu tauschen oder aber auf der Suche nach solchem Wohnraum sind, waren gekommen. Die Initiatoren Wolfgang Flick und Dennis Riehle zeigten sich zufrieden: „Trotz des Sommerwetters sind Menschen mit unterschiedlichen Anliegen und persönlichen Hintergründen gekommen. Das unterstreicht die Bedeutung der Thematik“.
„Das wichtigste Wahlkampf-Thema“
Die Wohnraumnot hat mittlerweile auch in Konstanz die Politik auf den Plan gerufen. Dennis Riehle: „Damit liegt wohl eines der wichtigsten Wahlkampfthemen in diesem Jahr auf dem Tisch“. Er erläuterte, dass sich der Ortschaftsrat dafür ausgesprochen habe, neues Bauland auszuweisen. Diese mittelfristigen Maßnahmen müssten nun von der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat koordiniert werden. Wolfgang Flick bekräftigte, dass die unterschiedlichen Initiativen, so auch der Zusammenschluss mehrerer Dutzend Familien unter dem Namen „Wir sind Litzelstetten“, ein Signal seien. Oberbürgermeister Burchardt und das Amt für Stadtplanung und Umwelt hätten auch durch die Wohnraumbedarfsanalyse einen neuen Auftrag bekommen, nun rasch zu handeln.
Diese Sichtweise bekräftigte auch der anwesende stellvertretende Ortsvorsteher, Hansjörg Herrmann (Freie Wähler), der versicherte, dass man in den nächsten drei bis vier Jahren Erfolge sehen würde. Für die momentane Situation brauche es aber individuelle Angebote. Dafür sei der Vermittlungsabend gedacht, so Wolfgang Flick. Die Idee zur Veranstaltung sei aus zahlreichen Wohnungsgesuchen und -angeboten entstanden, die bei der Initiative aufgelaufen seien. „Bodanbürger“ hat sich aus verschiedenem bürgerschaftlichen Engagement entwickelt und betreibt das Online-Bürgerportal der drei Bodanrück-Teilorte Litzelstetten-Mainau, Dingelsdorf-Oberdorf und Dettingen-Wallhausen, www.bodanbürger.de.
Hilfe gegen Miete
In der Diskussionsrunde wurde deutlich, dass es einerseits Bereitschaft einzelner älterer Mitbürger gibt, Wohnraum zu teilen – beispielsweise mit „einem Studenten, der mir im Gegenzug im Garten hilft“, wie eine Teilnehmerin erklärte. Eine Familie stellte dar, wie sie nach dem Tod von Elternteilen eine Wohnung bereitstellen könnte – sie wünsche sich dafür gleichzeitig „etwas Unterstützung bei der Betreuung der an Demenz erkrankten Mutter“. Auf der anderen Seite berichtete ein Familienvater, dass er mit Frau und Kindern seit zwei Monaten in einer Ferienwohnung leben müsse – nahezu unbezahlbar.
Vertreter von „Wir sind Litzelstetten“ legten dar, dass ihre Klientel wesentlich nach größeren Wohnungen Ausschau halte: „Mit drei Kindern oder mehr reicht eine 4-Zimmer-Wohnung nicht mehr aus“. Litzelstetten werde aufgrund der demografischen Entwicklung ganz besonders an Einwohnern mittleren Alters verlieren, konstatierte Dennis Riehle. Diese Situation fordere eine umsichtige Planung. Ortschaftsrat Markus Riedle untermauerte deshalb: „Wir dürfen die Teilorte nicht zu schlafenden Dörfern, bestehend aus Zweitwohnsitzen, verkommen lassen“. Viele Menschen wollten bleiben, dabei sei die intakte Infrastruktur ein wesentlicher Grund. Wohnraum müsse allerdings bezahlbar sein, ein kleines Familienhaus für über eine Million Euro sei selbst für Gutverdiener nicht erschwinglich. Ein anderer Gast erwähnte zugleich auch die Strahlungssituation im Ort: „Elektrosensible können in Litzelstetten kaum zwischen W-LAN und den Mobilfunkantennen leben“.
Mancher Wohnraum wird nicht genutzt
Die Runde war sich einig, dass man gerade die ungenutzten Wohnflächen aktivieren sollte. Wesentlich sei es, Menschen vor Eintritt in das höhere Lebensalter zu animieren, sich über die Verwendung des Eigentums ihre Gedanken zu machen. Momentan seien es vor allem ältere Bürger, die nicht selten allein in Häusern und Wohnungen mit 100 oder 200 Quadratmeter lebten. „Man kann niemanden zwingen, Wohnraum zu teilen. Aber informieren und Möglichkeiten aufzeigen, das ist wichtig“, erläuterte Hansjörg Herrmann.
Um den Menschen in solchen heiklen Fragen zu begegnen, sei es wesentlich, ihnen auf einer vertrauten Basis entgegen zu kommen. In Litzelstetten sei dies vor allem durch die Nachbarschaftshilfe und ihre Helferinnen denkbar. Dennis Riehle, Mitglied im Vorstand des Vereins und Pflegelotse im Landkreis, bekräftige, dass er in Gesprächen mit älteren Menschen vor allem Angst und Scham wahrnehme, wenn es darum gehe, über ihren leer stehenden Wohnraum zu sprechen. „Hier spielen Erinnerungen und Emotionen eine Rolle, da braucht es Fingerspitzengefühl“. Er sicherte aber zu, die Thematik in die Nachbarschaftshilfe einzubringen und über Wege zu debattieren, wie man auf ältere Menschen mit dieser Frage zugehen könne.
Heute Abend haben sich Menschen kennen gelernt, bei denen vielleicht Angebot und Nachfrage noch nicht sofort übereinstimmen. Doch der erste Schritt ist getan, um aufzuzeigen, dass durch Begegnungen wie heute Vertrauen aufgebaut werden kann, um Projekte wie Wohnungstausch und Wohnen gegen Arbeit umzusetzen“, so die Organisatoren. Flick und Riehle planen, die Veranstaltung zu wiederholen – dann vielleicht schon mit gezielteren Einladungen und nach ersten auslotenden Gesprächen mit weiteren Interessierten.
Autor: PM (Riehle)/hpk
Weiterer Artikel:
@Holger: Zu dem Thema könnte man nun wieder ein riesiges Fass aufmachen und hunderte Studien für und gegen die Theorie anbringen.
Was ich allerdings ein Stück weit arrogant und gar unverschämt empfinde, ist der nicht nur bei diesen Thema gegangene Versuch, Menschen mit nicht unmittelbar kausal nachweisbaren Symptomen und Krankheitsbeschwerden in die psychosomatische Ecke zu drängen. Damit macht man es sich einfach und nimmt nichts von dem ernst, was nicht nur Betroffene, sondern eben auch eine Vielzahl an Wissenschaftlern und Medizinern, ja, sogar auch die EU und WHO an Erfahrungen und bisherigen Erkenntnissen zusammengetragen haben.
Wer sich mit Problemen nicht beschäftigen will, findet einfache Antworten. Damit ist aber niemandem geholfen, wenn es um eine tatsächliche Risikobewertung geht. Weder Hysterie, noch Ignoranz sind an dieser Stelle gute Ratgeber.
@Joachim: Bis heute gibt es nicht den geringsten Beweis der Schädlichkeit von Funkwellen. Es ist wohl eher so, dass manche Menschen an Radiophobie oder Hysterie leiden. Kaum sehen sie eine Antenne, haben sie Beschwerden, obwohl die Antenne gar nicht sendet. Wie so oft ist das mal wieder Panikmache und Technikhysterie
Hallo nochmal und vielen Dank, zur Info:
nur ein paar Stunden später habe ich tatsächlich Antwort von Herrn Rügert auf meine damalige Email an ihn erhalten, ein seemoz-Kommentar bringt wohl mehr als eine direkte Email.
Viele Grüsse!
Zum Thema Leerstand in Städten gibt es in Facebook eine Gruppe in Hamburg mit über 10.000 likes:
https://www.facebook.com/pages/Leerstand-zu-Wohnraum/162267107120138
Für Konstanz ist sie noch am Entstehen:
https://www.facebook.com/groups/432672423497869/
@ Jaqueline Müller:
Das Urteil basiert offenbar auf einem Gesetz zu Maßnahmen gegen Zweckentfremdung, das in Baden-Württemberg 2006 abgeschafft wurde und erst durch die neue Landesregierung nun wieder eingeführt werden soll. Allerdings, so meldet es zumindest die Webseite der Landesregierung, lag bis zur Sommerpause erst ein Vorschlag für einen Gesetzentwurf vor. Nach Beschluss durch den Landtag liegt eine Umsetzung dann ohnehin noch in der Hand der Kommunen. Deshalb wird es noch dauern, sich auf diese, in anderen Bundesländern bereits seit langem durchgehend geltende Rechtslage auch hier stützen zu können.
http://www.berliner-mieterverein.de/magazin/online/mm0410/hauptmm.htm?http://www.berliner-mieterverein.de/magazin/online/mm0410/041014.htm
Mobilfunk ist das eine
und Wlan das andere
bei ersterem kann man durch Umzug Abstand halten
Beim Wlan ist die Ignoranz der Leute extrem. hier kann man fast nich ausweichen, außer man wohnt im eigenen Haus.
Bei Wlan ist die biologische Wirkung selbst bei geringer Stärke am größten. Für Elektrosensbile der Horror im Quadrat.
Die meisten Schulen haben bereits gemerkt, dass es die Konzentration stört und Wlan abgeschafft.
In Wohnhäusern ist das ein Problem, da hier bald jeder so etwas hat und damit ein konzentriertes Arbeiten nicht mehr möglich ist.
Zudem stellen sich mittelfristig viele Krankheiten ein.
Von Kopfschmerzen, Schlafstörungen bis zu ALS oder Multipler Sklerose.
Mehlwürmer werden im Versuch übrigens aggessiv.
Kresse wächst nebem Wlan nicht.
http://www.buergerwelle.de/infomaterial/files/WLANflyer.pdf
http://www.maes.de/9%20WLAN/maes.de%20ZITATE%20WLAN.PDF
http://www.maes.de/9%20WLAN/maes.de%20WLAN%20INTERNET.PDF
der Zweckentfremdung durch Leerstand kann entgegen gewirkt werden
auch hier hat die Stadt geschlafen!
http://www.wohnung.net/mietrecht/topic,1120,-zweckentfremdung-durch-leerstand.html
Hallo,
ein schöner Artikel: „Bürger sorgen für Wohnraum“
So etwas sollte viel mehr publik gemacht werden. Ich habe schon vor Wochen Herrn Rügert angeschrieben, weil wir selber sehr froh sind, dass unser Vermieter uns ein Untermietverhältnis zugestanden hat. Wir konnten dadurch als Familie einen Teil unsres Reihenhauses an eine Studentin weitervermieten und so zusätzlichen Wohnraum schaffen, plus – was auch nicht ganz unwichtig ist – uns finanziell entlasten.
Ohne unsren Vermieter und dessen Hilfe und Engagement wäre das nicht möglich gewesen. Wir dachten, dafür könnte die Stadt ihn auch mit einem Thermengutschein oder ähnlichem belohnen, aber es gab leider gar keine Rückmeldung von Herrn Rügert bzw dem OB, der grosse Wurf ist wohl wichtiger.
Viele Grüsse,
Familie Schäfer