Der gute alte „Passierschein A38“

Miroslav Barukcic ist ein ganz normaler Schweizer Student an der Uni Konstanz. Deutsch ist seine Muttersprache. Da sollte es doch nahe liegen, dass man ganz „normal“ wie ein Deutscher in Deutschland studieren kann. Offensichtlich weit gefehlt. Behandelt wird Miro Barukcic wie ein Nichtmuttersprachler.

Wer denkt nicht an den „Passierschein A38“ aus „Asterix erobert Rom“, wenn man durch den deutschen Behördenwald gejagt wird? Auch die Universität zählt zu diesen zuweilen gruseligen Orten, an denen (nicht nur gelegentlich) Verrückte gemacht werden. So eben auch in der Juristerei. Miroslav Barukcic, der bereits im Ausland einen juristischen Abschluss erworben hat, studiert Legum Magister (kurz LL.M.) und versteht die Welt nicht mehr. Warum soll er, der er Deutsch-Muttersprachler ist, Deutschkenntnisse nachweisen, um sich die „Einführung in die deutsche Rechtsordnung und -sprache“ anrechnen lassen zu können? Wird in deutschsprachigen Schweizer Schulen etwa kein Deutsch in Schrift und Sprache gelehrt?

Was ist „Hochdeutsch“?

Offensichtlich wird dies an der Uni Konstanz angezweifelt und Miro wird zu einem Deutschkurs verdonnert – wie er berichtet, ist er da allerdings unter Schweizern recht alleine. „Ich habe Freunde aus der Schweiz, die dasselbe studiert haben, die eben keine Deutschkenntnisse nachweisen mussten. Warum ist das bei mir so?“, guckt er leicht ungläubig und fährt fort: „Das ist mal ein typisches Beispiel für Überregulation.“

Zugegeben – und das weiß er selbst – spricht Miroslav mit einem Schweizer Akzent und Tonfall – aber das ist das einzige, was ihn von einem Sprecher des „Hochdeutschen“ unterscheidet. Aber was ist schon „Hochdeutsch“? Um das zu beantworten, empfehlen wir den Kollegen aus der Rechtsverdrehung einen Gang in den sprachwissenschaftlichen Bereich der Uni. Man munkelt, es gäbe bei denen in Konstanz auch ein paar Germanisten. Die banale Erkenntnis, dass Sprachgrenzen nicht unbedingt vor Ländergrenzen (und deren Schulbüchern) halt machen, würde dann nämlich auch im Fachbereich Jura Einzug halten. Oder würden Sie von einem Österreicher auf der Suche nach dem Passierschein A38 verlangen,  Deutschkenntnisse auf Mutterspachniveau nachzuweisen?

Als Bayer zum Sprachtest?

Wenn ja, wäre anzuregen, dies auch für Leute aus Oberbayern einzuführen. Schließlich kann man Dialekte aus dem Freistaat mit Dialekten aus dem Alpenstaat schnell verwechseln – und da gibt es in der Geschichte dieser Mundarten und Dialekte nachweislich ohnehin Überschneidungen. Wie gesagt: Dialekt- und Sprachgrenzen machen nicht vor Ländergrenzen halt. Daher: Juristen aus Oberbayern umgehend zum Sprachtest für Österreicher! Aber warum nicht einfach alle Menschen aus Bayern, Österreich umgehend zu diesem Sprachtest schicken? Vor allem, um das „schreckliche“ rollende „R“ zu eliminieren, welches noch bis in die 60-er Jahre hinein in den übrigen Teilen des deutschen Sprachraums zur Standardsprache zählte, dann aber aus dem Sprachgebrauch verschwand.

Überhaupt: Sprachtests auf C1-Niveau sollten auch für Besitzer des deutschen Abiturs zur Zugangs- und Prüfungshürde an überreguliert-deutschen Hochschulen werden. Egal, ob sie nun Schweizerdeutsch, Sächsisch, Platt oder Bayrisch reden: nur um zertifiziert zu sein, dass man die Spitzfindigkeiten der deutschen Anwaltszunft auch als Normalo versteht.

Autor: Symeon Börner