Rede von Peter Mannherz: Antikriegstag 2013

Am 1. September 1939 begann der schrecklichste Krieg der Menschheitsgeschichte durch den Überfall der Wehrmacht auf Polen. Er wurde durch eine Kriegslüge gerechtfertigt. Hitler behauptete: Seit 5.45 Uhr wird zurückgeschossen.

Der deutsche und japanische Faschismus und Imperialismus tragen die Verantwortung für mehr als 60 Millionen Kriegstote und Ermordete in Konzentrationslagern und Tötungsanlagen. Juden, Sinti und Roma und andere wurden in nationalsozialistischen Vernichtungslagern systematisch ermordet.

Wir bekennen uns zum Schwur der befreiten Häftlinge des KZ Buchenwald:

„ Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“

Heute müssen wir erkennen, dass der Schoß noch fruchtbar ist, aus dem das kroch. Die wichtigste Lehre aus den beiden Weltkriegen lautet:

Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg !

Daran wird auch in diesem Jahr in mehr als 120 Orten bei über 200 Veranstaltungen von Gewerkschaften und der Friedensbewegung erinnert – häufig auch gemeinsam.

Die wichtigsten Themen in diesem Jahr sind

– Die bedrohlichen Konflikte im Nahen Osten und im arabischen Raum.
– Die Rüstungspolitik der Bundesregierung und den Aufstieg unseres Landes zum drittgrößten Rüstungsexporteur weltweit, nach Russland und den USA.
– Die zunehmende Militarisierung des gesellschaftlichen Lebens sowie generell die Rückkehr des Krieges als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.

Deutsche Rüstungsgüter – auch hier aus dem Umland des Bodensees (http://www.waffenvombodensee.com/) gehen in mehr als 80 Ländern weltweit. Besonders beliebt sind Waffen made in Germany im Nahen und Mittleren Osten, darunter auch viele Kleinwaffen mit den höchsten Opferzahlen – aus unserer nahen Nachbarschaft.

Wenn die Kasse stimmt, wird Rüstung aus Deutschland unterschiedslos geliefert an Saudi-Arabien, Israel und andere. Staaten, in denen Menschen- und Bürgerrechte mit Füßen getreten werden. Bis vor kurzem sogar an das Ägypten Mursis. An Staaten, die auch wegen ihrer Verstrickung in regionale Dauerkonflikte niemals beliefert werden dürften.

Die Einhaltung der eigenen Rüstungsexportrichtlinien oder des europäischen „Code of Conduct“ ist der Bundesregierung keinen Pfifferling wert, wird ständig durch die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen zum Export wie ein Schweizer Käse durchlöchert.

Der DGB stellt zum heutigen Antikriegstag fest:

„Nie wieder Krieg heißt für uns: Zivile Produktion statt Rüstungsexporte. Unsere Grundsatzposition lautet: Keine Rüstungsgüter in Krisengebiete, keine Exporte in Länder, in denen Menschenrechte verletzt werden. Der DGB ist entschieden dagegen, dass die bisherigen Exportstandards gesenkt oder aufgeweicht werden…Das gilt insbesondere für Rüstungslieferungen in den Nahen Osten. Wir stehen unverändert zur Konversion von militärischer Produktion und militärischem Know-how. Sie müssen in zivile Güter umgewandelt werden. Betroffene Unternehmen und Zulieferer müssen ihre
Produktpalette diversifizieren, den Anteil an zivilen Produkten ausbauen.“

Wir unterstützen die Forderung des DGB nach einem Rüstungskonversionsprogramm der betroffenen Unternehmen, speziell hier am Bodensee. Diese Firmen müssen endlich Ihre Produktpalette diversifizieren und den Anteil an zivilen Produkten deutlich ausbauen.

Die Kritik an der Drohnenpolitik der Bundesregierung hat deutlich zugenommen. Hat doch das Drohnendebakel des Verteidigungsministeriums über 500 Millionen Euro gekostet. Geld, das z. B. für den Ausbau des Bildungssystems jetzt fehlt. Wir widersprechen der festen Absicht der Bundesregierung und des Verteidigungsministeriums, bewaffnete Drohnen für die Bundeswehr zu beschaffen. Auch wenn die Entscheidung erst im nächsten Jahr gefällt werden soll, muss der Druck erhöht werden – auch in dieser Frage. Kampfdrohnen senken die Schwelle zum Krieg – und sind verfassungsrechtlich und völkerrechtlich deshalb strikt abzulehnen.

Sorge bereitet der Umbau der Bundeswehr zu einer weltweit einsetzbaren Interventionsarmee. Ziel einer Reform des Verteidigungsministerium unter de Meziere ist es, 10.000 deutsche Soldaten an zwei bis drei Kriegsschauplätzen kämpfen zu lassen.

Der DGB sagt dazu:

„Nie wieder Krieg heißt für uns: Nie wieder darf von deutschem Boden ein Krieg ausgehen. Wir fordern die Bundesregierung auf, jegliche direkte oder indirekte Unterstützung von militärischen Interventionen, die nicht von einem UN-Mandat gedeckt sind, zu unterlassen oder zu beenden. Die Bundeswehr soll vollständig aus Afghanistan abgezogen werden.“

Die Rekrutierungsengpässe der Bundeswehr soll durch offensive Werbungsmaßnahmen des Ministeriums auf Volksfesten, Schulen und Hochschulen behoben werden.

Dazu sagt der DGB:

„Es darf keinen neuen Militarismus geben. Die Bundeswehr hat im Innern – mit Ausnahme humanitärer Katastrophenhilfe – nichts zu suchen. Wir fordern die Bundeswehr auf, ihre Werbung in Schulen sofort zu beenden.“

Große Sorge bereitet der erbittert geführte Bürgerkrieg in Syrien, an dem längst ausländische Mächte direkt und indirekt beteiligt sind. Es sind dieselben Schiffe im östlichen Mittelmeer, die schon Lybien unter Beschuss genommen haben, als dort die Gegner der Regierung nicht mehr auf einen militärischen Sieg hoffen konnten. Es ist dieselbe Arroganz der Macht wie 1999, als die NATO gegen Jugoslawien einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führte und die Bundeswehr zu ihrem ersten Kriegseinsatz nach 1945 abkommandiert wurde.

Die Fronten in diesem syrischen Krieg sind völlig unübersichtlich. Selbst ranghohe US-Militärs warnen vor einem Einsatz in Syrien, der nur Al Kaida und seinen Verbündeten nützt. Der Einsatz von Giftgas ist ein schweres Verbrechen. Die Verantwortlichen müssen von einem internationalen Militärgerichtshof angeklagt und verurteilt werden. Nur ist es keineswegs sicher, dass dies die syrische Regierung tat. Und trotzdem soll jetzt der Einsatz von Giftgas als Kriegsgrund für die USA herhalten – um mit massiver Gewalt einzugreifen. Leidtragend wird nur wieder die Zivilbevölkerung mit hohen Opferzahlen sein. Genauso wie im Irak 2003, als die angeblichen Giftgaslager Saddam Husseins als Kriegsgrund herhalten mussten, die nach dem Einmarsch der USA niemand fand.

Der oberste Soldat der Bundeswehr, Generalsinspekteur Wieker, hat sich bereits mit den Generalstabschefs der USA, Großbritanniens und Frankreich in Jordanien, in Frontnähe getroffen.
Die Bundeswehr steht mit Patriotraketen schon in der Türkei bereit. Wenn es richtig knallt, wird die Bundeswehr ihren Beitrag zur „Rohstoffversorgung“ leisten, auch wenn der Entwicklungsminister den Einsatz deutscher Soldaten ausschließt.

Anders als in Lybien wird die Bundesregierung den ganz engen Schulterschluss mit den „Verbündeten“ herstellen, das haben Merkel und Westerwelle bereits deutlich gemacht.

Die weltweiten Proteste gegen den drohenden Angriff der USA und ihrer Verbündeten auf Syrien wirken. Ermutigt durch die Entscheidung des britischen Unterhauses, das am späten Donnerstag Abend eine Kriegsbeteiligung des Vereinigten Königreichs abgelehnt hatte, rief die »Stop the War Coalition« für den gestrigen Samstag zu einer Großdemonstration in London auf. »Wir konnten den Krieg im Irak nicht stoppen, aber wir haben in Britannien eine massenhafte Antikriegsstimmung geschaffen. Diese Welle der Antikriegsstimmung ist in den vergangenen Tagen spürbar gewesen«, heißt es in einer Erklärung des Friedensbündnisses. »Die Parlamentsmitglieder haben endlich die Mehrheitsmeinung in diesem Land wiedergegeben.«

Nun geht es darum, auch die USA zu einem Verzicht auf die geplante Aggression zu zwingen.
Die älteren unter uns erinnern sich an die wirkungsvollen Massenaktionen der deutschen Friedensbewegung vor 30 Jahren, an Großdemonstrationen von Hundertausenden in Bonn, an viele Blockadeaktionen vor Raketendepots und an die Menschenkette zwischen Stuttgart und Ulm mit über 150 000 Teilnehmern. Aus Konstanz ist ein ganzer Sonderzug hin gefahren. Vergessen wir nicht: Letztlich haben diese breiten Aktionen der Friedensbewegung dazu geführt, dass die USA und die UdSSR ihre atomaren Kurzstrecken- und Massenvernichtungswaffen aus Mitteleuropa abgezogen haben.

Wir fordern den sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan und der Türkei und unterstützen die Forderung des DGB, dass die Bundeswehr vollständig aus Afghanistan abgezogen werden soll.

Wir erinnern die Bundesregierung an den Grundgesetzauftrag, wonach die Bundeswehr ausschließlich der Landesverteidigung zu dienen hat. Zu verurteilen sind alle Planungen der Bundesregierung und der Nato, die Bundeswehr über 2014 hinaus in Afghanistan zu belassen.

Friedensbewegung und Gewerkschaften verlangen eine Kehrtwende in der deutschen Sicherheits- und Außenpolitik.

Diese kann nur mit einer Abkehr von der allgegenwärtigen Bespitzelung der Bevölkerung durch die Geheimdienste beginnen. Der NSA-Skandal ist kaum noch in Worte zu fassen. Ins Visier dieser Schnüffler geraten nicht nur mutmaßliche „Feinde“, sondern ganze Regierungen und zuletzt sogar noch die Vereinten Nationen. Diesem Spuk und der Kumpanei von BND und NSA muss sofort ein Ende gesetzt werden

Der DGB stellt fest:

„Nie wieder Faschismus heißt für uns: Unsere Geschichte verpflichtet uns zum entschiedenen Widerstand gegen jede Form von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Nazis haben nirgendwo etwas zu suchen. Deshalb bieten wir Ihnen überall die Stirn. Und deshalb wollen wir in Deutschland das Verbot der NPD.“

Wenn wir für Frieden eintreten und davon träumen, endlich in einer Welt ohne Militarismus und Krieg zu leben, dürfen wir nicht vergessen, dass es Menschen sind, die dies verhindern. Es sind dies gesellschaftliche Strukturen, in denen der maximale Profit weniger der Maßstab aller Dinge ist.
Konzern- und Bankenherrschaft, die Herrschaft des Industrie- und Finanzkapitals und der Rüstungsindustrie verhindern und behindern letztlich wirksame Rüstungskontrolle und Abrüstung.

Vergessen wir nicht: Kapitalismus und Krieg sind zwei Seiten einer Medaille. Das kapitalistische Wirtschaftssystem beruht auf dem Prinzip der Konkurrenz, es geht um die bestmögliche Ausgangsposition zur Erzielung des größtmöglichen Profits.

Die Ausbeutung ganzer Kontinente durch große Konzerne und Kapitalgruppen und Expansion mit sinnwidrigen Kapitalanhäufungen großer Vermögen mit heftigen Finanzkrisen sind die Lebensgesetze des Kapitalismus. Ganze Regierungen tanzen nach Ihrer Pfeife….

Das Nutzen militärischer Mittel, um die eigene wirtschaftliche Position zu verbessern, den Zugang zu Rohstoffen, Absatzmärkten und Ressourcen zu sichern und ihre wirtschaftliche Verwertung, ihre Ausbeutung zu ermöglichen, ist eine Konsequenz dieser Logik.

Vergessen wir deshalb eine Erkenntnis nicht, die der französische Sozialist Jean Jaures schon im 19. Jahrhundert gewonnen hatte:

Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen“.

Deshalb fordern wir:

– Kein Krieg gegen Syrien

– Keine Waffenexporte

– Keine Kampfdrohnen

– Keine Geheimdienstschnüffelei

Rede von: Peter Mannherz