Plötzlich machen alle Druck beim Wohnungsbau
Mittlerweile nehmen sogar Konstanzer Gemeinderäte aus CDU und FDP das Wort vom „bezahlbaren Wohnraum“ in den Mund. Die Gemeinderäte im Technischen und Umweltausschuss (TUA) jedenfalls machten gestern gewaltig Druck. Man merkt: In drei Monaten wird ein neuer Gemeinderat gewählt und da will sich niemand sein Versagen der letzten Jahre vorhalten lassen
Denn natürlich sind die Probleme seit Jahrzehnten bekannt: Es fehlt an bezahlbaren Wohnungen – bei den Mieten ist Konstanz deutschlandweit Spitzenreiter – das Konzept der Innenverdichtung ist gescheitert – junge Familien wandern ab – die Stadt wäre längst ein Altersheim, gäbe es die Studierenden nicht, für die aber auch nicht genügend Wohnraum da ist. Nur wollten das die Stadtoberen und die sie stützenden GemeinderätInnen über Jahre hinweg nicht wahr haben, sie bauten bis zuletzt auf die Kräfte des Wohnungsmarktes und meinten dabei vor allem ihre eigenen Pfründe.
Nun aber hält FDP-Stadtrat Johann Hartwich, Architekt im Nebenberuf, „die Zeit für bezahlbaren Wohnraum gerade bei jungen Familien“ für gekommen und Alexander Fecker, CDU-Stadtrat, findet das Plädoyer der Stadtverwaltung im “Handlungsprogramm Wohnen” (seemoz berichtete) für kostengünstiges Wohnen „nur allzu gerechtfertigt“. Heinrich Fuchs von der CDU, Ortsvorsteher von Dingelsdorf, fürchtet überdies für sein Dorf, „dass die jungen Familien abwandern und Einrichtungen wie Schule und Kindergarten dann gefährdet sind.“
Ganz anders Herbert Weber, SPD-Stadtrat und Vorsitzender des Bodensee-Mietervereins, der sich etwas altbacken in seinen jahrelangen Warnungen bestätigt sieht und jetzt vehement „mehr Macht gegenüber den Grundstückseigentümern“ wünscht. Gleichzeitig fordert er die städtische Wohnungsbaugesellschaft WOBAK auf, sich am Döbele wie beim Vincentius-Grundstück für uneingeschränkten Wohnungsbau stark zu machen und bringt zusätzlich den Flughafen ins Gespräch, wo es auch noch ausreichend bebaubare Flächen gebe. Auch Werner Allweiss von der Freien Grünen Liste (FGL) zählt zu den ewigen Mahnern, die sich nun bestätigt fühlen dürfen: Er fordert, die Mehreinnahmen aus der Grunderwerbssteuer jetzt zum Grundstückserwerb zu nutzen.
Dann aber kam längst vergessen Geglaubtes bei den Grünen zum Vorschein. Allweis beantragte für die FGL, verschiedene von der Stadtverwaltung in ihrem Programm vorgesehenen Bauflächen (u.a. die Christiani-Wiesen in Petershausen und die Ziegelhütte in Wallhausen) aus der Planung zu nehmen und sie als Grünflächen zu bewahren: Sein Antrag wurde allein von FGL-Mitgliedern (auch da mal wieder nicht einheitlich) unterstützt und fand keine Mehrheit.
Für hektische Betriebsamkeit auf der Bank der Stadtverwaltung sorgte zudem die Anfrage von LLK-Stadtrat Holger Reile, wie viele der jetzt benötigten Grundstücke denn vormals unbedarft von der Stadt verkauft worden seien und jetzt überteuert zurückgekauft werden müssten. Wie immer hieß es, man wolle die Frage aufnehmen und bei Gelegenheit beantworten. Und auch auf Reiles Nachfrage, wie weit denn die Planungen für ein Konzerthaus auf dem Vincentius-Gelände gediehen seien, gab es nur unbefriedigende Antworten.
Ansonsten aber waren von der Stadtspitze ganz ungewöhnlich deutliche Worte zu hören: Der neue Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn nannte „den Wohnungsbau prioritär“, warnte vor Mietpreisen, „die eingefangen werden müssten“ und sprach unumwunden von „rechtlichen Möglichkeiten“ im Dialog mit den privaten Grundeigentümern, die den Verkauf herauszögern wollen und auf noch höhere Preise spekulieren: Töne, wie sie von seinem Vorgänger nie zu hören waren.
Zu guter letzt: Das “Handlungsprogramm Wohnen” empfahl der TUA dem Gemeinderat ebenso einstimmig zur Annahme wie er der Personalaufstockung um zwei Stellen zustimmte: Wichtige Unterstützung für die Mammutaufgabe, die Konstanzer Wohnungsnot endlich zu beenden.
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Autor: hpk
Wohnraum um jeden Preis? Nein, danke* Denn trotz aller schöner Worte, die ohnehin meistens „dummes Gschwätz“ sind, wird es nicht den erforderlichen günstigen Wohnraum geben. Es werden keine Wohnungen geschaffen werden, die es auch Konstanzer Durchschnitts- u. Geringverdienern, Alleinerziehenden oder fitten, aber nicht reichen Rentnern ermöglichen, auch nach Abzug der Miete noch am Leben teilzunehmen. Denn diese frisst inzwischen ca. 2/3 oder mehr des Gehalts oder der kleinen Rente. Die Wobak, als „Städtische Wohnungsbaugesellschaft“ auch für sozialen Wohnungsbau verantwortlich, wird ihrer Aufgabe schon lange nicht mehr gerecht. Sollte jene Gesellschaft tatsächlich bei der Bebauung des Döbele oder des nebenliegenden TZs zum Zuge kommen, kann man nur mit Grauen in die Zukunft schauen. Billige Mieten im Paradies? Ist ein Märchen, hier ist man inzwischen bei ca 11,oo € pro qm² . Überhaupt: man stelle sich am Döbele 300 Wohneinheiten vor, das sprengt jedes Maß. Pro Hochhaus am Hussenstein oder in der Brüelstraße zähle ich ca. 40 – 45 WE von 1 – 3-Zimmer-Wohnungen. Um 300 WE unterzubringen, müssten demnach 7 Hochhäuser gebaut werden oder ein architektonisches Wunder geschehen, um den erwünschten grünen und grosszügigen Freiraum zu gewähren. Zudem würden die potentiellen Mieter mit mindestens 1 Fahrzeug pro Familie zur weiteren Steigerung des täglichen (Stau-)Verkehrs und natürlich auch zum Park-. u. Suchverkehr (Besucher, Zweitfahrzeug) im gewachsenen Viertel beitragen und dieses so für immer gravierend verändern. Zum Schaden der alten und der zukünftigen Bewohner. Bauen um jeden Preis?