Im Kino blieben die Lichter aus

20130809-231718.jpgWarnstreik im Cinestar-Filmpalast Konstanz: Was am gestrigen Freitag begann, wird am Wochenende fortgesetzt – der Ausstand für mehr Lohn und gerechte Bezahlung. Denn nirgends bei Cinestar wird so schlecht wie in Konstanz bezahlt

Theaterleiter Sven Träger musste die wenigen Eintrittskarten erstmals höchstpersönlich verkaufen. Denn weit mehr als die Hälfte der TicketverkäuferInnen, EinlasskontrolleurInnen und Servicekräfte im Gastronomieverkauf war am Freitagnachmittag dem Aufruf der Gewerkschaft ver.di zum Warnstreik gefolgt, die übrigen waren im Urlaub oder hatten schichtfrei. Bis in den späten Abend hinein blieben die meisten Lichter im Konstanzer Cinestar-Filmpalast aus.

Der schlechteste Lohn in der teuersten Stadt

20130809-231829.jpgDer Unmut der zumeist jugendlichen Beschäftigten (fast ausschließlich 450-Euro-Jobber, Aufstocker, Studenten) ist nur zu verständlich, denn die über 60 Beschäftigten im größten Kino von Konstanz arbeiten für einen Stundenlohn zwischen 6,30 und 6,80 Euro – und das sind zwei bis vier Euro weniger als vergleichbare Arbeitnehmer in anderen Kinos des Konzerns erhalten. Hintergrund: Der Konstanzer Kino-König Hans-Detlef Rabe, Mitgesellschafter des Konstanzer Cinestar-Kinos, verweigert den Beschäftigten einen Haustarifvertrag, wie er schon seit 2010 in anderen Konzernkinos gilt.

Die örtliche Tarifverhandlung am 25. Juli wurde ergebnislos abgebrochen, weil Rabe sich nicht kompromissbereit zeigte. Und der eigens angereiste Konzern-Justitiar versuchte, auf Aushängen im Kino („Liebes Publikum“) diese Verweigerungshaltung mit den „ungewöhnlich hohen Investitionen“ im Konstanzer Haus zu rechtfertigen.

Markus Klemt, zuständiger ver.di-Sekretär und Warnstreik-Organisator, hatte dafür gar kein Verständnis: „Zumindest die Preissituation in einer vom Tourismus geprägten Studentenstadt (Mieten, Eintrittspreise, Lebensmittel, Konsumgüter) rechtfertigt eine bessere Bezahlung. Denn hier verdienen sogar die Angestellten in der Gastronomie acht bis zehn Euro pro Stunde, was auch nicht gerade fürstlich ist“. Und Marco Radojevic – der Bundestags-Kandidat der Linken bekundete als einziger Politiker vor Ort seine Solidarität mit den Streikenden – kritisierte: „In einer der teuersten Städte des Landes wird einer der schlechtesten Löhne gezahlt. Gibt es ein besseres Argument für die längst überfällige Einführung eines Mindestlohns?“

Weitere Einschränkungen nicht ausgeschlossen

20130809-231956.jpgUnd Kinogänger werden sich auch in den nächsten Tagen auf Einschränkungen einstellen müssen. „Der Warnstreik wird am heutigen Samstag und morgigen Sonntag fortgesetzt“, kündigte Streik-Organisator Klemt unter dem Pfeifkonzert der Streikenden an. Die Filmfans übrigens zeigten überwiegend Verständnis: Sogar die Besucherin, die nach eigener Aussage erstmals seit drei Jahren wieder ins Kino wollte („endlich habe ich einen Babysitter“) versagte sich den Besuch: „Man darf den KollegInnen jetzt nicht in den Rücken fallen“.

Autor: hpk