Gottesstaat Deutschland?

Nachdem die SPD-Mitglieder dem Koalitionsvertrag zugestimmt haben und damit die große Koalition zustande kam, lohnt es sich, den Koalitionsvertrag auch im Blick auf die Kirchen und die Religionsgemeinschaften etwas genauer anzusehen. Was da steht, ist erschreckend rückwärts gerichtet. Ungeachtet der Skandale der letzten Jahre und der massenhaften Austritte von Gläubigen hält man an den althergebrachten Privilegien der Großkirchen und ihren engen Verknüpfungen mit dem Staat fest

Im Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD steht zum Thema Kirchen und Religionsgemeinschaften (S. 113): „Wir werden den Dialog mit den christlichen Kirchen, Religionsgemeinschaften und religiösen Vereinigungen sowie den freien Weltanschauungsgemeinschaften intensiv pflegen. Sie bereichern das gesellschaftliche Leben und vermitteln Werte, die zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft beitragen. Wir bekennen uns zum Respekt vor jeder Glaubensüberzeugung. Auf der Basis der christlichen Prägung unseres Landes setzen wir uns für ein gleichberechtigtes gesellschaftliches Miteinander in Vielfalt ein.“

Zu den Bereicherungen des gesellschaftlichen Lebens gehören auch so schöne Dinge, wie z. :B. die systematische religiöse Indoktrination von Kindern, die Diskriminierung von Homosexuellen, die Diskriminierung von Frauen im Islam und die Genitalverstümmelung von Knaben im Islam und im Judentum. Wie kann man sich auf der Basis der christlichen Prägung für ein gleichberechtigtes Miteinander einsetzen, wenn gerade diese Basis dem Miteinander völlig im Wege steht? Bedeutet dieses gleichberechtigte Miteinander, dass alle, auch die Nichtgläubigen, das Christentum mitfinanzieren müssen? Das ist eine recht merkwürdige Auffassung von Gleichberechtigung.

Respekt ist etwas, das man sich verdienen muss. Vor irrationalen, naiven Weltanschauungen, die letztlich vor allem Elend und Hass gegenüber Andersdenkenden auf diesen Planeten gebracht haben, braucht man keinen Respekt zu haben, sondern man muss sie kritisch hinterfragen und in ihre Schranken weisen, wenn sie Menschenrechte missachten.

Als zentraler Wert des Christentums wird häufig die Nächstenliebe genannt. Doch der Glaube hat nach wissenschaftlichen Untersuchungen keinen wesentlichen Einfluss auf dieses Gefühl. Es ist vielmehr Folge der frühkindlichen Behandlung durch die Kontaktpersonen und wird im höheren Alter durch den Hormonhaushalt gesteuert. Die Behauptung, dass Christen mehr Nächstenliebe empfinden als Nichtgläubige, ist reines Wunschdenken und eine allerdings recht erfolgreich ausgeklügelte Propagandamasche, auf die auch ansonsten eher skeptische Menschen immer wieder hereinfallen.

Ohne Kirchen bricht unser Sozialsystem restlos zusammen. Wirklich?

Im Koalitionsvertrag heißt es weiter: „Die christlichen Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände sind in vielen Bereichen unserer Gesellschaft unverzichtbar, nicht zuletzt im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich, bei der Betreuung, Pflege und Beratung von Menschen sowie in der Kultur. Zahlreiche Leistungen kirchlicher Einrichtungen für die Bürgerinnen und Bürger sind nur möglich, weil die Kirchen im erheblichen Umfang eigene Mittel beisteuern und Kirchenmitglieder sich ehrenamtlich engagieren. Wir halten daher auch am System der Kirchensteuern fest, damit die Kirchen Planungssicherheit haben. Nur so können sie die eigenfinanzierten Leistungen zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes weiter sicherstellen. Zugleich wollen wir die kirchlichen Dienste weiter unterstützen. Dabei achten wir die kirchliche Prägung der entsprechenden Einrichtungen.“

Ohne die christlichen Wohlfahrtsverbände, die fast vollständig von den Steuerzahlern finanziert werden, wäre unser Sozialsystem wahrscheinlich eher effektiver und vor allem würden deren Mitarbeiter bessere Arbeitsbedingungen und die vollen Arbeitnehmerrechte haben. Nach den Vorstellungen der Koalition sollen offenbar auch künftig Mitarbeiter, deren Privatleben nicht den mittelalterlichen Moralvorstellungen der Kirche entspricht, gefeuert werden können.

Intellektuelle Meisterleistung. Wirklich.

Und damit wir wissen, was zum Luther-Jahr auf uns alle zukommt, wird ausgeführt: „Zum Gedenken an den weit über die Grenzen Deutschlands und Europas hinaus bedeutenden 500. Jahrestag der Reformation 2017 wird auch der Bund einen angemessenen Beitrag leisten. Dankbar stellen wir das Erstarken des jüdischen Lebens in unserem Land fest. Wir unterstützen die jüdischen Gemeinden und die jüdische Wohlfahrtspflege, zum Beispiel bei der Integration von Zuwanderern und dem Auf- und Ausbau von Bildungs- und Kultureinrichtungen.“

Das ist nun wirklich eine intellektuelle Meisterleistung. Hier werden in zwei unmittelbar aufeinander folgenden Sätzen einerseits die Feierlichkeiten zu Ehren eines der übelsten Antisemiten seiner Zeit (Martin Luther) als unterstützungswürdig angesehen, und andererseits das Erstarken jüdischen Lebens dankbar festgestellt.

Zitat Luther: „Die Juden sind ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes Ding, dass sie 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind. Summa, wir haben rechte Teufel an ihnen…; Man sollte ihre Synagogen und Schulen mit Feuer anstecken, … unserem Herrn und der Christenheit zu Ehren, damit Gott sehe, dass wir Christen seien (…) ihre Häuser desgleichen zerbrechen und zerstören.“(Von den Juden und ihren Lügen, Tomos 8, S. 88ff).

Nun steht es natürlich der evangelischen Kirche frei, ihren hasserfüllten Gründer zu ehren. Aber warum sollen alle Steuerzahler diese Geschmacklosigkeit auch noch finanziell unterstützen?

Religion oder Folklore?

Weiter geht es mit dem Islam: „Den vielfältigen Beiträgen muslimischer Vereine und Verbände zu unserem Gemeinwesen – etwa zur Integration muslimischer Zuwanderer und ihrer Nachkommen in unsere Gesellschaft, wie auch zum Dialog zwischen den Kulturen und Religionen – gilt unsere Wertschätzung und Unterstützung. In diesem Sinne wollen wir die Deutsche Islam Konferenz fortsetzen.“

Viel sinnvoller wäre die Unterstützung der Kritischen Islamkonferenz. Dort werden endlich einmal die menschenverachtenden Auswüchse des Islam offen diskutiert. Für viele Politiker sind aber offenbar immer noch Frauendiskriminierung, Zwangsverheiratung, Genitalverstümmelung und Steinigungen u. a. Teil einer Folklore, die man akzeptieren muss, weil man andernfalls befürchtet, in die rechte Ecke gestellt zu werden.

Das ist auch daher „gefühlt“ so leicht möglich, da von Seiten dieser Parteien bzw. zumindest ihrer führenden Vertreter, eine kritische Auseinandersetzung mit den immensen Privilegien der christlichen Kirchen (geschweige denn mit der Religion als solcher) nicht stattfindet, auch weil sie um den großen Einfluss der Kirchen wissen und aus machttaktischen Gründen den Konflikt scheuen.

Durch einen kritischen Umgang mit allen Religionen und deren Institutionen nähme man sowohl den Rechten, aber auch den Vertretern des islamischen Glaubens den Wind aus den Segeln, die in diesem Fall gern die Karte der Opferrolle ziehen. Noch wichtiger wäre es aber, zwischen Menschen und deren Religion, die jenen ja nicht selten auch nur angedichtet wird, zu unterscheiden.

„Eine offene Gesellschaft bietet im Rahmen der Verfassungsordnung allen Religionen den Freiraum zur Entfaltung ihres Glaubens.“

Ja, vorausgesetzt sie wird nicht gezwungen, das Christentum und andere religiöse Gruppierungen über ihre allgemeinen Steuerabgaben mitzufinanzieren. Der Freiraum muss aber dort seine Grenzen haben, wo die Einhaltung der universellen Menschenrechte in Gefahr gerät.

Nur keine Privilegien abbauen

„Das bewährte Staatskirchenrecht in unserem Land ist eine geeignete Grundlage für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Religionsgemeinschaften.“ Bewährt hat es sich vor allem für die Amtsinhaber der Großkirchen, die sich auf Kosten der Allgemeinheit ein schönes Leben machen. Während sich der Papst in einem alten Kleinwagen herumkutschieren lässt, genehmigen sich unsere Bischöfe und Kardinäle eher die automobile Oberklasse.

Bei dem Staatskirchenrecht bezieht man sich unter anderem auf den Reichsdeputationshauptschluss aus dem Jahr 1803. Diese Vereinbarung diente der Versorgung der damals lebenden, durch Enteignung kirchlicher Ländereien arbeitslos gewordener Geistlicher – eine Art üppiges „Hartz 4“ auf Zeit. Meines Wissens sind diese Empfänger staatlicher Leistungen aber inzwischen verstorben, weitere eventuelle Ansprüche vermutlich vielfach abgegolten.

Aber wenn man schon so weit in die Vergangenheit zurückgeht, um daraus Ansprüche abzuleiten, dann sollte man auch fragen, woher denn der bis dahin angehäufte Reichtum vor allem der katholischen Kirche kam. Man stellt dann unschwer fest, dass dieser mit überwiegend kriminellen Methoden ergaunert wurde. So stammt ein erheblicher Teil des vatikanischen Goldschatzes von den Raubzügen in Süd- und Mittelamerika. Weitere erhebliche Anteile stammen vom Ablasshandel und dem Vermögenseinzug von Opfern der Inquisition. Darüber hinaus ist die so genannte Konstantinische Schenkung, auf welcher ein erheblicher Teil an Macht und Vermögen der katholischen Kirche beruht, der vermutlich größte Betrugsfall der Menschheitsgeschichte.

Kriminelle Methoden werden bis in die heutige Zeit vom Vatikan fortgesetzt. Das Vermögen der Vatikanbank stammt teilweise aus Korruption, Geldwäsche und Waffenhandel.

Zusammenfassend muss man feststellen, dass die ganzen Skandale der Kirchen in den letzten Jahren und die zum Teil dadurch bedingte Austrittswelle von den beteiligten Parteien der großen Koalition völlig ignoriert werden. Selbst die Richtungsänderung im Vatikan scheint keinen Eindruck gemacht zu haben. Es wäre endlich an der Zeit, eine klare Trennung von Staat und Religion zu verwirklichen.

Stattdessen heißt es „weiter so“ und bloß keine potentiellen Wähler verschrecken. Entsprechend dem bisherigen Politikstil der alten Regierung werden Probleme nicht gelöst, sondern auf die lange Bank geschoben. Auf lange Sicht wird sich das rächen, denn schon jetzt sind mehr als ein Drittel der Bevölkerung konfessionsfrei und dieser Anteil steigt rasant weiter an.

Autor: Bernd Vowinkel/hpd