Willy Schürmann-Horster zur Erinnerung
In der Chérisy ist eine Straße nach ihm benannt, vor dem Stadttheater ein Stolperstein für ihn verlegt – dennoch ist Willy Schürmann-Horster nur wenigen in Konstanz ein Begriff. Der Theatermann, Marxist und Widerstandskämpfer, ab November 1941 am Grenzlandtheater Konstanz als Dramaturg engagiert, wurde 1942 in Konstanz als Mitglied der Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“ verhaftet und am 9. September 1943 in Berlin-Plötzensee hingerichtet: Ihm zu Gedenken veranstaltet das Konstanzer Theater jetzt eine Lesung nebst Diskussion – spät, aber immer noch rechtzeitig
In den zwanziger Jahren war Willy Schürmann-Horster (s. Foto mit seinem Sohn) als Schauspieler und Regisseur bei vielen Inszenierungen in Deutschland dabei. In den Dreißigern stieß er in Berlin zum Widerstandskreis der „Roten Kapelle“. 1941wurde er als Dramaturg und Werbeleiter am Theater Konstanz engagiert. Der Schauspieler Wolfgang Müller, mit Willy Schürmann-Horster bekannt, hatte ihn dem neuen Konstanzer Intendanten Fritz Becker empfohlen; es darf vermutet werden, dass Schürmann-Horster mit seinem Umzug von Berlin an den Bodensee auch dem politischen Klima in der Reichshauptstadt entgehen wollte.
Als Schauspieler trat Schürmann-Horster in Konstanz jedoch nicht auf. In der Spielzeit Oktober 1941 bis Mai 1942 gab es 247 Aufführungen. Um die männlichen Schauspieler vor Einberufungen zu schützen, organisierte Schürmann-Horster 1942 nach Beendigung der Theatersaison erfolgreich eine zusätzliche Sommersaison. Über seine angeblichen politischen Aktivitäten in Konstanz fanden sich keine Hinweise. Man munkelte über seine Vorgeschichte, und im Theater wurde er scherzhaft als „Kulturbolschewist“ bezeichnet.
Im Oktober 1942 wurde Willy Schürmann-Horster in Zusammenhang mit der Verhaftungswelle gegen Widerstandskämpfer der „Roten Kapelle“ verhaftet und nach Berlin gebracht. Bis zuletzt war er sich sicher, einer Verurteilung entgehen zu können. Der Konstanzer Intendant fuhr nach Berlin und setzte sich vergeblich für seinen Mitarbeiter bei der Reichstheaterkammer und den Justizbehörden ein. Wegen angeblichen Hochverrats wurde Schürmann-Horster, zusammen mit anderen, im August 1943 zum Tode verurteilt, und am 9. September 1943 hingerichtet.
Der Regisseur Wolfgang Hagemann setzt sich zusammen mit dem Historiker Dr. Hans Coppi und dem Schauspieler Zeljko Marovic in einer Lesung mit der Person und dem Leben Willy Schürmann-Horsters auseinander. Im Anschluss gibt es ein Gespräch, welches Intendant Christoph Nix moderiert.
Dr. Hans Coppi, der mit seinem Vortrag » Widerstand aus Freundeskreisen: Die Rote Kapelle« an der Veranstaltung teilnimmt, ist Sohn der Widerstandskämpfer Hans und Hilde Coppi, Historiker, Freier Mitarbeiter an der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, sowie Vorsitzender der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA). Er realisierte Ausstellungen und zahlreiche Veröffentlichungen zur „Roten Kapelle“, zum Arbeiterwiderstand und zur antifaschistischen Erinnerungskultur.
Die Lesung: „Willy Schürmann-Horster, Konstanzer Theatermann, Widerstandskämpfer, Materialist“ findet statt am Sonntag, 20. Oktober – 20 Uhr – Werkstatt; Eintritt: 6,50/5 Euro.
Autor: PM/hpk
Selbständiges Denken leitet Umbrüche ein – manchmal kleine manchmal revolutionäre.
Willy Schürmann-Horster war wehrkraftzersetzend, weil er anderen Schauspielern durch ihre Anstellung half, nicht am faschistischen Kriegsgeschehen teilnehmen zu müssen.
Nach all den Jahren des kalten Krieges, der versteckten und offenen Repression wegen humanistischer Ziele, bitten und verlangen aufrechte, aufgeklärte, querdenkende, linke Medienschaffende heute um so intensiver Zivilcourage gegen stumpfe Morddrohungen zu zeigen – engagé vous!
Was kann da ein Materialist dauerhaft bewirken? Vielleicht kann ein solcher Revolutionär so wie der ehemalige serbische Ministerpräsident Zoran Djindjic die Fixierung auf eine nationalistische, gigantisch überhebliche Insellösung, die Massenmorde legitimiert, aufheben und ist in der Lage, neue sozial gerechtere Lösungen offen ohne Geheimniskrämerei und Gleichgültigkeit einzufordern.
Hans Coppi hinterfragt eine nur auf die Sowjetunion bezogene Widerstandsbewegung Rote Kapelle – sie war vermutlich wesentlich anarchistischer und aus der Hoffnung geboren, in kleinen Widerstandsgruppen Spionage effektiv betreiben zu können.