Landrat Hämmerle: „Es bleibt bei Gutscheinen für Lebensmittel“

50 protestierende Asylbewerber und 20 zusätzliche Demonstranten konnten in der gestrigen Kreistagssitzung den Landrat Hämmerle und seine Beamten nicht umstimmen: Es bleibt nach Hämmerles Aussage bei der erniedrigenden Gutschein-Praxis für Asylbewerber. „We want dignity“ („Würde wollen wir“) rief ein farbiger Flüchtling. Doch kein Kreistag-Parlamentarier mischte sich ein oder regte sich auch nur auf. Die vielfältigen Proteste der Öffentlichkeit scheinen die Gewählten nicht zu kümmern

Auch die aufrüttelnden Worte von Susanne Scheiter vom Aktionsbündnis Abschiebestopp an die Adresse von Frank Hämmerle („Haben Sie die Flüchtlinge angehört? Kennen Sie die Konstanzer Erklärung gegen Rassismus? Flucht aus der Heimat ist kein Vergnügen“) zeigten wenig Wirkung. Die Beamten und die Gewählten verharrten in ihrem Alltagsgeschäft: Welche Schlosser-Firma bekommt den Zuschlag beim Neubau des Radolfzeller Berufsschulzentrums – das schien wichtiger.

Storz appelliert an Landrat: Hilfe an Flüchtlinge in bar auszahlen
Zahlreiche Initiativen, so auch die der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, fordern den Landrat zum Umdenken auf – dem Appell haben sich auch das Stadttheater Konstanz und die Gewerkschaft ver.di angeschlossen. Der SPD-Landtagsabgeordnete Storz schreibt: „Mit Unverständnis reagiert der Landtagsabgeordnete Hans-Peter Storz (SPD) auf die anhaltende Weigerung der unteren Aufnahmebehörde im Landratsamt, Hilfe an Flüchtlinge in bar auszuzahlen. Am Donnerstag entscheide der Landtag über ein neues Flüchtlingsaufnahmegesetz, berichtet der Abgeordnete. Darin werden Bedingungen für humane Flüchtlingsunterkünfte festgelegt. Außerdem sehe das Landesgesetz vor, dass die Hilfen für Flüchtlinge in bar und nicht in Sachleistungen oder Gutscheinen geleistet werden sollen. „Es ist der ausdrückliche politische Wille der Regierungsparteien, die Hilfe da auf Geldleistungen umzustellen, wo es bundesrechtlich gestattet ist. Ich verstehe den Widerstand im Kreis Konstanz dagegen nicht und hoffe, dass die Behörde spätestens nach dem Gesetzesbeschluss umdenkt,“ sagt Storz.

Selbst die eindringlichen Appelle der Asylbewerber verhallten ungehört. Eine farbige Deutsche, die seit 23 Jahren in Konstanz lebt, berichtete in perfektem Schriftdeutsch von den Problemen ihrer Eingliederung: „Helft den Kindern“, so ihr eindringlicher Warnruf – drei Flüchtlingskinder überreichten Landrat Hämmerle dann ein Transparent, das der sichtlich unbeholfen annahm. Als Gegengeschenk gab es drei Pralinen, die von der vorigen Lehrlingsbelobigung übrig geblieben waren.

In seiner Abschlusserklärung – zwischenzeitlich hatte er mehrfach versucht, die lästige Demonstration abzuwürgen – bemühte sich Frank Hämmerle, sich trotz seiner unsäglichen Gutschein-Regelung für den Lebensmitteleinkauf fortschrittlich zu geben: Ja, er sei für eine Verkürzung des Asylverfahrens, und nein, auch er sei gegen ein Arbeitsverbot für Asylbewerber. Nur – alle diese Vorschriften fallen nicht in seinen Verantwortungsbereich, da lässt sich fröhlich schwätzen. Was in seinen Verantwortungsbereich fällt, nämlich die Gutschein-Regelung, verwaltet er gewohnt rassistisch.

Autor: hpk