Siemens: Ohne Konzept. Auch ohne Hoffnung?

20131127-233822.jpgEin trauriger Jahrestag und gewiss kein Grund zum Feiern. Eher zum Protestieren. Genau das macht der Konstanzer Siemens-Betriebsrat am morgigen Freitag, dem Jahrestag der Verkaufsankündigung. Am 28. November 2012 wurde im Wirtschaftsausschuss verkündet, dass der Bereich LAS, zu dem auch der Standort Konstanz gehört, verkauft werden soll, später war von 250 Arbeitsplätzen die Rede, die wegfallen sollten. „Eine beispiellose Katastrophe“, so Raoul Ulbrich von der IG Metall

„Der 25-prozentige Arbeitsplatz-Abbau ist das Einzige, was Siemens realisiert hat“, schimpft auch Volker Schmitz, stellvertretender Betriebsrats-Vorsitzender in der Konstanzer Bücklestraße. „Beim Kauf der Postautomatisierung durch Siemens im Jahre 1997 waren es in Konstanz mehr als 1700 Beschäftigte, demnächst werden es nur noch 750 sein.“ Allerdings ging dieser Arbeitsplatz-Abbau ohne Kündigungen vonstatten – wenn auch nicht ohne Druck. Doch die Kolleginnen und Kollegen, die mit massiver Überredungskunst in die Altersteilzeit, in die Pensionierung oder Versetzung getrieben wurden, fanden immer noch – wie bei deutschen Konzernen üblich – ein finanzielles Netz vor, mit dem sich leidlich leben lässt.

Weiter Unsicherheit

Dennoch bleibt für die verbleibenden 750 Siemens-Beschäftigten die Ungewissheit: Denn zunächst war der Verkauf für Sommer 2013 vorgesehen. Die Ausgliederung in eine GmbH sollte zuerst zum Juli 2013, dann zum Oktober, später zum Dezember stattfinden, und momentan gibt es einen nicht bestätigten Termin zum 1. Januar 2014. Derweil bricht das Restgeschäft zusammen, denn „der Markt ist verunsichert. Wer kauft bei einem Unternehmen in dieser Situation langfristige Investitionsgüter? Es herrscht ein Entscheidungsvakuum,“ attestiert Betriebsrat Schmitz, und Raoul Ulbrich, 2. Bevollmächtigter der IG Metall Singen (s. Foto), ergänzt: „Eine beispiellose Konzeptionslosigkeit, eine beispiellose Katastrophe – die Beschäftigten und ihre Familien erleben das zweite Weihnachtsfest in Unsicherheit.“

Solche Konzeptionslosigkeit scheint in den abgelaufenen Monaten den gesamten Siemenskonzern befallen zu haben. Erst wurde in München der Vorstandvorsitzende nach einer Schlammschlacht abgelöst, dann der Konzernbetriebsratsvorsitzende nach einer Gehaltsaffäre zum baldigen Rückzug gedrängt, und sogar der Personalvorstand klagt vor dem Arbeitsgericht gegen seine Freistellung. Nach einem gesunden Wachstumskonzept sieht das alles nicht aus.

Morgen Protest

Fast schon als Ohnmachtsgeste muss darum der Aufruf des Konstanzer Betriebsrats wirken, wenn er die Beschäftigten für Freitag um 11:30 Uhr vor dem Werkstor (Bücklestrasse 1-5) zum Protest aufruft, um öffentlich auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Und trotzdem werden wieder Hunderte kommen…

Autor: hpk

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