Kein Jugendgemeinderat in Konstanz
Wie kann die Jugend für Politik interessiert werden, wie und wo sollen Jugendliche sich äußern können, um auch gehört zu werden? Kein unbedingt neues Thema für den Konstanzer Stadtrat, kontrovers diskutiert wurde es dennoch. Und konstanzerisch entschieden – nämlich gar nicht
Der Gemeinderat beschäftigte sich in seiner letzten Sitzung auch mit den Themen „Stärkung der Kinder- und Jugendbeteiligung“ sowie „Einführung eines Jugendgemeinderates“. OB Frank führte am Beispiel des Heidelberger Jugendgemeinderats in das Thema ein und plädierte dafür, dieses Modell für Konstanz zu übernehmen. Vorteile sah er vor allem darin, dass dadurch das (überparteiliche) kommunale Engagement der Jugendlichen gestärkt und Nachwuchs für den Gemeinderat rekrutiert werden könne.
Am Rande vermerkte er, dass der Jugendrat in Heidelberg nichtöffentlich tage – honi soit qui mal y pense (schlecht, wer Schlechtes dabei denkt) … Dort jedenfalls wechselten drei Mitglieder des Jugendgemeinderats in das Stadtgremium. Kosten entstünden vor allem durch eine Aufwandsentschädigung von 30 Euro pro Monat und eine 0,5-Stelle für den Sitzungsdienst.
Auf der Website des „Dachverbands der Jugendgemeinderäte in Baden-Württemberg“ ist zu erfahren, dass sich rund 1500 Jugendgemeinderatsmitglieder im Land politisch engagieren und sich vor allem dafür einsetzen, das städtische Umfeld für Jugendliche attraktiver zu gestalten. In der Regel sind die Räte zwischen 14 und 18 Jahre alt. Das aktive und passive Wahlrecht wird im Idealfall unabhängig von der jeweiligen Herkunft gewährt. Um eine echte politische Beteiligung der Jugendlichen zu erreichen und deren Interesse am Mitgestalten zu wecken, dürfen Entscheidungskompetenzen allerdings nicht vorenthalten werden: dazu gehören sowohl das Rede- als auch Antragsrecht im Gemeinderat sowie ein eigener Etat für Öffentlichkeitsarbeit und Veranstaltungen.
Die FGL sprach sich für die Einrichtung eines solchen Gremiums aus, unter anderem betonten Anne Mühlhäußer und Dorothee Jacobs-Krahnen, dies schaffe mehr Nähe zur Jugend und biete eine verlässliche Struktur statt vager Versprechungen und Absichtserklärungen. Es sei wichtig, Jugendliche aus allen Schichten zu gewinnen. Hanna Binder (SPD) und Gabriele Weiner (FWG) sahen die Einführung eines Jugendgemeinderats dagegen skeptisch und in Konkurrenz zu der Arbeitsgruppe „Jugendbeteiligung“, die sich Mitte 2008 konstituiert und inzwischen ein Rahmenkonzept erarbeitet hat.
Dieses sieht die „vielfältige, ideenreiche und der jeweiligen örtlichen Situation entsprechende Beteiligung junger Menschen“ vor. Konkret bedeutet dies für Konstanz die Einrichtung eines „schulbezogenen Jugendforums“ in der Gebhardschule und eines „stadtteilbezogenen Jugendhearings“ in Kooperation mit dem Quartiersmanagement im Berchengebiet.
Festzuhalten bleibt, die zweieinhalbjährige Beschäftigung von Ausschüssen und Gemeinderat mit den Problemen der Jugend hat bis jetzt wenig Erfolg gezeitigt: erinnert sei unter anderem an die Klagen über (vermeintlich) lärmende und Alkohol konsumierende Jugendliche, hervorgerufen nicht zuletzt durch fehlenden Freiraum für Kinder und junge Menschen im Stadtgebiet. Und: Im Rahmenkonzept selbst ist zu lesen, dass sich unterschiedliche Partizipationsformen und die Einrichtung eines Jugendgemeinderates nicht widersprechen müssen.
Quer durch alle Fraktionen herrschte Skepsis darüber, ob sich die Konstanzer Jugendlichen überhaupt an einem Jugendgemeinderat beteiligen würden. Dies vorher abzuklären und zum Beispiel beim Konstanzer Schülerparlament oder dem Stadtjugendring nachzufragen, bevor im Gemeinderat darüber befunden wird, wäre sicherlich von Vorteil gewesen. Letztendlich sprach sich die Mehrheit des Gemeinderates gegen die Einführung eines Jugendgemeinderates aus.
Autorin: Anke Schwede
Klar, warum soll man engagierte Jugendliche mit nuen Ideen, die einen Bruchteil der Kosten eines Gemeinderatsmitglieds kosten, und die noch nicht mit der Politik konform gehen, als Laus im Pelz dulden wollen?
Statt dessen braucht eine Arbeitsgruppe „Jugendbeteiligung“ 2 Jahre, bis ein „Rahmenplan“ entwickelt wurde. Ist doch viel besser so… so ein Papier, bestimmt voll mit Absichtserklärungen, was schnell in der Schublade verschwinden wird, ist doch wirklich sehr hilfreich…
Ob die Jugendbeteiligung wirklich positive Effekte hätte, sei dahingestellt, denn sie werden an den festen Machtstrukturen scheitern, die aus Leuten besteht, deren erste Priorität der Erhalt und Ausbau ihrer Macht ist, aber ein Versuch wäre es wert.
Christian