Hilmar Wörnle lässt die Pferde kotzen

An den kommenden Adventssamstagen können die wenigen Nutzer des P+R-Platzes am Seerhein wenigstens wählen, wie sie am schnellsten und bequemsten in die Innenstadt fahren möchten. Entweder mit dem Shuttle-Bus (langweilig) oder neuerdings mit einer Pferdekutsche (geil). Und wer hat’s erfunden? Natürlich Hilmar Wörnle, Chef des Konstanzer Stadtmarketings und meist verantwortlich für Jux und Tollerei aller Art. Und davon hat er jede Menge auf Lager – zum Wohle der Stadt 

Da trotten sie heran: Mit hängenden Köpfen nähern sich zwei Gäule, die einen leeren Planwagen mit insgesamt 24 Sitzen hinter sich her schleppen. Kurze Pause am P+R-Platz am Schänzle Nord. Dort warten schon Tages- und Einkaufstouristen, die sich von der Kutschfahrt ins Einkaufswunderland eine Prise Romantik erhoffen. Schnell ist der überdachte Planwagen voll und ab geht’s Richtung Innenstadt. Mit etwa 30 Minuten müsse man rechnen, so die Auskunft am Pferdeschalter. Gesponsert wird die tierische Transportidee unter anderem von einem Immobilienhai aus der Hochpreisabteilung. Dessen Geschäftsführer möchte mit dieser Aktion dazu beitragen, den Verkehr „den Umständen entsprechend ruhig“ zu gestalten. Möge er in Zukunft daran arbeiten, seine Immobilienangebote entsprechend sozialverträglich zu gestalten.

Schon in der Reichenaustraße wird der Pferdewagen zum Verkehrshindernis. Da der Weg in die Innenstadt teilweise nur einspurig befahrbar ist und die Kutsche im Schritttempo vor sich hin zuckelt, bilden sich innerhalb kürzester Zeit lange Autoschlangen hinter dem Pferdegespann. Es wird gehupt und geflucht. Ein ähnliches Bild in der Spanierstraße und auf der alten Rheinbrücke. Blech an Blech, dazwischen eingeklemmte Busse und – mittendrin – die armen Vierbeiner. Jetzt fehlen eigentlich nur noch Schneekanonen, die dem ganzen Irrsinn das ultimative Weihnachtsgefühl bescheren und zumindest das linksrheinische Konstanz künstlich beschneien. Wasser genug im Seerhein gibt es ja. Wörnle, übernehmen Sie und machen Sie sich fortan unsterblich!

Hinter der Rheinbrücke geht es dann ab in die Brückengasse und weiter Richtung Münsterplatz. Hier ist Endstation. Die Einkaufslemminge, SchweizerInnen sind in der Überzahl, steigen aus und schwärmen davon. Die offensichtlich erschöpften Rösser kacken erstmal auf das Pflaster. Trotz der Nähe zum Münster handelt es sich bei den dampfenden Haufen aber nicht um Heiligen Stuhl. Der leicht süßliche und sinnliche Geruch der tierischen Notdurft vermischt sich mit dem Glühwein- und Bratwurstduft, der von einer Weihnachtsbude herüber weht. Nach einer kurzen Pause für die Pferde geht es wieder zurück zum Schänzle. Auf dem Weg dorthin hält sich das Verständnis der Automobilisten für die Straßenblockade erneut in engen Grenzen.

Dennoch: Mit dieser Aktion hat sich „Gaucho-Hilmar“ Wörnle selbst übertroffen. Zwar ist da noch viel Luft nach oben, aber nun endlich spielt der in jeder Hinsicht völlig schmerzfreie Tausendsassa in einer Liga mit „Seilbahn-Uli“ Burchardt. Zwei Männer auf Augenhöhe, die mit ihren innovativen Ideen dabei sind, die Konstanzer Verkehrsprobleme mutig anzugehen. Solche Typen braucht die Stadt. Es geht voran.

Autor: H.Reile