Was verpulvern die Kandidaten im Wahlkampf?
Uns hat interessiert, wie viel Konstanzer Kandidaten im Vorfeld der Bundestagswahl an Geld zur Verfügung haben. Und wo die Kohle herkommt. Nur einige KandidatInnen antworteten, einer bloß polemisch, manche wohl auch nicht ganz aufrichtig. Und die Einnahmen-Hitliste ist dann auch nicht erstaunlich – Spitzenreiter ist wohl die CDU, Schlusslichter die kleinen Parteien. Ein Vorgriff auf das Wahlergebnis?
Das Budget einer Partei wird unter anderem dadurch beeinflusst, ob sie Firmen- und/oder Privatspenden annimmt, welches Ansehen sie bei wem in der Bevölkerung genießt und ob sie im Länder- oder Bundesparlament bereits vertreten ist. Wer im Bundestag sitzt, bekommt einen Teil der Wahlkampfkosten erstattet. Uns hat interessiert, wie viel die Konstanzer Kandidaten im Vorfeld der Bundestagswahl 2013 zur Verfügung haben. Kaum verwundern dürfte dabei, dass Parteien, die sich noch in keinem Parlament befinden, im Wahlkampf am wenigsten Geld haben.
Obwohl, so wenig ist das manchmal gar nicht. Timo Sturn, Kandidat der rechtspopulistischen Partei ‚Alternative für Deutschland‘, ließ uns wissen, dass der Wahlkampf der AfD so viel kostet, wie „die Grünen für die Aufklärung der Pädophilie in ihrer Partei ausgeben“, so Sturn in seiner Antwortmail. Was dieser Seitenhieb zu bedeuten hat, weiß wahrscheinlich nur Sturn selbst. Ein kurzes Recherchieren im Internet liefert die Antwort: Es dürfte sich um ca. 200.000 Euro handeln für den Wahlkampf im Bund.
Weitere kleine Parteien, die im Landkreis antreten (ÖdP, Piraten), antworteten auf unsere Anfrage nicht oder deren Vertreter waren im Urlaub (im Wahlkampf!).
CDU lebt von Spenden
Die CDU antwortete vergleichsweise rasch, nahm allerdings auf unser Nachhaken hin keine Stellung dazu, in welcher Größenordnung sich das Budget etwa bewegt. Schriftlichen Aussagen eines Mitarbeiters von Andreas Jungs Büro ist zu entnehmen, dass es angeblich keine Zuschüsse der Partei für den Bundestagwahlkampf gegeben hätte und sich daraus ergäbe, „dass die Finanzierung durch Spenden zu leisten ist“, so das Büro Jung. Angeblich seien diese „ganz überwiegend von Privatpersonen, in geringem Umfang von Unternehmen. Die Spenden werden während des Wahlkampfes eingeworben, so dass das Gesamtbudget noch nicht feststeht.“ Es scheint auch harte Bandagen bei der Union zu geben: „Etwaige Mehrausgaben wären vom Bewerber selbst zu tragen“, schließt der Mitarbeiter seine Mail ab.
20 000 Euro für Volz und Erikli
Das Wahlkampfteam der SPD kalkuliert Kosten von knapp 22 000 Euro für den Wahlkampf von Tobias Volz (s. Foto in der Mitte). Eine ähnliche Summe (20 000 Euro) wurde bei den GRÜNEN auf deren Kreisparteitag für die Kandidatin Nese Erikli (s. Foto) beschlossen. Beide Parteien sammelten auch Spenden, die SPD nach eigener Aussage nur von Privatpersonen. Die GRÜNEN hätten „bisher nur Spenden von Privatpersonen in maximal dreistelliger Höhe erreicht“, so deren Schatzmeister Daniel Eggstein.
Jan Welsch macht für die SPD vor Ort deutlich: „Unsere Regeln der Wahlkampf-Finanzierung gibt die Finanzordnung der SPD vor, die wesentlich schärfere Vorschriften als das Gesetz enthält. So dürfen wir keine Spenden annehmen, wenn davon eine politische Gegenleistung erwartet wird.“ Es bleibt jedoch fraglich, ob nicht jede Form von Spende ein Stück weit interessengeleitet ist.
Mini-Etat für Radojevic
Von den etablierten Parteien dürfte wohl Marco Radojevic (s. Foto links) von der Partei DIE LINKE. am wenigsten Wahlkampfbudget zur Verfügung haben. In seiner Antwortmail führt der Kandidat aus: „Wir haben ein Wahlkampfbudget von ca. 2000 Euro, bekommen aber Plakate und Wahlkampfmaterial von unserer Bundespartei gestellt. Weiterhin finanzieren wir uns durch Privatspenden, die in ihrer momentanen Größe noch nicht bezifferbar sind. Diese dürften aber maximal eine Höhe von 500 Euro haben.“ Für DIE LINKE. stellt Radojevic fest: „Wir als LINKE sind die einzige Partei, die grundsätzlich keine Firmenspenden annimmt, um unsere Unabhängigkeit von der Wirtschaft zu wahren.“
FDP verweigert sich
Als einzige Partei im Bundestag nahm die FDP keine Stellung zur Umfrage. Weder Wahlkreisbüro noch das Bundestagsbüro von Birgit Homburger gingen auf unsere Anfrage ein – trotz mehrfacher Hinweise darauf, dass andere im Bundestag vertretenen Parteien bereits geantwortet hätten. Nun wollen wir nicht unterstellen, dass dies böswillige Absicht einer sich einst bürgernah gebenden Partei war. Vielleicht ist es aber auch besser, über die Tausender zu schweigen, die man in einen betont inhaltsleeren Wahlkampf pumpt.
Autor: ryf
Herr Sturn: Wie schon bei der Antikriegstagskundgebung und auch auf Facebook danach, beweisen Sie hier genauso, dass Öffentlichkeitsarbeit für Sie etwa so sehr Neuland ist, wie das Internet für Angela Merkel.
Wenn Sie unbedingt betont haben möchten, dass es ehrenamtliche Helfer_innen braucht, um Ihre Partei zu unterstützen, sein Sie bitte so fair zu berücksichtigen, dass auch in jeder anderen Partei Menschen eine Menge Freizeit für politische Arbeit investieren – unabhängig mal davon, wie die Redaktion zu den einzelnen Inhalten der jeweiligen Partei steht.
Deswegen fand ich das im „das Bürgerschaftliche Engagement“-Stil gehaltene Gequake in Ihrer E-Mail auch nicht weiter erwähnenswert. Ein Artikel muss schließlich lesbar sein und stellt keine Copy-Paste-Wiedergabe der Antworten dar, die ein Medium erhält.
Wenn Sie hingegen die schnöde „Randbemerkung“ nicht publiziert sehen wollen, lassen Sie sie doch einfach stecken. Ansonsten freut sich die Medienlanschaft wahrscheinlich auch in Zukunft über Ihre bisher vorzüglichen Steilvorlagen.
Diesen Vergleich habe ich mir erlaubt um die unterschiedlichen Dimensionen der Budgets herauszustellen und natürlich weil ich bedauere, dass von diesen Vorfällen und entsprechenden Personen nicht klar Abstand genommen wird.
Ansonsten habe ich Ihnen neben dieser Randbemerkung mitgeteilt (was offensichtlich nicht erwähnenswert für den Verfasser war), dass wir größtenteils auf Spenden und viele ehrenamtliche Unterstützer angewiesen sind, die sich für den Erhalt unserer Demokratie und ein friedliches Europa einsetzen – und das sind viele.
Nicht jedoch die Materialschlacht steht bei uns im Vordergrund, sondern der Dialog mit den Bürgern.
Grüsse
Timo Sturn
Sie schreiben, dass von der Piratenpartei niemand geantwortet habe. Ich weiß zwar nicht, wen Sie gefragt haben, aber bei uns im Vorstand des Bezirksverbands Freiburg der Piratenpartei kam keine Anfrage an.
Deshalb auf diesem Wege einige Informationen:
Bundesweit haben die Piraten etwa 400000 Euro für den Wahlkampf zur Verfügung.
Auf lokaler Ebene stellt sich das so dar:
Eine erste Plakatwelle wurde zentral vom Landesverband organisiert. Eine Grundausstattung an Infostandmaterial haben wir als Bezirksverband den Kandidaten zur Verfügung gestellt. Jeder Kandidat hat ein Budget von 500 Euro vom Landesverband und weitere 500 Euro vom Bezirksverband zur Verfügung. Damit werden Fahrtkosten zu Wahlkampfaktionen, Raummieten für Veranstaltungen, Flyer, Werbematerial für Infostände, weitere (Groß-)Plakate oder sonstige Werbeaktionen finanziert. Das entscheidet der Kandidat jeweils selbst.
Viele Grüße
André Martens
Politischer Geschäftsführer des Bezirksverbands Freiburg der Piratenpartei