Schlechter Start für Veranstaltungshalle am Seerhein
Letzte Woche war im Südkurier nachzulesen, dass die Stadt zusammen mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) das Centrothermgebäude in der Konstanzer Reichenaustraße erwerben möchte, um es zukünftig für Veranstaltungen zu nutzen. Darüber soll bei der Gemeinderatssitzung am kommenden Donnerstag diskutiert werden. Angedacht ist auch, das Gelände neben Centrotherm zurück zukaufen, um dort die langersehnte Veranstaltungshalle hochzuziehen. Die Idee wirft viele Fragen auf. Klar ist: Der Start war alles andere als glücklich
Wer sich auf dem Stadtportal ALLRIS darüber informieren möchte, worum es in öffentlicher Sitzung konkret geht, wird enttäuscht sein. Die Unterlagen standen zumindest bis gestern Nachmittag nicht im Netz. Bei der Stadtverwaltung gab sich ein Insider auf Nachfrage zugeknöpft und möchte nicht zitiert werden. „Glücklich“ sei man darüber nicht, aber schließlich handle es sich bei Centrotherm um ein börsenorientiertes Unternehmen und Informationen im Vorfeld der Kaufverhandlungen könnten unter Umständen Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. Diesbezüglich führe man derzeit Gespräche mit dem städtischen Justiziariat. Ein schwaches Argument, da zumindest die Kaufabsichten der Öffentlichkeit ja längst bekannt gemacht wurden – von wem auch immer.
Bisherige Kosten?
In den Unterlagen, die im Wortlaut bisher nur den RätInnen vorliegen, spricht Oberbürgermeister Uli Burchardt von einer „einmaligen Chance“. Bereits am 14.Januar 2014 habe ihn der Vorstand von Centrotherm „um Unterstützung bei der Veräußerung der Immobilie an der Reichenaustraße 21“ gebeten und erklärt, „dass die Industrie- und Handwerkskammer Hochrhein Bodensee an einer Teilnutzung des Gebäudes interessiert sei“. Die Stadt möchte das Erdgeschoss und das 1. Obergeschoss erwerben, die IHK das 2. und 3. Obergeschoss. Somit ergäben sich laut Burchardt „sowohl für die Konstanzer Bürger wie auch für den Wirtschaftsstandort aus den vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten (…) neue und einmalige Perspektiven“. Im städtischen Teil könne man Tagungen, Kongresse, Messen und Ausstellungen durchführen und in „gewissem Rahmen auch kulturelle Veranstaltungen von Vereinen und Initiativen“. Die IHK wiederum plane auf ihrer Fläche Seminare und Büronutzung.
Der Umbau sei „machbar“, heißt es in der Vorlage, aber mit welchen Gesamtkosten gerechnet wird, verschweigt der Rathauschef. Warum eigentlich? Außerdem, so eine weitere Information, lägen für eine erste Einschätzung des Projeks „zwei gutachterliche Stellungnahmen von namhaften Experten vor“. Auch das wirft Fragen auf: Wer hat diese Experten beauftragt? Was haben diese Stellungnahmen gekostet? Da aber der Kauf der Centrotherm-Immobilie „kein Ersatz für eine Veranstaltungshalle für große Konzerte sei“, plant man insgeheim schon seit geraumer Zeit weiter.
Zukünftiger Bürgerentscheid?
In einem zweiten Schritt möchte die Stadt das Nachbargrundstück von Centrotherm zurückkaufen und darauf eine große Veranstaltungshalle bauen, die sie alleine betreiben möchte. Darüber aber, so das oberbürgermeisterliche Versprechen, „sollte in einem Bürgerentscheid entschieden werden“. Auch für die geplante Erweiterung fehlen sämtliche Angaben über zu erwartende Kosten. Man darf davon ausgehen, dass diese längst erörtert wurden und sich in einem zweistelligen Millionenbetrag bewegen.
Schon im Vorfeld der Gemeinderatssitzung wird Druck gemacht. Der Gemeinderat soll am Donnerstag die Verwaltung beauftragen, den Erwerb des Anwesens „mit dem Eigentümer auszuverhandeln, sowie die hierzu erforderlichen Kaufverträge unterschriftsreif vorzubereiten“.
Angeblich sei das Zeitfenster deshalb so eng, weil die IHK ein positives Votum der Ratsversammlung erhoffe, um ihrerseits auf einer Vollversammlung am 2.April den IHK-Mitgliedern das Vorhaben schmackhaft zu machen. Da wäre ein Ja der RätInnen zu dem gemeinsamen Projekt natürlich hilfreich. Signalisiere der Gemeinderat bei seiner Sitzung am 29.April erneut Interesse am Kauf, dann könnte die IHK Anfang Mai bei einer weiteren Vollversammlung endgültig über die Kaufbeteiligung entscheiden. Wie auch immer: Die Debatte über das Projekt wird die Ratssitzung am Donnerstag beleben.
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Autor: Holger Reile, Foto: Wolfram Mikuteit
1:0 für den Leserbriefschreiber vom 26.März.
So ist es jetzt. Heute musste der OB im Rat zugeben, dass der gewollte Schnellschuss für den Kauf des Gebäudes doch noch viele Fragen aufwirft. Äußerst blamabel der Vorgang. Da muss man sich fragen, welche Räte regierten uns bis jetzt, denn sie waren ja schon bereit, ohne das näher geprüft wurde, einen unterschriftsreifen Kaufvertrag sich vorlegen zu lassen.
Alle Alt-Stadträte müssen gewusst haben, dass es bereits Prüfungen, Centrotherm als Veranstaltungshaus zu erwerben, gegeben hat. Es stellt sich die Frage, warum die Aussagen des letzten OB Frank und Baufachleuten, dass Centrotherm als Industriebau sich nicht so ohneweiters als Veranstaltungsgebäude geeignet, erst heute zur Einsicht gelangt ist? Wieso ließ man Burchardt , mit seiner erstaunlich „neuen Idee“, erst einmal ins blaue laufen? Und der sonst allwissende Südkurier euphorisierte die „ganz neue Idee“ des OB Burchardt als Meisterstück der OB-Schmiede. Jetzt wird er hoffentlich den Fauxpas korrigieren müssen.
Hallo Herr Dr. Rügert,
Wie der heute zur Abstimmung stehende Auftrag aussehen soll, ist mir klar und – nachdem ich den direkten Link zur Vorlage in meinen Kommentar eingebunden habe – auch für jeden Leser klar ersichtlich.
Ohne aber bisher mit Sicherheit sagen zu können, ob das geplante Nutzungskonzept überhaupt aufgeht (siehe Vorlage), sehe ich nicht, wie Gemeinderäte der Verwaltung den Auftrag erteilen sollen, eine Kaufentscheidung bis zur „Unterschriftsreife“ auszuarbeiten – ohne sich der Gefahr auszusetzen, dafür kritisiert zu werden, die Ressourcen der Verwaltung ohne Not zu verschwenden.
Darüberhinaus gehört zum Auftrag, eine Kaufentscheidung bis zur „Unterschriftsreife“ auszuarbeiten, m.E. auch die Vorgabe des Gemeinderates, in welchem finanziellen Rahmen sich diese bewegen darf.
Ohne aber den voraussichtlichen Preis für den Ankauf, die Umbau- und die jährlichen Betriebskosten zu kennen (wenn ich nicht irre, handelt es sich um Faktoren, die im Haushaltsplan nicht enthalten sind?) und fundierte Antworten auf all die Fragen bekommen zu haben, die die SPD-Fraktion in ihrem Fragenkatalog gestellt hat, sehe ich nicht, wie dieser Rahmen gesteckt werden soll.
Sabine Bade
Hallo Frau Bade, es geht heute ja nicht um die eigentliche Kaufentscheidung, sondern darum, dass die Verwaltung den Auftrag bekommt, die Verhandlungen unterschriftsreif weiter zu führen und weitere Informationen zu erarbeiten. Dazu gehört z.B. auch ein erster Businessplan. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse kann der Gemeinderat dann entscheiden, ob er dem Kauf zustimmen möchte.
Hier die Beschlussanträge für die GR-Sitzung heute:
1. Der Gemeinderat beauftragt die Verwaltung, den gemeinsamen Erwerb des Anwesens „Reichenaustraße 21“ (Flst. Nr. 1735/1), einschließlich des dort aufstehenden Gebäudes durch die Stadt Konstanz und die Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee (IHK) mit dem Eigentümer auszuverhandeln, sowie die hierzu erforderlichen Kaufverträge unterschriftsreif vorzubereiten.
2. Der Gemeinderat beauftragt die Verwaltung, den Teilungsplan zu erstellen, das Nutzungskonzept für das Erdgeschoss auszuarbeiten und einen ersten Businessplan für den Betrieb des städtischen Teils vorzulegen.
3. Der Gemeinderat beauftragt die Verwaltung, vor der Gemeinderatssitzung am 29.04.2014 eine Bürgerinformationsveranstaltung zur städtischen Nutzung durchzuführen.
4. Die Ergebnisse zu Ziffer 1 und 2 werden dem Gemeinderat in seiner Sitzung am 29.04.2014 zur Entscheidung vorgelegt.
Walter Rügert (Stadt Konstanz, Pressereferent)
Seit heute steht die Vorlage 2014-0300/2 „Erwerb des Anwesens „Reichenaustraße 21“ einschließlich des aufstehenden Gebäudes“ in gekürzter Form im Netz:
Vorlage 2014-0300/2
Was sofort auffällt:
Obwohl noch nicht einmal klar ist, ob sich das geplante Nutzungskonzept überhaupt realisieren lässt (aus der Vorlage: „Beim Kauf der Immobilie lässt sich nicht mit einer 100%igen Sicherheit voraussagen, dass das erarbeitete Nutzungskonzept tatsächlich in der gedachten Weise aufgeht“) und die beiden gutachterlichen Stellungnahmen konträrer nicht sein könnten (aus der Vorlage: „Die Spannweite reicht von einer „klaren Erwirtschaftung der Betriebskosten“ bis zu einem Defizit von jährlich bis zu 280.000 €.“), soll der Gemeinderat bereits morgen eine Entscheidung treffen!
Auffallend ist, dass der neue OB immer immer wieder versteht, Aufmerksamkeit auf seine genialen Ideen zu lenken. Da wird z.B. ein Gondelprojekt über die historische Altstadt ernst genommen und nicht als Hirngespinst abgetan.
Seit Anfang der Krise bei Centrotherm , die bereits schon seit ein paar Jahre besteht, haben Bürger (auch öffentlich in Leserbriefen) immer wieder darauf hingewiesen, ein Veranstaltungshaus hier zu realisieren, mit allen Vorzügen der Infrastruktur die hier besteht. Aber Experten haben darauf hingewiesen, dass ein Umbau aus statischen Gründen nicht machbar sei. Selbst OB-Frank hatte davon die Finger gelassen. Nun kommt Tausendsassa Uli und weiß Marketing-Like sich auch hier zu vermarkten. Endlich ist nun auch der SK wach geworden und publiziert die tollen Ideen von Uli mehrfach in seinen Spalten. Jetzt erst wird sogar per Grafik die passende Infrastruktur aufbereitet.
Ja der Uli, ein toller Hecht.
Was zu erwarten war…
Die Planung an einem KKH werden solange nicht aufhören, bis die Stadt endlich ihren Willen hat, damit ist zu rechnen. Schon interessant wäre ja festzustellen, wie hoch allein die bisherigen Planungskosten waren. Wie ich bereits an anderer Stelle forderte, sollte man bereits über den Beginn der Planungen die Bürger abstimmen lassen, um weiterer Steuerverschwendung von Anfang an den Garaus zu machen.