Wieder Ärger mit der Kirchensteuer

Erstmals werden 2014 Kreditinstitute in Deutschland beim Bundeszentralamt für Steuern die Religionszugehörigkeit ihrer Kunden abfragen. Ab 2015 werden nämlich die bisher schon erhobenen Kirchensteuern auf Zinserträge nicht mehr durch das Finanzamt, sondern von den Banken eingezogen. Doch dagegen kann man/frau sich wehren. Die Humanistischen Alternative Bodensee rät dringend, der Bespitzelung einen Riegel vorzuschieben 

Da in der Vergangenheit durch unzureichende Meldung von zinslichen Erträgen an das Finanzamt größere Verluste an Kirchensteuer für die katholische und evangelische Kirche entstanden, sollen diese nun direkt bei den Kreditinstituten abgeschöpft werden – also dort, wo sie unmittelbar nachvollzogen werden können. Hierfür benötigen die Banken aber Angaben über die Religionszugehörigkeiten ihrer Kunden – und diese sollen über einen veschlüsselten Code vom Bundeszentralamt für Steuern an die Kreditinstitute übermittelt werden. Experten schließen nicht aus, dass hierbei dennoch Informationen über eine Konfession(-slosigkeit) an Bankmitarbeiter  erkennbar, abschöpfbar oder mitlesbar werden könnten.

Den Bankkunden bleibt deswegen die Möglichkeit, mit einem Antrag beim Bundeszentralamt einen Sperrvermerk in Bezug auf die Religionszugehörigkeit einrichten zu lassen. Kirchensteuern auf Zinserträge müssten danach weiterhin an das Finanzamt gezahlt werden und entsprechend auch diesem gegenüber erklärt werden.

Warum sollen Bankmitarbeiter meine Religionszugehörigkeit kennen?

Der Sprecher der Humanistischen Alternative Bodensee (HABO), Dennis Riehle, empfiehlt diesen Weg: „Bereits der einzigartige Umstand, dass in Deutschland Kirchensteuern von den Finanzämtern eingezogen werden und damit indirekt ein Verfassungsbruch nötig wird, indem gegenüber den Finanzbehörden die grundgesetzlich geschützte Angabe zur Religionszugehörigkeit offenbart werden muss, ist ein massiver Einschnitt in die Persönlichkeitsrechte. Dass nun auch die Banken  noch mit dieser Information versorgt werden sollen, kommt einem weiteren Aushöhlen dieser Grundrechte gleich. Wir raten deshalb allen Bankkunden, denen die Datensicherheit ein Anliegen ist, egal, ob Kirchenmitglied oder nicht, einen Sperrvermerk zu beantragen. Somit kann zumindest gewährleistet sein, dass ‚nur‘ das Finanzamt in den Besitz der Information über die Religionszugehörigkeit kommt. Ein entsprechendes Formular kann auf der Seite des Bundeszentralamtes heruntergeladen und ausgefüllt werden. Zudem empfehlen wir auch, gegen die neue gesetzliche Regelung beim Bundesbeauftragten für den Datenschutz und bei der Bundesregierung zu protestieren. Wir haben mittlerweile auch eine Petition zur Überprüfung des § 51a Abs. 2c Satz 3 EStG auf seine Verfassungskonformität beim Deutschen Bundestag eingereicht“.

Die Eingabe beim Bundestag lautet auszugsweise: „Die Auskunft über die Religionszugehörigkeit ist grundgesetzlich geregelt (u.a. Art. 4 Abs. 1 GG). Niemand ist demnach verpflichtet, darüber eine Angabe zu machen. Eine Ausnahme ist durch Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung geregelt. Hiernach haben ‚Behörden‘ das Recht, nach der Zugehörigkeit der Religion zu fragen, wenn es um die grundrechtlichen Pflichten zum Einzug der Kirchensteuer geht. Dass es sich bei Banken und Kreditinstituten um ‚Behörden‘ im Sinne dessen handelt, was das GG hier meint, ist in vehementen Zweifel zu ziehen. Nicht umsonst unterscheidet auch das BDSG zwischen ‚öffentlichen‘ und ‚nicht-öffentlichen‘ Einrichtungen, für die unterschiedliche Regelungen gelten. Kreditinstitute dürften eindeutig zu letzterer Gruppe gehören und damit nicht von der Ausnahme des Art. 140 GG angesprochen sein.

Ist das mit dem Grundgesetz vereinbar?

Somit scheint bereits die Anfrage von Banken beim Bundeszentralamt für Steuern mit Bitte um Auskunft über das Vorliegen einer Religionszugehörigkeit mit der geltenden Verfassung nur schwer in Einklang zu bringen sein. Auch bleibt fraglich, ob die Weitergabe der Aufgabe zum Einzug von Kirchensteuern durch die Finanzbehörden an die Kreditinstitute mit der Verfassung vereinbar und damit als legitim anzusehen ist. Anderslautende Gesetzesbeschlüsse müssen im Anbetracht grundrechtlicher Vorgaben als nachrangig und damit als nichtig gewertet werden.

Die Übermittlung der Auskunft durch das Bundeszentralamt für Steuern an den Kirchensteuerabzugsverpflichteten erfolgt gemäß EStG in Form eines verschlüsselten Codes. Selbst der Bundesbeauftragte für den Datenschutz hat in einer entsprechenden Anhörung im Fachausschuss bereits Bedenken über die Sicherheit dieser Übermittlung geäußert (vgl. Stellungnahme gegenüber dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestags vom 21. September 2011). Das Erteilen der Auskunft in Form des Kirchensteuerabzugsmerkmals ‚Kistam‘, das Angaben über Religionszugehörigkeit und den zu erhebenden Kirchensteuersatz enthält, ist selbst unter codierter Form als nicht vor Manipulation geschützt oder vor uneinsehbarer Übertragung abgeschirmt zu betrachten“. (Die vollständige Petition kann hier eingesehen werden: www.humanisten-bodensee.de/51a_2c_3_estg.pdf)

Autor: PM/hpk