Herr Egenhofer sucht Polizeischutz
Rund 6o Konstanzerinnen und Konstanzer warteten Montagfrüh zwei Stunden lang auf Einlass vor der Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber in der Konstanzer Steinstraße. Vergeblich. Zwei gestrenge Polizeibeamte in Zivil versperrten auf Geheiß des Landratsamtes den Eingang – die vorgesehene Ausgabe der Lebensmittel-Gutscheine fand nicht statt
Genau gegen diese Ausgabe von Lebensmittel-Gutscheinen wollten die in der Steinstraße kasernierten Flüchtlinge protestieren; sie wollten die Annahme der Gutscheine verweigern, weil sie diese Praxis für diskriminierend halten. Sie wollen wie andere Menschen in Deutschland auch ihre Lebensmittel mit Bargeld einkaufen können, wollen nicht mehr gegängelt werden, nicht mehr die hämischen Blicke im Supermarkt ertragen müssen. Zu ihrer Aktion der Gutschein-Verweigerung hatten sie Freunde und Bekannte aus Konstanz eingeladen. Doch die standen vor verschlossener Tür.
Ludwig Egenhofer, Heimleiter in der Steinstraße und Leiter der Unteren Aufnahmebehörde im Landkreis Konstanz, hatte schon am Vortag per Aushang (s. Foto) auf sein Hausrecht aufmerksam gemacht. Und setzte das mit Polizeischutz durch: Die Beamten Knapp und Peter, die später Verstärkung erhielten, besetzten den Eingang, Revierchef Felgenhauer wachte im Treppenhaus. Und dazwischen stets der laut palavernde Ludwig Egenhofer (s. Einzelfoto).
Argumente prallen an Egenhofer ab
Trotz teils lautstarker Proteste ließ Egenhofer (s. Teaserfoto: Egenhofer zwischen Revierleiter Felgenhauer und Stadtrat Reile) sich auch während der folgenden zwei Stunden nicht erweichen: Nur mit viel Überredungskunst schafften es schließlich Heinz Freudenberger, der zuständige Gemeindepfarrer, Holger Reile, der einzige Stadtrat vor Ort, und Jürgen Weber als Vertreter des Aktionsbündnisses Abschiebestopp, gnädigst vorgelassen zu werden – selbst Pressevertreter hatten zunächst keinen Zutritt. Doch die Argumente prallten am Asyl-Beamten Egenhofer ab; auch der später hinzugezogene Anwalt Rudy Haenel konnte nicht zur Befriedung beitragen.
„Menschenwürdige Gutschein-Ausgabe“ und „Beeinflussung von außen“
In einem improvisierten Pressegespräch, zu dem zunächst allein der Südkurier-Vertreter vorgelassen wurde, erläuterte Ludwig Egenhofer dann doch seine Beweggründe, die wohl auch die seines Dienstherrn, Landrat Hämmerle, sind: Bei der Unterkunft handele es sich um einen „geschützten Raum“, für den er, Egenhofer, die Verantwortung trage. Und er müsse befürchten, dass eine „menschenwürdige Ausgabe“ der Gutscheine „nicht ohne Beeinflussung von außen“ möglich würde – deshalb seine Weigerung, Besucher ins Haus zu lassen. Denn schließlich sorge er sich um die Flüchtlinge, von denen viele traumatisiert seien. Wohlweislich hütete Egenhofer sich, von einem Hausverbot zu sprechen, wohl wissend, dass gegen ein solches Verdikt rechtliche Schritte möglich sind.
Derweil stimmten die ausgeschlossenen BesucherInnen vor der verschlossenen Tür aufmunternde Gesänge an und tanzten fröhlich mit den Flüchtlingen, von denen etliche vor die Tür gekommen waren – selbst die gestrengen Ordnungshüter am Tor wippten mit. Doch die zumeist jungen Leute wollen sich nicht entmutigen lassen und trafen sich bereits gestern Abend im Treffpunkt Petershausen, um weitere Schritte zu beraten.
Ach ja, zu einer geordneten Gutschein-Ausgabe kam es an diesem Montag nicht. Und Ludwig Egenhofer, nebenbei CDU-Vorsitzender und Präsident des Narrenvereins in Allensbach, wird sich auf weitere, friedliche Besuche freuen können.
Autor: hpk
Ich denke, die Politiker und die deutsche
Verwaltung sollte sich mal zuerst an die Nase fassen, wenn Sie
gelegentlich menschenunwürdiges Verhalten anderer Länder,
Politiker kritisiert.
Deutsche Ausländergesetze und Behandlung von Ausländern
in Deutschland durch die Behörden?
Pfue Teufel
Dass Egenhofer tatsächlich und ernsthaft behauptet, er hätte dieses Zutrittsverbot (ein Hausverbot war es ja angeblich nicht) nur gemacht, um die Asylsuchenden zu schützen und gar das Wort „Menschenwürde“ in den Mund nimmt, ist ja der Treppenwitz überhaupt. Zur Erinnerung: Aus dem Landratsamt (namentlich von Herrn Gossner) stammt die pauschale Unterstellung an die Flüchtlinge (aus der letzten Kreistagssitzung), dass ohne die Gutscheine das Geld nicht dort ankommen würde, wo es gebraucht wird (auf gut deutsch: Die Flüchtlinge würden es statt für ihre Familien für Drogen und Kippen ausgeben). Auch interessant, dass die Unterstützer angeblich die menschenwürdige Ausgabe verhindern würde, obwohl ja die Flüchtlinge sie zu diesem Besuch eingeladen hatten und auch vehement den Einlass forderten.
Dass dieser Mann lügt, ohne rot zu werden, und dieses Ammenmärchen vom schützenden und besorgten Amt erzählt, ist schon schockierend.