Sheriffs und Freunde im Gemeinderat – erfolglos
Die zwei Premieren im Gemeinderat gerieten in den Hintergrund: Die Vereidigung von Karl Langensteiner-Schönborn zum neuen Baubürgermeister (s. Foto) und die erste TV-Übertragung einer Sitzung – auf der Startseite der Stadt Konstanz ab Mittag abrufbar. Im Mittelpunkt stand vielmehr der Streit um den Einsatz eines kommerziellen Security-Services. Die Abstimmung fiel überraschend deutlich aus – gegen die schwarzen Sheriffs
Es lag wohl an den Kameras, an den wuseligen Technikern und der Aussicht, endlich mal im Fernsehen zu erscheinen – die Konstanzer GemeinderätInnen waren sichtlich begierig, in der Direktübertragung ins rechte Bild gerückt zu werden: Fast jede(r) plapperte zu jedem noch so unwichtigen Tagesordnungspunkt; gerade in Wahlkampfzeiten wollte niemand auf dem Bildschirm übersehen werden.
Das führte zu einer zeitlichen Überblähung der ansonsten dürren Tagesordnung: Beim Bericht über die städtischen Beteiligungen überschlugen sich die Ratsdamen und -herren mit ihrem Lob für die Arbeit der Verwaltung – mit Verlaub: Ein ausführlicher Bericht gehört zu den Pflichtaufgaben. Über die Musikschule wurde ausgiebig, aber inhaltsleer geschwätzt; beim Projekt eines Car-Emotions-Centers wurden die sattsam bekannten Positionen von Befürwortern jeder noch so unsinnigen Industrie-Ansiedlung mit den ebenso bekannten Meinungen der besonnenen Stadtbild-Bewahrer ausgetauscht.
Security probeweise?
Einzig die Diskussion über den Einsatz eines kommerziellen Security-Dienstes, der am Seerhein für Ruhe und Ordnung sorgen sollte, führte zu strittigen Debatten: OB Burchardt machte schon zu Beginn der Diskussion klar, dass er die Ablehnung dieses Antrages im HFA (Haupt- und Finanzausschuss) korrigieren möchte; Normen Küttner von der FGL pochte auf die kommunale Verantwortung jeglichen Sicherheitsdienstes und forderte eine technische und personelle Aufstockung der Ortspolizei, die dann für Beruhigung sorgen könnte; Hanna Binder von der SPD widersprach einem Sonderrecht für Bewohner der Seestraße und der Hofgärten und befürwortete den Einsatz eines Kommunalen Ordnungsdienstes.
Das nämlich hatte die Stadtverwaltung als Zusatzantrag eingebracht: Der Gemeinderat sollte dem probeweisen Einsatz der Security-Truppe in diesem Jahre zustimmen, um dann ab 2015 einer neu zu bildenden kommunalen Ordnungsgruppe (sinnigerweise: KO genannt) die Verantwortung zu übertragen.
Der Herosé-Park ist ein öffentlicher Park
Dem widersprach Gabriele Weiner von den Freien Wählern, die schon seit Jahren mit den „Nachtwanderern“ für Befriedung am Seerhein sorgt. Sie setzt auf die Wirkung friedfertiger Gespräche, befürwortet die Einrichtung einer Präventionsstelle und könnte sich vorstellen, dass durch den Einsatz von Streetworkern und studentischen Honorarkräften die Konfliktlage entspannt würde. Holger Reile von der Linken Liste Konstanz erinnerte daran, dass der Herosèpark ein öffentlicher Park ist, in dem man sich Störungen gefallen lassen müsse, und dass durch das public-viewing zur sommerlichen Fußball-Weltmeisterschaft eine ganz andere Lärmbelästigung zu erwarten sei.
Die Phalanx der Beruhigungsbefürworter aus CDU, FDP und Freien Wählern konnten dem wenig entgegen setzen: Roger Tscheulin von der CDU verteidigte kommentarlos das Ruhebedürfnis der Anwohner, Alexander Stiegeler von den Freien Wählern geißelte das „Gutmenschentum“ der Secutity-Verweigerer und Professor Roth (UFG) sah keine andere Lösung als den Security-Einsatz.
Das Abstimmungsergebnis war dann erstaunlich eindeutig: 22 GemeinderätInnen stimmten gegen den Security-Einsatz, nur 15 dafür.
Autor: hpk
27 Räte von 37 Stimmberechtigten beschlossen im 2. Durchgang einen kommunalen Ordnungsdient mit vorausgehender Organisationsuntersuchung ab 2015 einzurichten.
Die Beschreibung des Bereitschaftsprofils eines kommunalen Ordnungsdienstes am 20.2.2014 durch Hans-Rudi Fischer, Leiter des Bürgeramts der Stadt Konstanz lautet: „Wir suchen zur Zeit Leute mit extrem hoher sozialer Kompetenz, die auf der anderen Seite aber auch sehr besonnen reagieren und wenn es erforderlich ist, aber auch klare Worte sagen können.“
Das Schreckgespenst Private Security zu 5,80 Euro die Stunde wurde vom Stadtrat mehrheitlich abgelehnt.
Ein Viertel des Rats übte sich in Zurückhaltung bei der Konfliktlösung nächtlicher Ruhestörung. Frau Weiner und Herr Reile kritisierten das Modell eines städtischen Ordnungsdienstes. Eine Law and Order Eingreiftruppe gleich welcher Gestalt als Wahlgeschenk für die hellhörigen Herosé Bewohner verursachte ihnen Bauchschmerzen.
Fragwürdig bleibt da insbesondere das eintönige Gutachten von Frau Dr. Becker zur letztjährigen Prämediation mit den Besuchern des Herosé Parks und Anwohnern am Seerhein. Fazit des Gutachtens: Wo keine Leithammel, da keine Mediation. Anders formuliert: Es sind einfach zu viele Bürgerinnen, die spontan sich die sommerliche Nacht im öffentlichen Raum aneignen.
Zu mühselig scheint für die Mehrheit des Stadtrates das Konzept der NachtwanderInnen, an die Vernunft der lauten Gruppen zu appellieren. Zu billig erst recht, eine Sammelbestellung Oropax für Lärmgeplagte. Zu freizügig ein weiteres laissez faire. Selbst auf Friedhöfen hängt eine kommunale Ordnung aus – deshalb darf es jetzt der KOD anpacken.