Wenn Gemeinderäte zu Geheimnisträgern gemacht werden
Wieder einmal „nicht öffentlich“, wieder einmal ein Finanz-Desaster? Über Darlehen und Sittenwidrigkeit geht es am morgigen Donnerstag auch im Gemeinderat. Aber – fast möchte man sagen: natürlich – einmal mehr hinter verschlossenen Türen. So dass die Berichterstattung sich aufs Hörensagen verlassen muss. Das ist für Schreiber, Leser und Betroffene gleichermaßen ärgerlich. Ändern kann das nur Oberbürgermeister Burchardt, der sein Wahlkampf-Versprechen von mehr Transparenz endlich umsetzen sollte
Im Jahresabstand muss seemoz über verlustreiche Geschäfte der Stadt Konstanz und ihrer Tochtergesellschaften berichten. Mal geht es, wie bei den Stadtwerken vor zwei Jahren, um windige Swap-Geschäfte, mal um unsichere Kreditabsprachen. Immer aber um millionenschwere Risiken, die später auf Kunden mit Preiserhöhungen und auf Steuerzahler mit Steuerverschwendung abgewälzt werden.
Als sich erst nach monatelangem Nachfragen die Verwaltungsspitze unter Ex-OB Frank (kraft Amtes der Aufsichtsrats-Vorsitzende der Stadtwerke) endlich zu der Swap-Panne bekannte, verkündete Stadtkämmerer Hartmut Rohloff mit Betroffenheitsmiene, man habe aus dem Desaster gelernt, solche Finanz-Wagnisse seien zukünftig ausgeschlossen. Und nun eine weitere Pleite, deren Ausgangspunkt womöglich Jahre zurück liegt?
Morgen geht es hinter verschlossenen Türen offensichtlich um Darlehen, deren Zinsen an den Wechselkurs des Schweizer Franken gekoppelt sind. Und das, wie man hört, wohl schon jahrelang und noch auf Jahre hinaus. Allein eine solche Koppelung wäre schon mutig, denn die Wechselkursschwankungen gerade gegenüber dem Franken sind ja nicht neu, waren lange absehbar, eine Verschlechterung der Zinssituation ist mithin geradezu zwangsläufig.
Sollten die Flüsterparolen zutreffen, wonach jetzt die Stadt eine Klage gegen den Kreditgeber anstrebt, käme das einem Armutszeugnis gleich. Denn das bedeutete nicht anderes, als dass sich die Finanzverantwortlichen der Stadt wie die des betroffenen Betriebs über den Verhandlungstisch haben ziehen lassen, sich womöglich nicht ausreichend von den Bankern beraten ließen. Zwar sind in jüngster Vergangenheit etliche solcher Klagen, die Kommunen gegen die sie beratenden Kreditinstitute führten, im Sinne der Stadtverwaltungen ausgegangen und selbst namhafte Banken wie die Deutsche Bank wurden zu Schadensersatzzahlungen verpflichtet – nur ging es in diesen Verfahren fast immer um sogenannte Swap-Geschäfte oder um Swift-Transaktionen und eben nicht um Darlehensverträge. Doch wie gesagt: Das sind Vermutungen und bleiben so lange Mutmaßungen, wie eine lückenlose Information der Stadtverantwortlichen ausbleibt.
Aber wie schon damals beim Zwei-Millionen-Flop der Stadtwerke und auch aktuell bei der Geheimhaltung der Prüfunterlagen zur Philharmonie: Allzu lange verschiebt Oberbürgermeister Uli Burchardt die nötige Aufklärung in den „nicht öffentlichen“ Teil der Gemeinderatsberatung und macht StadträtInnen so zu Geheimnisträgern. Dabei sollten gerade die Volksvertreter zum Wohle des Wählers und Steuerzahlers unsinnige Ausgaben verhindern und fehlerhafte Entscheidungen korrigieren helfen. Oder habe ich da „Demokratie“ falsch verstanden und der OB weiß es besser?
Autor: hpk
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Vielen Dank für den Hinweis, lieber Dr. Rügert, mir war der Zusammenhang tatsächlich nicht mehr geläufig. Um so unverständlicher erscheint mir jetzt jedoch die Behandlung dieser Angelegenheit in nicht öffentlicher Sitzung. Insofern muss ich meine Kritik aufrecht erhalten.
Hans-Peter Koch
seemoz, Redakteur
Hallo Herr Koch,
über das von Ihnen genannte Darlehen haben wir bereits am 23.11.2012 berichtet:
http://www.konstanz.de/rathaus/medienportal/mitteilungen/04504/index.html
Wir hatten damals auch darauf hingewiesen, dass juristische Schritte geprüft werden. Nachdem Verhandlungen zu keinem Ergebnis geführt haben wird jetzt das gerichtliche Verfahren eingeleitet.
Walter Rügert
Stadt Konstanz, Pressereferent