Zebra-Kino: Tolle Filme, müde Spender

Höhepunkte dieser Zebra-Woche sind ausnahmesweise nicht die Filme, obwohl jeder für sich einen Besuch in der Konstanzer Chérisy wert ist. Höhepunkt am kommenden Sonntag von 13 bis 18 Uhr ist der Vlohmarkt zugunsten des DCI-Projekts – Sie erinnern sich an die Seemoz-Artikel über diese neue, digitale Vorführtechnik, die das Zebra-Kino anschaffen muss, um überhaupt noch Filme abspielen zu können. Und dafür fehlen immer noch Spenden, Spender und Sponsoren – machen Sie mit 

Doch nun zu den Filmen drumherum – ein neuer deutscher, ein pfiffiger holländischer, ein experimenteller aus Russland und ansonsten gute, alte Bekannte aus dem Grusellkabinett:

King Ping: Bulle und Renter

Die Filmlandschaft in Deutschland ist schon was Spezielles. Wie wir an der festen Reihe zum „Jungen deutsch(sprachigen) Film“ sehen, kommt ja von Seiten der jungen Filmemacher-Generation schon sehr viel Gutes auf die Zebra-Leinwand. Dennoch erhalten diese Filme nur selten die Aufmerksamkeit, die sie verdienen. Wie sieht’s dann erst mit off-Produktionen wie Schwarze Schafe oder Dicke Mädchen aus? Ja, hier bei uns gibt es eine Independent-Szene und die ist gar nicht mal so klein. Und hier passiert jetzt etwas ganz Ungewöhnliches: Mit King Ping hat nun (zum ersten Mal?) ein ‚crowdgefundeter‘ Off-Film einen zwar kleinen, aber regulären Kinoverleih bekommen.

Grund genug für uns, das einmal näher unter die Lupe und auch ins Programm zu nehmen. Bei dem Film handelt es sich um eine musikalische Sponti-Thriller-Komödie voller schräger Figuren und anarchischem Witz, was sich nicht zuletzt schon an der Besetzung (Bela B. als ständig trällernde Friseurin Biggi oder Christoph Maria Herbst als Lokalreporter, der permanent Vor-Ort-Ermittlungen stört) zeigt.

Wuppertal wird von einer Mordserie, die dem ‚Treppenmörder‘zugeschrieben werden, erschüttert. Ex-Bulle Clemens Frowein kehrt seinen Pinguinen im Zoo den Rücken und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln. Unterstützt wird er dabei von zwei Zookumpels (s. Foto). Als er nach und nach dem Täter auf die Spur kommt – und dabei seinem uncoolen Nachfolger-Kommissar mächtig ins Handwerk pfuscht -, gerät er zunehmend in den Strudel einer mysteriösen Sekte. Und je näher er dem Mörder kommt, desto mehr bietet er sich als nächstes Opfer an….

King Ping: Fr, 06.12. um 21.15 Uhr, Mo, 09.12. um 19.00 Uhr

Zwischen Sex und Himmel

„Das Geschlechtliche verliert alle Macht und Magie, wenn es überdeutlich, übertrieben, mechanisch dargestellt, wenn es zur fixen Idee wird. […] Das sexuelle Geschehen muss sich mit Tränen mischen, mit Gelächter, mit Worten, Versprechungen, Szenen, Eifersucht, Neid, allen Gewürzen der Angst, der Reisen in ferne Länder, der neuen Gesichter, der Romane, Geschichten, Träume, Fantasiegebilde, der Musik, des Tanzes, des Opiums, des Weins. […] Nur der gemeinsame  Pulsschlag von Herz und Sexus kann wahre Ekstase schaffen.“ (Die Tagebücher der Anaïs Nin, Bd. III, 1940/41). Hemel, das bedeutet Himmel, ist die Protagonistin des gleichnamigen Films. Denn ein bisschen himmlisch sieht sie tatsächlich aus: jung, verletzlich und äußerst verführerisch. Den Genuss ihres noch etwas mädchenhaften Körpers lässt sie fast jede Nacht einem anderen Mann zuteil werden.

Ihre Sexualpartner kommen und gehen, hinterlassen höchstens einen bitter-schmerzenden Nachgeschmack, war der Sex einmal zu extrem. Nur ein Mann bleibt konstant an Hemels Seite: ihr Vater Gijs. Auch er tauscht regelmäßig seine Freundinnen aus und hat seit dem Tod von Hemels Mutter eine intensive Beziehung zu seiner Tochter aufgebaut. Als eines Tages Sophie auftaucht, die sich längerfristig als Freundin zu installieren scheint, stört dies die elektorale Bindung zwischen Vater und Tochter. Enttäuscht über den väterlichen Verrat, versucht nun auch Hemel, sich fester zu binden.

Schonungslos direkt führt uns Sacha Polak durch den „Himmel“ der sexuellen Freiheit und der körperlichen Entgrenzung, der nicht nur die Orientierungslosigkeit junger Menschen widerspiegelt, sondern auch die Ohnmacht einer Elterngeneration, Vorbild und Ratgeber für ihre Nachkommen zu sein. Mit Hemel erleben wir das scheinbare Paradox einer extremen Beziehungslosigkeit inmitten von unüberblickbar vielen Beziehungen: Während ständig physisch penetriert wird, alles erlaubt ist und nichts Konsequenzen hat, entschwindet jede Art von emotionaler Verbundenheit. Düster erstreckt sich vor uns eine nur vordergründig aufreizend schöne, eigentlich jedoch nüchtern-depressive Welt des Sexus: im Himmel – und doch vor verschlossenen Pforten.

Hemel: Fr 06.12. um 19.00 Uhr, So 08.12. um 20.00 Uhr, Mo 09.12. um 21.15 Uhr

Experimentelles aus Russland

Alexander Sokurovs gigantisches Projekt verbindet die Präsentationsmedien Theater und Kino auf eine phantastische Weise: Der Film wurde in einer einzigen Einstellung in zwei Tagen mit über 2000 Schauspielern und Laien in historischen Kostümen gedreht. Zum ersten Mal in der cineastischen Geschichte ist es mit Hilfe der digitalen Technik sowie einer speziellen Konstruktion von doppelter Harddisk gelungen, die Kontinuität der Bilder auf die Leinwand zu bringen. Damit präsentiert der Schüler von Andrej Tarkovskij eine Innovation, die auch durch die neuartige audiovisuelle Erfahrung und surrealistischen Elemente interessant sein dürfte.

Einer der beiden Protagonisten folgt Marquis de Custine, einem historischen französischen Reisenden aus dem 19. Jh., durch 33 Räume der Eremitage in St. Petersburg – die Arche der russischen Kultur – mit der Kamera. Der Erzähler selbst zeigt sich nicht, nur aus dem Off hört der Zuschauer seine Stimme. Beim Betrachten der großen Meistergemälde entsteht zwischen den beiden Figuren ein Dialog über die politische und kulturelle Geschichte Russlands und das Verhältnis der West-Europäer dazu.

Thomas Ecke, der Schauspieler und großer Anhänger der Kinokunst aus Russland, gibt am Di., den 10. Dezember um 20 Uhr eine kurze Einführung auf der Werkstatt Bühne des Stadttheaters, mit der in Kooperation.dieser Filmabend entstanden ist: Russian Ark: Di 10.12. um 20.00 Uhr in der Theater-Werkstatt

Wiedersehen mit den Gremlins…

Eigentlich will der Erfinder Rand Peltzer auf einer Geschäftsreise nur ein ausgefallenes Weihnachtsgeschenk für seinen Sohn Billy kaufen, als er sich von einem alten Chinesen ein knuffiges kleines Tierchen aufschwatzen lässt. Doch der kleine Mogwai Gizmo ist trotz seiner Gutmütigkeit nicht das pflegeleichteste Haustier. Denn es gibt drei Regeln zu befolgen: Er darf niemals Tages- oder sonstigem grellen Licht ausgesetzt werden. Füttern nach Mitternacht ist strengstens verboten. Und er darf auf keinen Fall mit Wasser in Berührung kommen. Als genau diese letzte Vorschrift von Billy aus Versehen missachtet wird, vermehrt sich der kleine Gizmo rasant. Und seine Nachkommen sind weder flauschig noch friedlich. Bald wird der idyllische Heimatort der Peltzers von einer wilden Horde blutrünstiger Miniaturbestien terrorisiert, denen scheinbar niemand Einhalt gebieten kann.

Mit einer ordentlichen Prise pechschwarzen Humor schuf Joe Dante 1984 eine rasante Horrorkomödie, die auch heute noch beste Unterhaltung liefert. Im Gegensatz zu den um mehrere Minuten gekürzten TV-Ausstrahlungen zeigt das Zebra-Kino GREMLINS übrigens in der ungekürzten Kinofassung, die es wahrlich in sich hat.

 …und zusammen mit Black Christmas

Während  einer ausgelassenen Weihnachtsparty in ihrem Verbindungshaus erhalten einige Studentinnen einen anonymen Anruf. Und das nicht zum ersten Mal: Seit Wochen werden sie von einem offensichtlich gestörten Unbekannter belästigt, der unentwegt Obszönitäten und wirres Zeug in den Hörer flüstert und kreischt. Die örtliche Polizei hält zunächst alles  für einen dummen Streich männlicher Kommilitonen, bis das erste Mädchen spurlos verschwindet. Eh sich die Ermittler um Lieutenant Fuller versehen, wird aus dem anfangs mutmaßlichen schlechten Scherz ein blutiger Albtraum, der für viele der Beteiligten ein böses Ende nehmen wird.

Hochkarätig besetzt und packend inszeniert gilt BLACK CHRISTMAS heute als einer der ersten Vertreter und Wegbereiter des Slasherfilms. Nicht umsonst ließ sich John Carpenter für seinen vier Jahre später gedrehten Meilenstein HALLOWEEN nicht nur bei der Anfangssequenz von BLACK CHRISTMAS inspirieren. Ein echter Klassiker und absoluter Geheimtipp.

Moonlight Christmas und Gremlins: Sa 07.12. um 21.00 Uhr

Autor: PM/hpk